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Weintrauben (c) proplanta
Donnerstag, 25.04.2024
Klimawandel - Freud oder Leid der Weinbauern? (2/2)

Ein gravierenderes Problem vor allem an den trockenen Standorten in Franken stellt jedoch Wassermangel im Sommer stellt dar. In einem Pilotprojekt in Sommerach wird derzeit eine hochmoderne Tröpfchenbewässerungsanlage erprobt, die in Trockenzeiten 230 Hektar Weinberge mit Mainwasser versorgt. Die LWG erprobt zudem auch den Einfluss einer Begrünung zwischen den Zeilen, die zudem auch die Erosion nach sommerlichen Starkregenereignissen mindern soll. Weiterhin wird nach Möglichkeiten zur Verringerung des Wasserverbrauchs und Verbesserung der  Wasseraufnahme geforscht, beispielsweise durch neue Unterlagen der Rebstöcke. 

Im Bereich des Rebschutzes rechnen die Experten der LWG mit verschiedenen neu bzw. verstärkt auftretenden Schaderregern, da Wärme liebende Arten einen deutlichen Vorteil erlangen. Schadorganismen wie die Schwarzfäule (Guignardia bidwellii), die goldgelbe Vergilbung (Flavescence dorée), die Schwarzholzkrankheit oder Büffelzikaden (Stictocephala bisonia) geraten so ins Visier. Die Ausbildung einer dritten Generation des Traubenwicklers (Eupoecilia ambiguella) war bereits zu beobachten. Im Gegenzug könnten jedoch bestehende Gefährdungen insbesondere durch Pilzinfektionen an Bedeutung verlieren. 

Um diesen Klimafolgen entgegenzuwirken, wird unter anderem auch über eine Sortenanpassung nachgedacht und bereits praktiziert. Jürgen Rauh, Professor am Institut für Geographie an der Universität Würzburg, hat hierzu mit seinen Studenten vergangenes Jahr eine Umfrage unter 120 unterfränkischen Winzern durchgeführt. Einige Winzer sehen zwar einen Rückgang der frühreifen Sorten wie Bacchus und Müller-Thurgau z.B. zugunsten von Rotweinen voraus, betont wird aber auch die Bedeutung dieser typischen Sorten. Dennoch werden vereinzelt „auch für Franken untypische Sorten wie zum Beispiel Merlot bereits angebaut“, erläutert er.

Die zunehmend warmen Jahre haben bereits heute den Blüh- und Reifebeginn deutlich verfrüht. Im Vergleich zu Daten aus den 1950-er Jahren hat sich der Blühbeginn rund eine, der Reifebeginn etwa zwei Wochen vorverlegt. In Zukunft könnte die Lese bereits im August stattfinden. Die längere Wachstumsperiode kann besonders von später reifenden Sorten wie Silvaner, Riesling oder den Burgundersorten genutzt werden, die Trauben können optimal ausreifen. 

Auch Winzer Höfling zieht Konsequenzen: „Bei der Rebsortenwahl tendieren wir heute zu den späteren Sorten. Bacchus haben wir in den letzten Jahren nicht mehr neu angepflanzt, stattdessen bevorzugen wir später reifende Sorten wie Scheurebe.“ Diese seien jedoch auch heimische Trendsorten, die am Markt gefragt sind. Doch in Lagen, in denen früher nur Müller-Thurgau und Kerner angebaut worden wäre, könnte man mittlerweile auch Spätburgunder und Weißen Burgunder finden. „Das hätte man sich vor 20 Jahren noch nicht getraut!“ schmunzelt Höfling. Ziel wird es also sein, traditionelle fränkische Rebsorten durch ein angepasstes Weinbaumanagement zu stützen, parallel dazu aber auch das Sortiment durch klimaangepasste, internationale Rebsorten zu ergänzen. 


Weinlese
Der Klimawandel könnte in Zukunft eine Weinlese bereits im August ermöglichen.
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Weinreben
Seit den 1950-er Jahren hat sich der Blühbeginn von Wein rund eine und der Reifebeginn etwa zwei Wochen vorverlegt.


Rauh weist darauf hin, dass durch den Klimawandel insbesondere die Sorten- und Gebietstypizität, der „originäre Charakter“ der Weine gefährdet werde. Modelle lassen einen Anstieg des Mostgewichtes von 70-75° Oechsle auf 85-90° Oechsle erwarten. Dagegen wird mit steigenden Temperatursummen der Abbau der Apfelsäure während der Reifezeit erheblich beschleunigt. Erzielt werden zukünftig folglich geringere Säurewerte und höhere Mostgewichte, also letztlich säureärmere Weine mit höherem Alkoholgehalt. Der Prädikatsweinanteil ist aber bereits jetzt schon nicht unerheblich gestiegen, lediglich Spezialitäten wie Eiswein werden weniger produziert. 

Doch sowohl Jürgen Rauh als auch Klaus Höfling betonen einen Fakt: Viele Veränderungen der letzten Jahre im Weinbau seien nicht ausschließlich dem Klimawandel zuzuschreiben, und die verschiedenen Einflüsse könnten nicht immer klar von einander abgegrenzt werden. Der steigende Anteil roter Rebsorten auf mittlerweile 19,9 Prozent im traditionellen Weißweingebiet Unterfranken beispielsweise sei nicht nur auf Klimaveränderungen zurückzuführen, sondern trage auch dem Verbraucherwunsch Rechnung. Auch Maßnahmen wie Begrünung zwischen den Zeilen dienen nicht nur dem Erosionsschutz, sondern einer ganzen Reihe von Zielen wie verbesserter Mechanisierung oder Veränderung der Bodenstruktur. 

"Der Klimawandel spielt auf jeden Fall für die Winzer eine Rolle!", zieht Rauh Bilanz. "Von den meisten wird er jedoch interessanterweise eher als Chance denn als Risiko wahrgenommen." 










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