Wenn die Abschlussarbeit vom Ghostwriter kommt
Ghostwriter-Agenturen werben in sozialen Netzwerken und Suchmaschinen für ihren preisgünstigen, maßgeschneiderten und fachlich kompetenten Service, allem voran das Branchen-Schwergewicht Acad Write. Immerhin 34 Prozent der Aufträge entfallen laut Firmenhomepage auf Bachelor- und Masterarbeiten, 26 Prozent auf Haus- und Seminararbeiten sowie 36 Prozent auf sonstige Arbeiten. 18 Seiten fundierten Text gibt es bereits ab 1.500 Euro. Für medizinische Arbeiten, mit einem Umfang von 50-60 Seiten, müssen 7.100 bis 11.000 Euro hingeblättert werden. Der Anteil an bestellten Dissertationen am Gesamtauftragsvolumen ist jedoch verschwindend gering.
Typische akademische Ghostwriter sind 30-50 Jahre alt. Von den ca. 250 Ghostwritern bei Acad Write tragen 3 Prozent einen Professorentitel und 38 Prozent einen Doktortitel. Als Motivation für ihre Tätigkeit spielen hauptsächlich finanzielle Gründe eine Rolle. Der Mutterkonzern von Acad Write stammt übrigens aus Großbritannien. 2004 wurde eine Niederlassung in Halle gegründet, über die heute das Kerngeschäft abgewickelt wird.
Ein unmoralisches Angebot?
Die Mehrzahl der Kunden entscheidet sich für die Dienste eines Ghostwriters aus rein rationaler Sicht, insbesondere anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse. Moralische Erwägungen seien der Agentur zu Folge eher von nachrangiger Bedeutung. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit einer Studie zu den Themen Plagiate, Ghostwriting und Prüfungsbetrug aus dem Jahre 2012 der Universitäten Würzburg und Bielefeld im Auftrag des Bundesbildungsministeriums. Gemäß dieser Untersuchung hat nahezu die Hälfte der Studierenden keine moralischen Bedenken gegen Plagiate. Immerhin haben nahezu 80 Prozent bei einer Prüfung schon einmal betrogen.
Aufgrund des boomenden Geschäfts fordert Michael Hartmer, Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbands, nun ein gesetzliches Verbot von Ghostwriting-Agenturen. "Wir wollen den neuen Straftatbestand des Wissenschaftsbetrugs einführen", berichtet Hartmer in der Aprilausgabe des Magazins Zeit-Campus. „Danach soll das Verfassen einer Qualifikationsarbeit für einen Dritten mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft werden können", so Hartmer weiter. Dennoch lehnen viele Kollegen ein Ghostwriting-Verbot ab. Wolfgang Löwer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft meint dazu: "Das ist wie mit dem Berufsverbot für Zuhälter – auch wenn man das Gewerbe verbietet, die Geschäfte gehen unter der Hand weiter."
Das Vorgehen der Ghostwriting-Agenturen ist nicht gesetzeswidrig, da eine rechtliche Grundlage bislang fehlt. Kunden, die eine bestellte Arbeit als ihre eigene abgeben, müssen jedoch bei Aufliegen mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Der Verstoß gegen die Prüfungsordnung der Hochschule kann von einer Exmatrikulation und empfindlichen Geldbußen sogar bis hin zur Freiheitsstrafe reichen. (proplanta) | | | Artikel kommentieren | Kommentare lesen | | |
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