Der Magen der Wiederkäuer besteht aus drei Vormägen: Pansen, Netzmagen und Blättermagen. Daran schließt der eigentliche Magen, der Labmagen, an.
Pansen (Rumen) Der Pansen ist durch mächtige Muskelbalken unterteilt. Seine Oberfläche wird durch die Zotten der Schleimhaut auf etwa das 7fache vergrößert, wodurch ein intensiver Stoffaustausch ermöglicht wird. Der Pansensaft enthält 1-10 Mrd. Bakterien und Protozoen (Pansenflora und Pansenfauna) pro cm3. Die Bedeutung der Protozoen wurde lange Zeit zu gering eingeschätzt. Sie nehmen jedoch eine wichtige Rolle bei der pH-Stabilisierung des Pansensaftes ein.
Netzmagen/Haube (Reticulum) Der Netzmagen, mit typischen netzförmigen Schleimhautrelief, dient der Separation des ausreichend zerkleinerten und aufgeschlossenen Futters. Zwischen Netzmagen und Pansen wird die Nahrung so lange hin und her bewegt, bis sie die erforderliche Konsistenz hat. Pansen und Netzmagen bilden somit eine funktionelle Einheit.
Blättermagen/Psalter (Omasum) Die Funktion des Blättermagens liegt in dem Wasserentzug und der Resorption von Mineralien aus dem Nahrungsbrei. Außerdem wirkt er als "Pumpe" des Vormageninhaltes vom Netzmagen in den Labmagen.
Labmagen (Abomasum) Der Labmagen besitzt nur eine geringe Speicherfunktion, übernimmt aber die chemische Spaltung leicht verdaulicher Kohlenhydrate. Die Weiterbeförderung des Futters wird nicht in diesem Magenabschnitt übernommen, sondern von den Vormägen. Ein neugeborenes Kalb ist nur mit einem funktionsfähigen Labmagen ausgestattet – streng betrachtet also noch kein Wiederkäuer.
Physiologie
Die wichtigste Funktion der Vormägen (Gärkammer) ist der Aufschluss der Zellulose aus der Rohfaser des Futters (Fermentation). Durch die Fermentation in den Vormägen entstehen überwiegend kurzkettige und flüchtige Fettsäuren (Essig-, Propion- und Buttersäure). Unter normalen Fütterungsbedingungen bildet ein Rind pro Tag etwa 2,5-3,5 l Essigsäure, 0,8-1,5 l Propionsäure und 0,7-1,0 l Buttersäure. Neben den genannten Vergärungsprodukten bilden sich unter anderem Methan, Kohlendioxid, Ammoniak und in geringen Mengen auch langkettige Fettsäuren (z.B. Milchsäure).
Aufgrund der Wiederkäuphysiologie benötigt das Rind eine erhebliche Menge an Rohfaser. Der Rohfaseranteil an der Gesamtration sollte zwischen 18 und 20 % in der Trockensubstanz (TS) betragen, um die Aktivität der Pansenflora zu fördern.
Eine Milchkuh mit einer Milchleistung von ca. 35 kg hat z.B. einen Futterbedarf von etwa 20-25 kg TS pro Tag; ein Mastbulle mit 650 kg Lebendgewicht benötigt etwa 11-13 kg TS. Unter natürlichen Umständen verbringt das Rind zwischen 6 bis 11 Stunden mit der Futteraufnahme.
Wichtige Kenngrößen
Fassungsvermögen der Mägen Pansen (Rumen): bis 100 l Netzmagen/Haube (Reticulum): bis 6 l Blättermagen/Psalter (Omasum): bis 8 l Labmagen (Abomasus): bis 12 l
Darmlängen Zwölffingerdarm (Duodenum): 0,9 - 1,2 m Dünndarm (Jejunum/Ileum): 26,0 - 48,0 m Dickdarm (Kolon): 6,5 - 14,0 m
Sonstige Kennzahlen Speichelmenge: 98 - 190l/Tag Wiederkäuzeit: 4 - 9h/Tag Dauer der Wiederkäuperioden: 40 - 50/min. Anzahl der Kieferschläge: 42 - 62/min. Anzahl der Kieferschläge/Bissen: 40 - 60 Anzahl der Wiederkäuportionen: 360 - 790/Tag Dauer der Kauzeit: 45 - 50/Bissen pH-Wert des Speichels: 8,2 - 8,4
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