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08.09.2018 | 15:47 | Meeresforschung 

Tiefsee-Forschung: «Wir können nur schützen, was wir kennen»

Frankfurt - Wissenschaftliche Neugier, nicht Abenteuerlust und Fernweh, zieht Angelika Brandt immer wieder hinaus auf die See, zwischen Eisberge und in ausgesprochen unwirtliche Klimazonen.

Tiefsee
Über die Tiefsee sei weniger bekannt als über die Oberfläche des Mondes, heißt es. So unerforscht der Lebensraum auch ist - unbeeinflusst von den Folgen menschlicher Zivilisation ist er schon lange nicht mehr. (c) proplanta
Für die Tiefsee- und Polarforschung hat die Meeresbiologin des Frankfurter Senckenberg Instituts für Naturforschung bisher an 27 Expeditionen teilgenommen. «Wir können nur schützen, was wir auch kennen», betont sie.

In ihrem Spezialgebiet, der Tiefsee, gibt es da noch viel Nachholbedarf: «Ungefähr 90 Prozent aller Daten beziehen sich auf Meerestiefen bis zu 50 Metern», sagt sie. Etwa neun Prozent der Forschungsdaten betreffen Wassertiefen bis zu 200 Metern. Aber erst danach beginnt die eigentliche Tiefsee, die bis zu gut 11.000 Metern Tiefe im Marianengraben hinab reicht.

Tief unten im ewigen Dunkel, unter massiven Druckverhältnissen sei überhaupt kein Leben mehr möglich, dachten Wissenschaftler früher. Erst im 19. Jahrhundert widerlegte eine Expedition die Behauptung, dass unterhalb von 600 Metern Wassertiefe kein Leben mehr möglich sei. «Für Organismen ohne Gas-Hohlkörper ist das ein ganz normaler Lebensraum», versichert Brandt.

Welche Auswirkungen der Druck in der Tiefsee hat, zeigt auch der auf etwa zweieinhalb Zentimeter geschrumpfte Styropor-Kaffeebecher, den die Forscher bei einer Probenentnahme in etwa 4.500 Meter Tiefe an ihre Gerätschaften angehängt hatten. Die Luftbläschen im Material implodierten und der Becher kam im Mini-Format zurück an die Wasseroberfläche.

Zur Tiefsee zählen mehr als 60 Prozent der Erdoberfläche - flächenmäßig ist sie damit das bei weitem größte Ökosystem der Erde. Aber auch das unzugänglichste. Deshalb ist es über weite Strecken noch unerforscht. Der Vorstoß in die Tiefsee ist nur mit erheblichem technischem Aufwand möglich. «Für eine sechswöchige Expedition kostet allein die Schiffszeit rund 1,5 Millionen Euro», schildert Brandt den Aufwand einer Forschungsreise. Rund sechs Stunden könne es dauern, eine einzige Probe an die Oberfläche zu holen.

Wichtig sei die Erforschung dennoch, betont Brandt: «Um mögliche Konsequenzen unserer Eingriffe ins Ökosystem zu erkennen.» Mikroplastik etwa sei mittlerweile auch schon in Tiefseeschichten nachgewiesen worden. Es gelte daher auch, mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Politik Handlungsoptionen zu geben. «Unsere Forschung fließt ein in die Etablierung von Schutzzonen.»

Die Bedeutung von sicheren Lebensräumen in der Tiefsee und anderswo auf der Welt betont auch Robert Watson, Vorsitzender der wissenschaftlichen Organisation IPBES, die als «Weltklimarat für Artenvielfalt» gilt. «Wir müssen untersuchen, in welchem Umfang wir wessen Sicherheit bedrohen». Das gilt gerade auch für die Lebewesen, die wie die Tiefsee-Bewohner in der Regel den allermeisten Menschen unsichtbar bleiben.

Der Leiterin der Marinen Zoologie bei Senckenberg hat es vor allem ein Lebewesen angetan: die Tiefsee-Assel. Im Gegensatz zu den meist sehr kleinen Lebewesen in der Tiefsee kann sie bis zu 47 Zentimeter groß werden. Brandt wirft einen Blick auf ein eindrucksvolles, in einem Glas konserviertes Tier aus den Senckenberg-Sammlungen. «Ich habe nie das Glück gehabt, eine Riesenassel in einer Probe zu sehen», bedauert sie. Immerhin, in Aquarien konnte sie kleinere Verwandte der Art studieren.
dpa
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