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Donnerstag, 25.04.2024
Fruchtfolgen mit Energiepflanzen - Chancen und Risiken für den Pflanzenschutz

Die Fruchtfolgegestaltung unterliegt heute vermehrt betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Entscheidungskriterien wie dem Betriebstyp, dem Abschluss von Lieferverträgen und der Höhe des zu erwartenden Erlöses der angebauten Kulturen. Im Jahr 2010 waren 70 % der deutschen Ackerfläche mit Weizen, Mais, Raps und Gerste bestellt. Seit 1990 haben die Anbauumfänge für Weizen um 38 %, für Mais um 46 % und für Raps um mehr als 100 % zugenommen.

Durch politische Instrumente zur Förderung von regenerativen Energien aus Biomasse, einerseits zur Erzeugung von Strom und andererseits zur Gewinnung von Biokraftstoffen, hat sich diese Entwicklung maßgeblich verstärkt. In Deutschland wurden im Jahr 2012 auf ca. 2,3 Mio. ha Energiepflanzen angebaut. Das entspricht immerhin 17 % der deutschen Ackerfläche.

Hauptsächlich handelte es sich dabei um Pflanzen zur Biogaserzeugung (850.000 ha, der Schwerpunkt liegt hier auf Mais) und Raps zur Biodiesel- bzw. Pflanzenölproduktion (910.000).

Neben der Zunahme des Energiepflanzenanbaus ist eine räumliche Konzentration bestimmter Kulturarten (Stichwort „Maiswüsten“) im Anbau zu beobachten. Der Biomasseanbau, besonders der zur Verwendung in Biogasanlagen, muss natürlich am Ort des Bedarfs stattfinden.

Aus phytomedizinischer Sicht treten in engen Fruchtfolgen zunehmend bodenbürtige Schaderreger und besonders gut angepasste Unkräuter auf. Resultate dieser Entwicklungen können einerseits zunehmende Ertrags- oder Qualitätsverluste sein. Wenn möglich, werden die Organismen allerdings mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft - das wird sich durch einen steigenden Aufwand an Pflanzenschutzmitteln bemerkbar machen.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des Pflanzenschutzrechtes ist der integrierte Pflanzenschutz nicht nur mehr Leitbild, sondern für die Durchführung von Pflanzenschutzmaßnahmen verbindlich. Der integrierte Pflanzenschutz sieht vor, dass alle nicht-chemischen Maßnahmen zugunsten chemischer zu bevorzugen sind, so dass der chemische Pflanzenschutz auf das notwendige Maß begrenzt wird. Damit wird die Fruchtfolge in Zukunft zwangsläufig wieder eine größere Rolle als Instrument des vorbeugenden Pflanzenschutzes spielen.

Die Einführung „neuer“ oder „alter“, wiederentdeckter Feldfrüchte für die Energieerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen kann die Situation entlasten. Auswirkungen, die über Einzelfälle hinausgehen, werden aber erst bei größeren Anbauumfängen ersichtlich. Deshalb erscheint es angeraten, zunächst bei Feldfrüchten mit großen Anbauumfängen Möglichkeiten zu prüfen, ob und wie sich eine erweiterte Fruchtfolgegestaltung auf phytomedizinische Risiken und damit den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auswirken können.

Für die weitere Entwicklung des Energiepflanzenanbaus ist es wichtig, zu wissen, ob durch eine intelligente Nutzung von Fruchtfolgeoptionen auf der Basis der „großen“ Energiepflanzen Raps, Mais und Getreide bereits Entspannung hinsichtlich der Anbaukonzentration in Zeit und Raum geschaffen werden kann. Darüber hinaus ist es interessant zu wissen, ob damit ein relevanter Beitrag zur Reduktion von phytomedizinischen Risiken und des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln geleistet werden kann.

Im Projekt FEPP (Fruchtfolgen aus Energiepflanzen - Phytomedizinische Risiken und Pflanzenschutzmitteleinsatz) werden diese Fragestellungen aufgegriffen. Daher wurden vier Fruchtfolgen bestehend aus Mais, Raps und Weizen in unterschiedlicher Abfolge und Dichte in einem Verbundprojekt zwischen den Universitäten Göttingen und Rostock zu Fragestellungen rund um das Auftreten von Krankheiten und Unkräutern, sowie der ökonomischen Vorzüglichkeit bestimmter Anbaufolgen von Energiepflanzen angelegt.

Neben einem Maisdaueranbau wurden Fruchtfolgen mit unterschiedlichen Maisanteilen mit Grünroggen als Zwischenfrucht angelegt: (1) Maisdaueranbau, (2) Raps - Winterweizen, (3) Raps - Grünroggen/Mais - Winterweizen und (4) Raps - Winterweizen - Grünroggen/Mais - Winterweizen.

In der Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz an der Universität Göttingen wurden die fruchtfolgeabhängigen Krankheiten des Weizens in den verschiedenen Energiefruchtfolgen untersucht.
Feldversuch Göttingen
Feldversuch am Standort in Göttingen. (c) Mark Winter

Der Feldversuch wurde so angelegt, dass jede Kultur aus jeder Fruchtfolge jedes Jahr angebaut wurde. Zusätzlich wurden unterschiedliche Pflanzenschutzvarianten angewandt. Zum einen wurde Pflanzenschutz praxisüblich betrieben und dieser Variante eine fungizidfreie Variante gegenübergestellt. Dort sollte sich die volle Wirkung der Fruchtfolge auf das Auftreten und die Bedeutung von Halmbasis- und Wurzelkrankheitserregern an Weizen zeigen.

Auf der Basis von Befallserhebungen von bedeuteten fruchtfolgeabhängigen Halmbasis- und Wurzelkrankheiten wie dem Halmbruch, der Fusariumfußfäule und der Schwarzbeinigkeit an den Wurzeln wurden die Fruchtfolgen verglichen. Dabei zeigten die beiden Standorte Rostock und Göttingen signifikante Unterschiede im Befallsaufkommen der untersuchten Erreger.

Aufgrund des leichteren Bodens (lehmiger Sand) und des milderen Klimas in Rostock wurden bei allen Erregern höhere Werte festgestellt, dabei wirkten sich die Fruchtfolgen in gleicher Weise auf die untersuchten Krankheiten aus.

Der Vergleich der Fruchtfolgen machte deutlich, dass der Weizen aus der engen Raps-Weizen Folge die höchsten Befallshäufigkeiten der drei untersuchten Krankheiten aufwies. Die Auflockerung der Fruchtfolge durch Mais in Kombination mit einer Zwischenfrucht reduzierte das Auftreten der untersuchten Krankheiten signifikant und konnte das Auftreten des Halmbrucherregers in Göttingen sogar verhindern. Dabei spielten besonders der Aussaattermin und die Bodenbearbeitungsform eine große Rolle.

In der kurzen Fruchtfolge aus Raps und Weizen wurde nicht gepflügt. Pflanzliche Überreste, die mit Krankheiten infiziert sind, blieben wahrscheinlich an der Bodenoberfläche und dienten als Infektionsmaterial für die nachfolgenden Früchte. Zusätzlich konnte in dieser Fruchtfolge der Weizen sehr früh im Herbst gesät werden, da der Raps - anders als der Mais - früh den Acker „räumt“.

Eine frühe Saat fördert in der Regel Infektionen durch die Erreger des Halmbruchs und der Fusariumfußfäule. Neben dem Jahreseffekt zeigte die Fruchtfolge bei den statistischen Auswertungen den größten Einfluss auf die Halmbasis- und Wurzelkrankheitserreger. Dieser Effekt war wesentlich größer als eine Fungizidbehandlung.

Die Ausprägung des Fruchtfolgeeffektes ist sicherlich stark jahresabhängig und wird sich je nach Jahreswitterung verschieben, aber durch eine kluge Kombination von ackerbaulichen und pflanzenbaulichen Maßnahmen können Pflanzenkrankheiten auch in engen Fruchtfolgen begrenzt werden.

Mais kann also in diesem Zusammenhang nicht mehr generell als eine Risiko-Vorfrucht in Getreidefruchtfolgen angesehen werden. Die Ergebnisse zeigen auf, dass Funigizidmaßnahmen, vor allem gegen den Halmbrucherreger, durch ein angepasstes Anbausystem eingespart werden können.

Fazit: Kurze Fruchtfolgen mit Energiepflanzen (Raps-Weizen) führen zu nicht unerheblichen Befallshäufigkeiten des Halmbrucherregers, der Fusariumfußfäule und der Schwarzbeinigkeit an der Halmbasis bzw. den Wurzeln von Weizen. Eine Kombination der Ackerfrüchte Raps, Mais und Weizen in Verbindung mit einem späten Saattermin und wendender Bodenbearbeitung verhindert fast vollständig das Auftreten von Halmbruch und reduziert signifikant den Befall mit der Fusariumfußfäule an Weizen.

Kontakt zum Autor:
Mark Winter
Abteilung Allgemeine Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz,
Department für Nutzpflanzenwissenschaften,
Georg-August-Universität Göttingen
Email: mwinter@gwdg.de
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