Wie das Institut berichtete, konnte es erstmals belegen, dass Hitze die natürliche Darmbarriere beeinflusst. Eine geschädigte Schutzbarriere des Darms gebe den Weg frei für Bakterien und weitere Krankheitserreger, die so vermehrt und tiefer in Schichten des Darms eindringen können, sagte FBN-Forscherin Christa Kühn.
Damit werde eine Immunabwehrreaktion in Form von einwandernden Immunzellen ausgelöst. Über die FBN-Forschungen hatte jüngst das Fachjournal «Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America» berichtet.
Für ihre Versuche hatten die Forscher Kühe über mehrere Tage unter standardisierten und kontrollierten Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsbedingungen einer Hitzeperiode ausgesetzt. Parallel dazu wurden Tiere untersucht, die die gleiche Nahrung wie die Klimakammertiere bekamen - nur ohne Hitzestress.
Die Forscher fanden, dass es sich bei den Zellen, die in die Darmwand einwanderten, um bestimmte Immunzellen, sogenannte Makrophagen, handelte. Sie seien dort noch nicht beschrieben worden, sagte FBN-Versuchsleiterin Christa Kühn.
Aufgabe von Makrophagen im Körper ist die Beseitigung von körperfremden Proteinen oder Viren und Bakterien. «Es ist klar, dass der zunehmende
Hitzestress unmittelbar zu gesundheitlichen Folgen im Darm bei Milchkühen führt», fasste Kühn ihre Ergebnisse zusammen.
Mit Blick auf die Prognosen zur
Klimaveränderung sei es notwendig, physiologische Mechanismen des Hitzestresses aufzuklären. Da der Darm von Rindern und Menschen miteinander vergleichbar ist, könnten die Erkenntnisse auch für die Humanmedizin von Bedeutung sein. Analoge Prozesse einer gestörten Darmbarriere gebe es beim Menschen unter anderem bei den Krankheitsbildern Zöliakie oder Morbus Crohn.
«Man kann von der Kuh auch Dinge für den Menschen lernen», bestätigte der Chef der Inneren Medizin an der Universitätsmedizin Greifswald, Markus Lerch. Es sei bereits bekannt, dass sich bei Menschen die Barrierefunktion in der Darmwand gegenüber Bakterien verschlechtere, wenn sich die Umgebungstemperatur stark erhöht.
Es sei aber nicht zu erwarten, dass bei den im Rahmen des Klimawandels zu erwartenden Temperaturerhöhungen von rund zwei Grad die Zahl von entzündlichen Darmerkrankungen deutlich ansteigen wird. «Das Gesundheitsrisiko beim
Klimawandel liegt viel mehr darin, dass
Erreger auftauchen, die wir in Deutschland bislang nicht kennen», sagte Lerch.