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"Cameroon - Wondaful!" | Auslandserfahrungen im Agrarbereich

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"Cameroon - Wondaful!"
Map-Nr.:

7271

Titel:

"Cameroon - Wondaful!"

Beschreibung:

Wer Was Wo?

Ich studiere ein Masterprogramm namens „Organic Agriculture and Food Systems“ an der Universität Hohenheim. Von August bis November 2011 habe ich ein dreimonatiges Auslandspraktikum im Rahmen des ASA-Programmes gemacht, einem entwicklungspolitischen Lernprogramm. Zusammen mit meiner Praktikumspartnerin habe ich bei FORUDEF, einer kleinen kamerunischen NGO gearbeitet. FORUDEF beschäftigt sich hauptsächlich mit Armutsbekämpfung in ländlichen Gegenden (siehe www.forudef.org). In dem Projekt, indem wir mitgearbeitet haben, ging es um richtige Ernährung und ökologischere Landwirtschaft. Wir waren in Buea, einer mittelgroßen Stadt am Fuß des Vulkans „Mount Cameroon“ im Südwesten Kameruns.

Tipps zur Vorbereitung
Generelles

Die Praktikumsstelle habe ich auf der ASA-Homepage gefunden. Dort sind etliche Praktikumsplätze in der ganzen Welt ausgeschrieben. Ich habe mich für ein Projekt über biologische Landwirtschaft beworben, was eher zufällig in Kamerun stattfand.

Die Projektauswahl und den ersten Kontakt hat ASA übernommen. Sobald ich jedoch ausgewählt wurde, lag die Organisation in meinen Händen. Es gab jedoch einen Leitfaden, in denen generelle organisatorische Tipps wie Impfungen, Visum, Auslandsversicherung etc. aufgelistet wurden. Informationen über Kamerun habe ich auf der Seite des Auswärtigen Amtes gefunden, von meiner Organisation vor Ort bekommen, von Freunden die schon einmal dort waren oder von einem Kommilitonen, der aus Kamerun kommt.

Es gab ein paar Dinge, die rechtzeitig Organisiert werden sollten, da sie etwas Zeit brauchen, wie eine Impfberatung,der Flug, da er dann billiger wird und das Visum.Ich bin mit einem Touristen Visum gereist, da mir das am einfachsten erschien und ich dort kein Geld verdienen wollte.

Meine Voraussetzungen? Äh.. Begeisterung!

Ich hatte theoretisches Wissen im landwirtschaftlichen Bereich durch ein angefangenes Masterstudium namens Organic Agriculture and Food Systems. Meine praktischen Erfahrungen mit biologischer Landwirtschaft waren ziemlich gering, und meine Erfahrungen in der Entwicklungszusammenarbeit gleich null. Das bereitete mir im Voraus zugegebenermaßen etwas Kopfzerbrechen. Vor Ort hat sich aber herausgestellt, dass ich mich trotzdem sehr sinnvoll in das Projekt einbringen konnte. Obwohl ich kein Profi in dem Gebiet Ernährung und Landwirtschaft war, konnte ich den Leuten noch neues erzählen. In anderen Bereichen konnte ich jedoch viel von den Leuten dort lernen, wo meine Unbeholfenheit oft Anlass zur Belustigung war. Es war ohnehin interessanter, was wir gegenseitig von unseren Erfahrungen und Ansichten lernen konnten.

Die Südwest-Region Kameruns ist zum Glück eine von zwei englisch-sprachigen Regionen in dem ansonsten französisch-sprachigen Land. Da ich einen englischen Masterstudiengang studierte war ich in Englisch relativ fit. Auf das Pidgin Englisch, ein stark abgewandelter englischer Dialekt der dort gesprochen wird, war ich allerdingsnicht vorbereitet. Das war jedoch kein Problem, da die meisten Leute auch englisch gesprochen haben, wir unser Pidgin fleißig trainiert haben und zur Not gab es immer Leute, die übersetzen konnten.

Vor Ort sieht alles ganz anders aus

Viele Organisationen in Kamerun haben Probleme damit, ihre gemeinnützige Arbeit zu finanzieren. Da wir Praktikanten aus dem Westen automatisch für reiche Leute gehalten werden, kam es vor das die Organisationen nach Geld oder überteuerten Mieten gefragt haben. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: so etwas muss nicht akzeptiert werden! Keine Versprechungen im Voraus machen die einem komisch vorkommen, sondern lieber vor Ort die Lage checken. Viele andere Dinge wie Wohnung, Arbeit etc. waren vorher nicht so richtig klar, haben sich dann aber vor Ort geklärt.

Anreise und Unterkunft

Als einfachste, billigste und schnellste, wenn auch nicht ökologischste Möglichkeit habe ich das Flugzeug genutzt. In Buea hatten ich und meine Praktikumspartnerin jeweils ein Studentenzimmer in einem Studentenwohnheim, die Freunden von Freunden von Freunden gehörten. Am besten und einfachsten ist es, in Freiwilligenunterkünfte zu ziehen, die viele NGOs haben. Selbst finden ist selbst mit „Vitamin C“ schwierig, und den tatsächlichen „black man price“ zu zahlen schier unmöglich.

Die Arbeit
Feed Well, Feed Right, Feel Healthy

Das Ernährungs-Programm “Feed Well, Feed Right, Feel Healthy” war schon konzipiert und angelaufen als wir zu FORUDEF kamen, also konnten wir direkt einsteigen. Das Programm bestand aus drei Phasen: einem Ernährungstraining, eine Kochübung, und dem Anbau einer gewünschten Feldfrucht. Unsere Aufgabe war es die Trainings und Kochübungen durchzuführen und den Anbau zu betreuen. Die Teilnehmer waren Frauen-Selbsthilfegruppen aus den umliegenden Dörfern. Zusätzlich haben wirauf eigene Initiative hin auf der FORUDEF Farm gearbeitet, eine Bildungsreise zu einer biologisch wirtschaftenden NGO auf dem Land gemacht und anschließend Kompost- und Organic-Agriculture-Workshops konzipiert und durchgeführt und.

An die Arbeitsweise mussten wir uns erst einmal gewöhnen. Nach einer Weile hatten wir es heraus, mit genau so viel Verspätung zu kommen, dass wir nicht vor der verschlossen Bürotür standen. Es gab viele Dinge die uns ineffizient, chaotisch aber auch überflüssig vorkamen. Aber irgendwann hatten wir dann raus wie wir unsere Arbeit sinnvoll einteilen und hatten zum Schluss tatsächlich noch alle Hände voll zu tun, um unseren Organic-Agriculture-Workshop mit möglichst vielen Gruppen durchführen zu können.

Mehr zu dem Projekt unter: https://www.globalgiving.org/projects/nutrition/

We are Family

FORUDEF ist, wie so viele NGOs oder kleine Firmen in Kamerun, eine kleine Familie. Chef und Chefin werden mit „Mami“ und „Papi“ angesprochen, wenn es eine Feierlichkeit gibt werden alle eingeladen, und „Papi“ zahlt sogar mal anstehende Operationen seiner Mitarbeiter. Die Atmosphäre war sehr entspannt und herzlich, und ich vermisse einige meiner Freunde aus dem Office, und die regelmäßigen Events mit leckerem Buffet, Tanz und Gesang.

Das kamerunische Familiensystem hat mich generell sehr beeindruckt. Die enge Familie ist dort viel weiter gesteckt als bei uns, und man teilt ganz selbstverständlich alles miteinander, von Essen und Geld über Häuser, aber auch Kinder und Kindererziehung.

Ein besonderes Erlebnis

Das beste Erlebnis, das ich bei der Arbeit hatte, fing sehr ernüchternd an. Wir waren mit einer Gruppe verabredet, um den Organic-Agriculture-Workshop durchzuführen, aber die Präsidentin hatte vergessen den Termin weiterzugeben. Nach zweieinhalb Stunden warten in der Dorfkneipe hatten sich dann neben der Präsidentin zwei Gruppenmitglieder eingefunden, und ein Haufen neugieriger Dorfbewohner. Wir wollten das Training abbrechen, aber die Gruppenmitglieder und Dorfbewohner baten uns, doch für alle eine Kurzversion des Workshops durchzuführen. Gesagt, getan. Das bunt gemischte Dorfpublikum, von jung bis alt, war so interessiert, begeistert und dankbar, dass es der beste Workshop wurde den wir hatten.

Das Land
Abenteuerlich


Der erste Eindruck von Kamerun war krass: Nachts mit dem Taxi in einem wahnwitzigen Tempo durch die belebten Straßen von Douala rasen, der geschäftigen Industriehauptstadt Kameruns, vorbei an Menschenmassen, unbeleuchteten Mofas, Grillständen und Kneipen die sich gegenseitig mit lauter Popmusik übertönten; und das vor einer Kulisse aus Wellblechhütten wie ich es nur aus dem Fernsehen kannte.

Vieles was zu Hause alltäglich ist, wurde in Kamerun zum Abenteuer. Das Essen war exotisch und meistens lecker, aber wirkonkurrierten oft mit Mäusen, Kakerlaken und anderen Plagegeistern darum.Auf dem Markt mussten wir ebenso viel Vergnügen am Handeln wie die  Kameruner selbst beweisen, um nicht ständig den Whiteman-Preis bezahlen zu müssen.Öffentliche Verkehrsmittel fuhren gar nicht erst los, wenn sie nicht nach meinen Maßstäben überfüllt waren. Reparaturen und Bauarbeiten wurden oft abenteuerlich, aber auch mit viel Kreativität vorgenommen. Es gab oft kein fliesendes Wasser und Stromausfall. Die Regenzeit und der durch die Dauerfeuchtigkeit spießende Schimmel machten es uns auch nicht immer leicht.

Der Diktator, "choice of the people"?

Die Regierung Kameruns ist berechtigter Weise Anlass zu Unzufriedenheit. An der Spitze steht Paul Biya, der seit 1982 Präsident ist.Während der Zeit des Praktikums fanden die Präsidentschaftswahlen statt. Kaum einer zweifelte an, dass die Wahlergebnisse gefälscht wurden. Die meisten Menschen in Kamerun akzeptieren die Machtspielereien um in Frieden zu bleiben.Korruption ist überall spürbar im täglichen Leben. Gute Bildung, Transparenz und ein freier Informationsfluss sind Mangelware, ebenso wie eine gute Infrastruktur und soziale Einrichtungen.

Die Leute

Bald lernte ich das Land und seine temperamentvollen, teilweise ruppigen aber auch herzlichen Einwohner jedoch schätzen und lieben. Die Kameruner erlebte ich als sehr großzügig, gastfreundlich und offen gegenüber neuen Ideen. Außerdem waren die Leute sehr kommunikative und interessiert an uns. Die meisten Kameruner die ich erlebt habe hatten viel Sinn für Humor und lachten gerne (es hat mich einige Zeit gekostet mit zu lachen, wenn ich einmal wieder der Quell der Belustigung war). Ich habe den festen Vorsatz, mir von diesen positiven Eigenschaften ein Scheibchen abzuschneiden.

Schön wars!

Dennoch habe ich wundervolle Erinnerungen an das Land. Die tollen Landschaften im Süden und Westen mit Regenwald, Vulkanen, Graslandschaften und weißen Sandstränden haben mich verzaubert. Von der typischen afrikanischen Tierwelt ist leider nicht viel übrig, da diese leider zu erfolgreich verspeist wurde und immer noch wird. Auf jeden Fall empfehlen kann ich eine Wanderung auf den Mount Cameroon, den höchsten Berg Westafrikas. Danach gönnt man sich am besten einen Erholungsurlaub an den weißen Sandstränden Kribis, und probiert den köstlichen gegrillten Fisch!

Kosten und Finanzierung

Die Lebenshaltungskosten in Kamerun sind höher als man denkt.Unter uns Freiwilligen lagen sie schätzungsweisezwischen 400 und 700 Euro pro Monat. Das hängt davon ab, wie viel Arbeitskosten man selber zahlt (Taxifahrten, Essen/ Trinken, kleine „Gefälligkeiten“ wie Bier oder Wiskey für Chiefs oder andere wichtige Leute), was für eine Wohnung man hat, ob man eine Haushaltshilfe hat oder selber kocht, putzt und wäscht, ob man Western Food oder regionales Essen ist etc. Als „Whiteman“ kann man mit 100 bis 300 Euro Miete rechnen. Dazu kommen natürlich erhöhte Kosten wenn man umher reist. Auch für den Flug kann man locker 1000 Euro einplanen. Durch das ASA-Stipendium hatte ich ca. 400 Euro pro Monat zur Verfügung, einen Großteil der Flugkosten und die Versicherung.

Lernen fürs Leben

Die Zeit in Kamerun war sehr bereichernd für mich. Ich habe erlebt, wie anstrengend es sein kann, auf Grund der Hautfarbe anders behandelt zu werden, selbst wenn es positiv gemeint ist. Ich habe Einblicke in die kamerunische Lebensweise bekommen, und dadurch auch mehr über meine eigene Kultur erfahren. Außerdem habe ich gelernt wie viel Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft bedeuten, wenn man in einer so fremden Kultur ist, und mir den Vorsatz gefasst Ausländer in Deutschland zu Unterstützen.

Schlagworte
Auslandsbericht biologische Landwirtschaft Entwicklungszusammenarbeit Organic Agriculture and Food Systems Ernährung Agrarpraktikum Kamerun Auslandspraktikum Auslandserfahrung
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