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Arbeiten auf einer australischen Getreidefarm | Auslandserfahrungen im Agrarbereich

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Arbeiten auf einer australischen Getreidefarm
Map-Nr.:

12811

Titel:

Arbeiten auf einer australischen Getreidefarm

Beschreibung:

Ein herzerfrischendes  Moin Moin!!

Mein Name ist Hendrik Schneider, ich studiere Agrarwissenschaften an der Uni Hohenheim und möchte euch gerne in den folgenden Zeilen über mein Praktikum/Erntehelfer Job auf einer Grainfarm in Australien berichten.  Die Farm lag in "Western Australia" ca. 2h nördlich von Perth in der Nähe des Dörfchens Wongan Hills, im australischen „wheat belt“, ich arbeitete dort von Anfang April 2010 bis Anfang  Juli 2010 zur Aussaat.

Wie kam es dazu?

Da ich, wie viele andere auch, nach dem Abi keine Lust auf studieren hatte und auch noch nicht genau wusste in welche Richtung ich gehen wollte, habe ich mir ein „arround the World“ Ticket gekauft und mich erst einmal für ein Jahr von zu Hause verabschiedet. Mein erster Stopp war Saskatchewan, Kanada, dort habe ich um mein weiteres Reisen finanzieren zu können für 2.5 Monate bei der Getreideernte ausgeholfen. Da ich wusste, dass ich ab Mitte Dezember 2009 für mindestens 6 Monate in Australien sein würde und keine Lust auf die üblichen Backpacker Jobs hatte, sondern Geld zum Reisen verdienen wollte und durch die Arbeit in Kanada „Blut geleckt“ hatte, begann ich mit der Suche nach einen Farm Job, bevor ich überhaupt in Australien war. Nach ein paar Researchs bei YouTube und Google hatte ich eine interessante Farm gefunden und einfach mal eine E-Mail mit kurzem „Erfahrungshorizont“ und verfügbaren Zeitraum abgeschickt.

Erfreulicherweise bekam ich eine Antwort in der es hieß, ich kann vorbei kommen und soll Anfang April dort sein. SUPER! dachte ich mir - nur gab es einen kleinen Hacken - bis die Arbeit anfing, dauerte es noch fast 5.5 Monate. EGAL! Ich hatte einen Job, wusste in etwa was ich verdienen würde, also lieh ich mir ein bisschen Geld von meinen Eltern und genoss das Reisen, bevor es ans arbeiten ging. :-)

Ab auf die Farm!

So, nachdem ich von Januar bis Mitte März die komplette Ostküste abgeklappert hatte, war ich nun in Perth angekommen und dort wartete ich nun darauf, dass ich endlich auf die Farm konnte. Nach Rücksprache mit dem Chef wurde mir mitgeteilt, dass mich ein anderer Erntehelfer (auch Deutscher) abholen würde und wir einen dritten am Flughafen einsammeln sollten, der wüsste dann auch den Weg zur Farm.

Die Kontaktaufnahme mit dem Deutschen funktionierte und ich wurde am vereinbarten Treffpunkt eingesammelt, danach ging es zum Flughafen. Wir beide hatten keine Ahnung wen wir einsammeln sollten, wir wussten nur die Ankunftszeit und das es ein Kiwi war (so werden die Neuseeländer liebevoll genannt). Also schnell ein Schild gebastelt mit dem Namen der Farm und uns unübersehbar mitten in den Flughafen gestellt.

Wie erhofft hat der Kiwi uns schnell gefunden und wir konnten uns endlich auf den Weg zur Farm machen, es wurde nämlich auch langsam schon dunkel und im Dunkeln sollte man in Australien nur im Notfall fahren, weil dann kommen alle Tiere zu einem „meet and greet“ auf die Straße ;). Von Vorteil war auch nicht, dass das Abblendlicht des Autos nicht wirklich gut funktionierte und wir daher die meiste Zeit mit Fernlicht fahren mussten. Unsere Sicht verbesserte sich enorm, doch anscheinend gefiel es der Autofahrerin vor uns nicht wirklich, denn als wir in Wongan Hills ankamen und gerade in den Pub wollten, wurden wir von der Polizei angehalten und die Fahrerin beschuldigte uns, Sie gejagt zu haben :D. 

Nachdem wir der Polizei und der Frau unsere Lage erklärt hatten und einen Termin zum vorzeigen des Autos bekommen haben, konnten wir endlich zur Farm fahren und unser wohl verdientes Bier trinken! Das war schon einmal ein guter Einstand im Dorf! :D Untergebracht waren wir in Doppelzimmern, in einem älteren Haus in dem früher die Schafscherer untergebracht waren. Es gab eine Küche, ein Badezimmer und einen Wohncontainer, in dem der Fernseher stand. Es war nix luxuriöses, aber in der Regel hat man dort nur geschlafen und nicht viel Zeit verbracht.

Endlich Arbeiten

Am nächsten Tag hieß es dann auch gleich früh aufstehen, denn wir mussten um 7 beim Manager auf der Matte stehen um den Papierkram zu erledigen, eine Hofrundfahrt zu machen und eine Einführung in den Betrieb zu bekommen. Hier dann auch schnell noch ein paar Daten zur Farm - zum Zeitpunkt unseres Eintreffens hatte sie eine Größe von ca. 14.000ha, von denen ca. 12.000ha Anbaufläche waren. In der Saison als ich dort war sollten wir wheat (Weizen), GM canola (genmanipulierter Raps) und oat (Hafer) aussäen. Dafür hatte die Farm zwei 60ft (18m) Air Seeder und ein 50ft (15m) Air Seeder die von Caterpillar und John Deere Schleppern gezogen wurden. www.glenvar.com

Doch bis es mit der Aussaat los gehen konnte, dauerte es noch fast einen Monat, in diesen 4 Wochen hieß es Vorbereitungen treffen. Meine Aufgabe für die ersten 2 Wochen war es im 12h Schichtbetrieb (von 7Uhr bis 19Uhr) mit dem Kiwi, Hühner- und Kuhmist zu streuen. Damit fing ich auch sofort nach der Hofrundfahrt an. Auch für diese Arbeit hatte die Farm ein schönes Gespann, gestreut wurde mit einem 30m³ Miststreuer, der von einem John Deere Schlepper gezogen wurde und zum beladen stand ein 20t Radlader zur Verfügung. Gestreut wurde mit einer Aufwandsmenge von 1t/ha bei einer Arbeitsbreite von 12m und einer Geschwindigkeit von ca. 20 km/h, erleichternd kam noch hinzu das der Schlepper mit einem GPS Lenksystem ausgestattet war, so musste ich mich nicht darauf konzentrieren gerade zu fahren und es gab nicht die Möglichkeit den Überblick auf den großen Feldern zu verlieren. Aber dank der großen Felder und der Geschwindigkeit war es leicht möglich in einer Schicht bis zu 250ha zu bewirtschaften.

Nach den ersten 2 Wochen kamen noch einmal 4 Erntehelfer auf die Farm (2 Dänen, 1 Australier und 1 Südafrikaner) nun war das Team komplett. Doch damit musste ich nun meinen bequemen Platz auf dem Trecker erst einmal abgeben und hatte als Aufgabe, zusammen mit dem anderen Deutschen, die Felder aufzuräumen. Dazu gehörte das Raygras, alte Strohballen und Zäune zu entfernen. Ja, die Riesen Schläge waren eingezäunt, denn vor wenigen Jahren wurden dort auch noch Schafe gehalten, das Problem war nur das die australischen Schafe anscheinend andere Schafe sind als die, die wir aus Europa kennen;), denn die Pfosten für die Hecklöcher waren mindestens einen Meter tief eingegraben und dann noch mit Beton gesichert….!! Dazu dann noch der harte, ausgetrocknete Boden und fertig war der Spaß.

Apropos Spaß, den hatten wir, als es darum ging das Raygras und die Strohballen zu entfernen, denn wie entfernt man so etwas am schnellsten und kostengünstigsten in einem sehr trockenen Land mit hoher Brandgefahr?

Natürlich!! Man brennt es einfach ab! Dazu wird einfach der „Ute“ (so heißen die Pick Ups in Australien) mit einem kleinen Flammenwerfer ausgestattet und hinten drauf ein Wassertank. Jetzt konnte man bequem und ohne viel Aufwand das Raygras aus den Feldern brennen, teilweise haben wir auch komplette Stoppelfelder abgebrannt. In dem Fall fuhr man mit dem Auto erst einmal komplett um das Feld und hat eine ca. 5m breite Brandschneise angelegt, danach hat man geguckt aus welcher Richtung der Wind weht und hat ein dementsprechendes Feuer gelegt und der Rest ging dann von ganz alleine.

Nachdem alle Vorbereitungen erledigt waren ging es dann auch endlich los mit der Aussaat. Der Kiwi und ich teilten uns wieder ein Gespann im Schichtbetrieb und wir begannen mit der Aussaat von Hafer. Wir fuhren eine der 60ft Air Seeder mit einer 600PS Caterpillar Raupe, die Arbeitsgeschwindigkeit betrug zwischen 7-8km/h, so konnten wir ca. 13ha/h bestellen und der Dieselverbrauch lag zwischen 80 und 100L/h. Nachdem wir mit der Aussaat von Hafer fertig waren hieß es erst einmal wieder Maschinen stopp und auf Regen warten.

Diese Wartezeit wusste der Chef gut zu überbrücken, es hieß nämlich erst einmal Steine sammeln und zwar die komplette Fläche auf der wir Hafer ausgesät hatten und dies waren immerhin über 2000ha. Der Grund war, dass der Hafer als Futter in Quaderballen nach Asien Exportiert wird, daher sollten wir alle Steine, die Größer als eine Faust waren, und alle Stöcker aufsammeln. Der Hafer wird nämlich nicht gedroschen, sondern im noch grünen Stadium abgemäht und dann in Ballen gepresst. Zum Glück kam nach einer Woche der sehnlichst erwartete Regen und danach konnte es mit der Aussaat von GM canola und wheat weiter gehen.

Aussaat Teil 2/ kleines Highlight

Nach ca. 3.5 Wochen hatten wir die 12.000ha fast komplett bestellt und wir freuten uns auf hoffentlich ein paar freie Tage, doch soweit sollte es nicht kommen. Wir wurden alle zu einem Team Meeting ins Büro gerufen und das heißt in den wenigsten Fällen etwas Gutes. In diesem Fall hieß es etwas relativ Gutes, der Manager erzählte uns, dass der Chef eine weitere Farm erworben hat und diese auch noch bestellt werden muss. Die Größe der neuen Farm Betrug 18.000ha!

Dies bedeutete natürlich das wir unsere freien Tage erst einmal vergessen konnten, es hieß aber auch das wir noch mehr arbeiten konnten, also auch mehr Geld verdienen konnten.  Nachdem wir in Wongan Hills fertig waren hieß es also Sachen packen und auf zur neuen Farm, diese lag ca. 300km Südwestlich. Natürlich wurden die Air Seeder auf Achse dorthin gefahren, was bei Transportmaßen von 6.4m Breite und 4.9m Höhe kein leichtes Unterfangen war. Dort angekommen  wurden wir in einem kleinen Road House untergebracht und der ganze Spaß mit der Aussaat fing von vorne an;). Diesmal bekamen wir jedoch noch Unterstützung von einem Lohnunternehmen so waren teilweise 7 Maschinen mit der Aussaat beschäftigt.

Da wir auch auf der neuen Farm GM canola angebaut haben kam es dazu, dass der Betrieb mit einer Gesamtfläche von ca. 13.000ha GM canola, in Australien die größte Anbaufläche hatte. Dies nutzte der Saatgutlieferant, um uns ein kleines Highlight zu bieten, er wollte ein kurzes Video drehen mit allen Maschinen. Also fuhren wir mit 6 Air Seedern zu einem etwa 350ha großen Schlag, dort wartete auch schon ein Hubschrauber und ein kleines Kamerateam auf uns, nun schnell alle Maschinen schön aufgereiht und einmal im parallel Flug das Feld hoch und runter gefahren, fertig war das Video und alle verteilten sich wieder auf einzelne Felder. Dank der großen Schlagkraft hatten wir die 18.000ha dann auch schnell bearbeitet und es ging wieder zurück nach Wongan Hills. Dort angekommen haben wir unsere Maschinen sauber gemacht und damit war dann auch die Aussaat und eine sehr coole und erfahrungsreiche Zeit beendet!!

Fazit und zusammenfassende Infos

Also in den 3 Monaten, in denen ich auf der Farm gearbeitet habe, hatte ich eine sehr schöne, lustige und Erfahrung‘s reiche Zeit! Es gab dort zwar keinen Familienanschluss, doch die bunte Truppe mit Leuten aus verschiedensten Ländern war eine super Mischung und wir hatten viel Spaß zusammen.

Auch wenn es sich aus dem Bericht nicht so heraus liest hatten wir doch auch freie Tage/ Abende, die wir meistens damit verbrachten in den Pub zu fahren und Billiard zu spielen und 1-2 Bierchen zu trinken. Nach einiger Zeit waren wir auch schon im Dorf bekannt und wurden auch dort zu kleinen Feiern eingeladen! Falls sich die Möglichkeit ergab, dass wir 2-3 Tage hintereinander frei hatten, sind wir nach Perth gefahren um dort mal wieder richtig zu feiern und das verdiente Geld wieder auszugeben ;).

Die Verpflegung auf der Farm wurde von einer amerikanischen Backpackerin übernommen, sie hat uns jeden Tag Lunchpakete und warme Mahlzeiten zubereitet, dies war natürlich sehr entspannend! Das interessante Problem war nur, dass sie taubstumm und Vegetarierin/ Veganerin war, doch auch das haben wir in den Griff bekommen und sie hat uns sogar Steaks gebraten :D.

Wie schon gesagt, es war einfach eine klasse Zeit die ich jederzeit gerne wiederholen würde! Lukrativ war es natürlich auch noch, der Lohn betrug  17.5 OZ$/h und Stunden konnte man dort genug machen. Kosten und Logis waren dort auch schon mit eingerechnet, also hatte man nur Steuern als Abgaben, diese kann man aber zurückbekommen wenn man Australien verlassen hat.

Ich hoffe, euch hat der Bericht gefallen und Ihr unternehmt auch mal eine solche Reise wenn ihr die Möglichkeit dazu habt.

Mit freundlichen Grüßen

Hendrik Schneider

Schlagworte
Auslandserfahrungen Südaustralien Uni Hohenheim Auslandspraktikum Praktikum Ausland Erntehelfer Australien Wongan Hills
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