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13.09.2014 | 02:22 | Wirkung von Pestiziden 

Trockenheit und Wärme erhöhen Giftigkeit von Pflanzenschutzmitteln

Frankfurt/Main- Wichtige Bodenorganismen reagieren sensibler auf marktgängige Pflanzenschutzmittel, wenn der Boden trocken ist und hohe Umgebungstemperaturen herrschen – beides Bedingungen, die in Deutschland künftig klimawandelbedingt häufiger auftreten könnten.

Wirkung von Pflanzenschutzmitteln
(c) proplanta
Beide Faktoren senken sowohl einzeln als auch kombiniert deutlich den Schwellenwert, ab dem Fungizide für Springschwänze toxisch wirken.

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F), der Goethe-Universität und der ECT Oekotoxikologie GmbH. Die Studie wurde in der Septemberausgabe des Fachmagazins „Applied Soil Ecology“ veröffentlicht.

Springschwänze sind winzige, circa 10 mm große und für die Bodenökologie sehr wichtige Organismen, deren zahlreiche Arten, darunter auch Folsomia candida und Sinella curviseta, weitverbreitet sind. Sie sind Teil einer riesigen Schar von Bodenorganismen, die unter der Erde am Werk ist, um organisches Material zu zersetzen und Humus zu bilden. Schlechte Zeiten für Springschwänze sind daher schlechte Zeiten für die Bodenfruchtbarkeit.

Wie eine neue Studie zeigt, haben Springschwänze in trockenem Boden – also wenn die Bodenfeuchte nur 30 % der Wasserhaltekapazität des Bodens beträgt – signifikant weniger Nachkommen. „Beide von uns untersuchte Arten – aber insbesondere Folsomia candida – könnten daher Schwierigkeiten haben, unter anhaltender Trockenheit genügend Nachkommen zu zeugen, um die Population stabil zu halten“, so Cornelia Bandow, Ökologin der ECT Oekotoxikologie GmbH, die am Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) forscht.

Extreme Klimabedingungen verändern zudem die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln auf Bodenorganismen. „Eine besonders geringe Bodenfeuchte und hohe Umgebungstemperaturen führen dazu, dass der toxische Schwellenwert bei dem von uns untersuchten Fungizid Pyrimethanil signifikant niedriger ist.“ erläutert Cornelia Bandow.

Der toxische Schwellenwert bezieht sich in dieser Studie auf die Konzentration, bei der die Population um 50 % geringer ist als im Vergleich zu einem unkontaminierten Boden. So lag der Schwellenwert bei Extrembedingungen von 26 Grad und 30 % Bodenfeuchte um bis zu der Hälfte unter dem Schwellenwert, der bei   Standardbedingungen von 20 Grad und 50 % Bodenfeuchte bestimmt wurde.

Für das Experiment wurden 66 Bodenproben mit unterschiedlichen Konzentrationen des Breitband-Fungizides Pyrimethanil versetzt. Pyrimethanil wird bei Erdbeeren und Kernobst sowie im Weinbau zur Vorbeugung und Behandlung von Pilzerkrankungen eingesetzt.

Um zukünftige klimatische Verhältnisse zu simulieren, wurde eine Testreihe bei 26 Grad angesetzt und zusätzlich eine Testreihe bei 20 Grad. Außerdem wurden unterschiedliche Mengen Wasser zugegeben, um verschiedene Bodenfeuchten zu testen. Nach rund einem Monat wurde gezählt, wie erfolgreich sich Springschwänze als Beispielbodenorganismen unter den unterschiedlichen Bedingungen fortgepflanzt haben.

Sind Chemikalien also grundsätzlich zu vermeiden um diese kleinen Helfer nicht zu schädigen? Soweit würden die Forschenden nicht gehen: „Die toxischen Schwellenwerte lagen bei Pyrimethanil weit über den Konzentrationen in der Umwelt, die bei korrekter Anwendung auftreten“, so Bandow und ergänzt: „Ob die Sensitivität gegenüber einer Chemikalie durch Umweltbedingungen verändert wird und der Schwellenwert umweltrelevant wird, ist zudem art- und substanzspezifisch“. Daher untersucht das Forscherteam anhand einer Vielzahl von Bodenorganismen auch etliche weitere Substanzen. (PD)
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