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Freitag, 19.04.2024
Burnout an der Hochschule

Emotionale Erschöpfung, Abstumpfung und Reduktion der Leistungsfähigkeit - Burnout im Sinne einer klinisch-relevanten Depression ist auch im Bereich der Hochschulen nicht unbekannt, obwohl kaum einer darüber spricht.

Was genau ist Burnout?

Der Begriff „Burnout“ wurde 1974 von dem amerikanischer Psychiater Herbert Freudenberger geprägt. 1981 hat Christina Maslach einen Fragebogen entwickelt, nach dem noch heute vorwiegend bei der Erfassung von Burnout gearbeitet wird. Danach gibt es bei der Erkrankung drei Stufen: 1. emotionale Erschöpfung, 2. Depersonalisation, bei der sich der Betroffene von den Menschen, mit denen er zu tun hat, distanziert, und 3. verminderte Leistungsfähigkeit.

Burnout gilt im medizinischen Sinne nicht als eigenständige Störung, sondern wird unter dem Begriff Depression erfasst. Burnout ist jedoch stärker kontextspezifisch als klassische Depressionen: Während diese allgemein für eine gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit und Antriebslosigkeit sorgen, zeigt sich Burnout in der Regel nur in der als belastend empfundenen Situation, also zum Beispiel bei der Arbeit.

Wie kommt es zum Burnout?

Wahrgenommen wird Burnout oft als individuelles Versagen. Dabei sind meist gerade die besten Mitarbeiter betroffen, die sich besonders für ihren Job engagieren. Das allein verursacht jedoch noch kein Burnout. Wenn die Arbeitsbedingungen stimmen, kann man ohne Probleme sehr viel arbeiten.

Leidet man jedoch unter anhaltendem Stress im Arbeitsumfeld wie schlechte Arbeitsbedingungen, eine zu hohe Arbeitsbelastung und mangelnde soziale Unterstützung, kann ein Erschöpfungszustand die Folge sein. Wenn sich der Betroffene davon nicht mehr erholen kann, entwickelt sich das Burnout.

Die Situation an den Hochschulen

An vielen Universitäten beklagen Wissenschaftler schlechte Arbeitsbedingungen, Zeitnot und ständige Überforderung. Zwischen Verwaltungsarbeit, Lehrtätigkeit und dem Anspruch an eine exzellente Promotion oder Habilitation in Rekordzeit vergeht manchem die Lust auf Unternehmungen und soziale Kontakte. Schlafstörungen und Panikattacken sind dann oft nicht mehr weit entfernt.

Viele Forscher und auch schon Studierende greifen dann zu Stimmungsaufhellern. Jeder fünfte Wissenschaftler gab bei einer Online-Befragung des Wissenschaftsmagazins Nature an, schon einmal Neuroenhancement betrieben, also Medikamente zur Leistungssteigerung oder Stimmungsverbesserung ohne medizinische Notwendigkeit eingenommen zu haben.

Zuverlässige Zahlen über psychische Erkrankungen oder Psychopharmakagebrauch bei Hochschulangehörigen existieren jedoch nicht. Man redet nicht gerne darüber – schließlich gilt eine 60-Stunden-Woche und Wochenendarbeit als normal, wenn man sich der Forschung widmet.
Burnout (c) Gina Sanders - fotolia.com
Was kann man dagegen tun?

Wer bei sich erste Anzeichen einer drohenden Erschöpfung, eines Burnouts oder einer Depression bemerkt, kann Hilfe bei den Beratungsstellen der Studentenwerke erhalten, die über eigene psychologische Dienste verfügen.

Präventiv wird empfohlen, den Austausch mit Kollegen zu suchen und das eigene Forschungsprojekt auf ein realistisches Maß zu stutzen. Man muss lernen und sich trauen, auch einmal „Nein“ zu sagen. Überschaubare Etappen-Ziele lassen sich leicht formulieren und setzen weniger unter Druck. Wichtig ist auch die „work-life-balance“, also ausreichend Erholungsphasen zwischen intensiven Arbeitsphasen.

Diese individuellen Strategien reichen jedoch nicht aus, um die strukturellen Ursachen zu beheben. Hier sind die Universitäten gefragt. Neben guter Ausstattung und ausreichenden Mitteln gehören zu einem stimulierenden Arbeitsumfeld flache Hierarchien und ein kollegialer Umgang auch mit den Vorgesetzten. Doktoranden müssen ausreichend betreut werden und Kontakt mit etablierten Wissenschaftlern erhalten.

Wesentlich ist auch die Karriereplanung, also eine Aussicht auf eine feste Stelle. Sonst laufen die Universitäten Gefahr, in nächster Zeit ihre wichtigste Ressource zu verlieren - die Nachwuchswissenschaftler. (Pp)
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