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   16.08.2018 | 19:10 | Nachhaltigkeit 

Nachhaltige Konzepte bei Baumwolle gefragt

Die Jeans, das T-Shirt, Wattestäbchen - eines haben sie alle gemeinsam: Sie sind üblicherweise aus Baumwolle gefertigt. Fast 30 Millionen Tonnen werden weltweit jährlich geerntet, die EU importiert Baumwolle und produziert aus der Naturfaser Produkte in Riesenmengen.

Nachhaltigkeit Baumwolle
(c) proplanta
Wer ökologisch bewusst lebt, fragt sich automatisch: Woher kommt eigentlich meine Baumwollkleidung und unter welchen Bedingungen werden Rohstoff und Textilien produziert?

Das Dilemma bei der Massenware Baumwolle

Indien und China sind die beiden mit Abstand größten Baumwollexporteure weltweit. In der EU wird nur in Griechenland Baumwolle in nennenswerter Menge angebaut. Der aufmerksame Konsument ahnt bereits: Bei einem so gestalteten Weltmarkt für Baumwolle kommt es massenhaft zu Situationen, die besorgniserregend sind. Kinderarbeit, Einsatz von Pestiziden, genverändertes Saatgut und brutaler Preiskampf lauten die vier Stichworte, die Angst machen.
Experten unterscheiden grundsätzlich drei verschiedene Arten der auf Baumwolle fokussierten Landwirtschaft:
  1. Beim industriellen Anbau und Ernte von Baumwolle werden von der Agrarindustrie Hochleistungssorten in Monokultur genutzt, von Flugzeugen aus mit Pestiziden behandelt und maschinell geerntet.
  2. Der traditionelle Anbau in klassischen Baumwollländern setzt mittlerweile auch auf genverändertes Saatgut und künstliche Pflanzenschutzmittel - aber die Arbeit auf dem Feld wird noch von Hand erledigt. Dass dabei Sicherheitsvorschriften oft nicht wirklich gelten und das wirtschaftliche Risiko durch die teure Spezialsaat wieder bei Kleinbauern landet, kann sich jeder ausmalen.
  3. Der Bio-Anbau als Alternative ist eine Herausforderung für die Produzenten.

Bio-Baumwolle: Was bedeutet das?

Die EU und Umweltorganisationen sprechen bei Bio-Baumwolle von kontrolliert biologischem Anbau von Baumwolle (kbA). Um dermaßen eingestuft zu werden, müssen die Landwirte eine ganze Reihe von Anforderungen erfüllen:

- Das Saatgut darf nicht genetisch verändert sein oder chemisch behandelt

- Monokulturen sind verboten, die Anbauflächen müssen mit Mischkulturen und Fruchtwechsel vor dem einseitigen Entzug von Nährstoffen geschützt werden

- Unkraut, auch Konkurrenzpflanzen genannt, sollen mechanisch entfernt werden

- Synthetische Pestizide und mineralische Dünger sind untersagt

- Zur Erntezeit wird auf sogenannte chemische Entlaubungsmittel verzichtet

Wichtig ist vielen zudem, dass die Bauern fair bezahlt werden. Für reiche Industrieländer wie Deutschland bedeutet Bio-Baumwolle, ihren hohen Bedarf abseits der globalen Baumwollbörsen zu stillen, wo um jeden Cent gefeilscht wird. Tchibo, der 1949 als Kaffeehändler begann und seit Jahrzehnten auch andere Konsumgüter verkauft, hat viel Erfahrung mit Fairtrade und Co.

Nachhaltiger BaumwollanbauBild vergrößern
(c) lulu - fotolia.com
Das Projekt Appachi ECO-LOGIC von Tchibo

Tchibo begann bereits im Jahr 2008, seinen Kunden Textilien aus zertifizierter Bio-Baumwolle anzubieten. Schnell stellte es sich als außerordentliche Herausforderung heraus, die Mengen an Bio-Baumwolle einzukaufen, welch ein solch großer Marktteilnehmer benötigt. Doch ein Problem lässt sich auch als Chance begreifen - mittlerweile ist Tchibo nach eigenen Angaben der weltweit drittgrößte Verarbeiter von Bio-Baumwolle und 80% der von Tchibo vertrieben Textilien sind aus Bio-Baumwolle gefertigt. Möglich machte dies unter anderem das Projekt Appachi ECO-LOGIC

In der Hamburger Konzernzentrale musste umgedacht werden: Wie können wir Bauern in Indien dazu motivieren, Baumwolle nach ökologischen Gesichtspunkten anzubauen? Dafür brauchen wir lokale Partner, Anschubfinanzierungen und Ausdauer. Wie können wir faire Bezahlung garantieren? Indem möglichst die Verarbeitung der Baumwolle ebenfalls in Indien geschieht.

Mit diesem Konzept stellte Tchibo die übliche Lieferkette ganz bewusst infrage, das Projekt Appachi war geboren. In der südindischen Region Kabini fand Tchibo mit Mani Chinnaswamy einen Partner, der begann, Kleinbauern von der neuen Chance zu überzeugen. Schulungen, Überzeugungsarbeit und ein offenes Ohr für das Feedback der Landwirte haben das Projekt Appachi zu einem Erfolg gemacht, mittlerweile nimmt Tchibo sogar Design-Ideen für Hemdblusen und mehr aus Indien entgegen. Qualitativ hochwertige Kleidung, immer nachhaltig aus Bio-Baumwolle produziert und unter dem Label ECO-LOGIC angeboten. Hier hat ein großer Marktteilnehmer eindrucksvoll vorgemacht, was alles möglich ist, wenn umgedacht wird.

Bio-Baumwolle und der Blick in die Zukunft

Baumwolle in Bio-Qualität deckt derzeit nur rund ein Prozent des globalen Baumwollbedarfs ab. Es liegt an den Verbrauchern und der Textilindustrie, die Entwicklung in Richtung nachhaltigen Anbau, fairen Handelsbeziehungen und Umweltschutz zu stärken. Doch selbst wenn Tchibo nur wie ein Tropfen Wasser auf dem sprichwörtlichen heißen Stein wirkt - das Projekt erbringt den Beweis, dass Massenproduktion von Textilien mit verantwortlicher Bio-Baumwolle möglich ist.

Pd
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