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27.11.2016 | 14:36 | Forstwirtschaft 

Wald oder Wild - ein Interessenkonflikt

Bonn/Berlin - Waldbesitzer und Förster haben andere Interessen als Jäger. Darum geht es in der seit Jahrzehnten und oft emotional geführten Diskussion um den sogenannten Wald-Wild-Konflikt.

Wald-Wild-Konflikt
Beim Wild braucht es Grenzen. Durchaus umstritten: Gesellschaftsjagden mit vielen Hunden und noch mehr Jägern. (c) Ennira - fotolia.com
Die Forstwirtschaft wünscht sich unter dem Motto «Wald vor Wild» mancherorts höhere Abschusszahlen. Vor allem Hirsche und Rehe tun sich an den Bäumen gütlich und schmälern so den Ertrag. Sie behindern die Entstehung der erwünschten Mischwälder, weil sie es auf die zunehmend gepflanzten Laubbäume besonders abgesehen haben.

Überhöhte Schalenwildbestände führten in weiten Teilen der deutschen Wälder zu massiven Problemen, urteilte das Bundesamt für Naturschutz (BfN). «Eine deutliche Reduktion, insbesondere der Rehwildbestände, ist in den betroffenen Regionen dringend erforderlich.» Die Ergebnisse eines bereits 2010 vom Deutschen Forstwirtschaftsrat und dem BfN erstellten Gutachtens zum Wald-Wild-Konflikt seien weiter gültig. Wildverbiss behindere laut Gutachten die Schaffung naturnaher Mischwälder.

«Der Lösung des Wald-Wild-Konflikts widmet sich seit September 2015 ein Projekt im Bundesprogramm Biologische Vielfalt», sagte BfN-Präsidentin Beate Jessel. Die Federführung liege bei der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft. Das Projekt werde vom Bundesumweltministerium mit 1,9 Millionen Euro gefördert und und vom BfN fachlich begleitet. Mit seiner übergreifenden Konzeption über mehrere Bundesländer und verschiedene repräsentative Waldgesellschaften gehe es deutlich über bisherige Vorhaben zu dieser Thematik hinaus, erklärte sie.

«Wild gehört selbstverständlich zum Ökosystem Wald, aber die Befunde des Gutachtens sind angesichts des Ausmaßes der Schäden äußerst bedenklich», betonte Jessel. Die dritte Bundeswaldinventur von 2012 habe ergeben, dass 28 Prozent aller Bäume in der Verjüngung als «Bäume mit Verbiss» erfasst seien. «Das sind Größenordnungen, die die Biodiversität der Wälder, ihre Kohlenstoffspeicher- und Schutzfunktion gefährden sowie den Erfolg des infolge des Klimawandels besonders dringlichen Umbaus zu naturnahen Mischwäldern in Frage stellen», sagte sie.

«Es gibt keinen Konflikt zwischen Wald und Wild», heißt es dagegen beim Deutschen Jagdverband (DJV). Nur eine Lebensgemeinschaft unter dem Motto «Wald und Wild» könne den unterschiedlichsten Anforderungen gerecht werden. «Es kann nicht Ziel sein, fast alles Wild zu erschießen», wehrt sich DJV-Sprecher Torsten Reinwald gegen Schuldzuweisungen an die Jäger. «Konflikte entstehen erst dann, wenn der Mensch mit seinen ganz unterschiedlichen Interessen im Wald wirkt.»

Bei Waldschäden spielten viele Faktoren eine Rolle, darunter etwa die Beunruhigung des Wildes durch Waldbesucher, das jahreszeitlich extrem schwankende Äsungsangebot in der modernen Agrarlandschaft oder die enge Begrenzung der Lebensräume vor allem für Hirsche. Auch die Forstwirtschaft selbst habe zu dem Problem beigetragen: «Die Anfälligkeit ist bei strukturreichen Mischwäldern einfach viel geringer als etwa bei Fichten-Monokulturen, wie sie jahrzehntelang gefördert wurden», erklärt Reinwald.
dpa
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