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26.01.2019 | 09:30 | Klage gescheitert 

Ruhestörung durch Kuhglocken?

München - Geruch von Gülle, Weidestechfliegen, Kühe und dann noch das Gebimmel von deren Glocken - Landleben ist nicht nur idyllisch. Jedenfalls nicht unbedingt vor dem eigenen Fenster.

Rinderhaltung
Das geht auf keine Kuhhaut: Eine Frau aus Oberbayern will das Bimmeln der Kuhglocken vor ihrem Haus nicht hinnehmen. Mit ihrem Mann zusammen kämpft sie seit Jahren gegen die Bäuerin nebenan, die Kühe und die Glocken. Erst mal hat sie vor Gericht aber verloren. Muh! (c) proplanta
Deshalb streitet ein Ehepaar aus dem oberbayerischen Holzkirchen seit Jahren mit einer Bäuerin. Denn als das Paar das exklusive Anwesen in malerischer Lage am Ortsrand kaufte, grasten nebenan noch keine Kühe.

Dann aber verpachtete die Gemeinde die Weide an die Bäuerin. Seitdem findet niemand mehr Frieden - obwohl beide Seiten nichts anderes wollen. Das Ehepaar klagt über nächtliches Geläute der Kuhglocken - und auch Bäuerin Regina Killer wünscht sich, «dass endlich amal a Ruah» ist.

Am Donnerstag bekam die Bäuerin, die einen Familienbetrieb mit etwa drei Dutzend Kühen führt, vor Gericht einmal mehr recht: Das Landgericht München II wies die Klage der geräuschempfindlichen Ehefrau ab. 2017 war schon ihr Mann, dem das exklusive Anwesen gehört, vor dem Gericht in erster Instanz gescheitert.

Die Frau sei nicht Eigentümerin des Grundstücks, begründete die Vorsitzende Richterin Christiane Karrasch die erneute Klageabweisung. Die Frau könne in dem Fall keine weitergehenden Ansprüche haben als ihr Mann als Eigentümer. Das Gericht zweifelte darüber hinaus an, dass die Weidenutzung die Nachbarn übermäßig belastet - und hielt sie auch nicht für «ortsunüblich», wie die Ehefrau vorbrachte.

Es sei 2018 lediglich um fünf Kühe mit vier Glocken über sechs Wochen und acht Kühe mit sechs Glocken über viereinhalb Wochen gegangen, listete Richterin Karrasch auf. Die Ehefrau hatte hierüber akribisch Buch geführt - und die Zahl der Kühe und Glocken mit genauem Datum zum Prozessauftakt im November vorgetragen.

Die Glocken bimmelten auch nachts, sie bekomme kein Auge zu,  beschwerte sie sich damals. Anfangs habe man die Landwirtin «ganz freundlich», «ganz in Ruhe» und «ganz höflich» gebeten, «ob sie bitte die Glocken abnehmen» könne. Die Bäuerin habe bloß zu Ohropax geraten.

«Es ist zumindest mal ein Etappensieg», sagte Bäuerin Killer nach dem Urteil. Sie habe wegen des Streits nur zwei Mal geodelt (gedüngt) und ihre Kühe möglichst selten auf die umstrittene Weide geschickt. Dabei werde allerorten verlangt, dass die Tiere der artgerechten Haltung halber nicht im Stall stehen, sondern draußen grasen sollten. «Die Molkereien fordern das, der Verbraucher fordert es - und die wollen es mir verbieten. Das ist ein Witz.»

Der Ehemann war mit seinem Kreuzzug gegen die Kuhglocken vor dem Landgericht München II nicht zuletzt wegen eines Vergleichs gescheitert, den er 2015 mit der Bäuerin geschlossen hatte. Auf diesen Vergleich verwies das Gericht nun erneut. Demnach sollten Kühe mit Glocken nur im mindestens 20 Meter entfernten Teil der Weide grasen. Dem Paar war es aber immer noch zu laut. Es hatte über seinen Anwalt Peter Hartherz sogar elektronische Kuhglocken ins Spiel gebracht.

Derartige Modelle waren allerdings Fachleuten zufolge in Bayern im vergangenen Sommer erst genauer erprobt worden und im Handel bisher regulär nicht zu haben. Am liebsten freilich hätte das Ehepaar nicht nur die Glocken, sondern auch die Kühe weg - schon wegen des «Ungeziefers» und der Fliegen, die um die Kühe schwirren.

Die Ehefrau hatte nicht nur gegen die Bäuerin geklagt, sondern auch gegen die Gemeinde, die das etwa einen Hektar große Weidegrundstück verpachtet hat. Bürgermeister Olaf von Löwis (CSU) hatte zum Prozessauftakt auf eine grundsätzliche Bedeutung des Falles verwiesen. Es gehe um die Definition der sachgerechten Landwirtschaft - und für die Bäuerin um den Broterwerb.

«Wir sind mit dem Ergebnis sowie der umfangreichen Begründung des Gerichts natürlich sehr zufrieden», sagte er nun. Kühe auf der Weide und Gülle auf den Feldern gehörten im ländlichen Raum dazu. Er hoffe, dass es bald eine zufriedenstellende Lösung für alle gebe. «Ich bin natürlich immer bereit, mich mit allen Beteiligten noch einmal an einen Tisch zu setzen und nach einer solchen Lösung zu suchen», bot er an.

Doch nach einer gütlichen Einigung sieht es nicht aus. Der Ehemann wartet auf die zweite Instanz vor dem Oberlandesgericht (OLG) München. Auch die Frau wird wahrscheinlich nicht stillhalten. Anwalt Hartherz ließ wissen, er wolle vor einer Entscheidung über eine Revision die Urteilsbegründung abwarten - in der Sache aber wahrscheinlich bis zum Bundesgerichtshof ziehen.
dpa/lby
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