Algen wachsen problemlos, wenn sie mit CO2-haltigen Rauchgasen aus einem Braunkohlenkraftwerk gespeist werden. Das ist eine der wichtigen Erkenntnisse der weltweit fortschrittlichsten Algenzuchtanlage zur Kohlendioxid-Konversion, die
RWE Power vor einem Jahr am Kraftwerksstandort Niederaußem in Betrieb genommen hat. „Wir haben die erste Phase des Pilotprojekts abgeschlossen. Die Bilanz ist positiv: Der Betrieb läuft reibungslos, die Algen wachsen gut und wir erzeugen einen nutzbaren Wertstoff“, erläutert Projektleiter Georg Wiechers. Und weiter: „60 bis 100 Tonnen
Biomasse pro Jahr und Hektar wollten wir mit unserer Anlage erzielen. Jetzt wissen wir, dass diese Vorstellung realistisch ist.“
In der 600 Quadratmeter großen Versuchsanlage im Innovationszentrum Kohle von RWE Power nutzt das Unternehmen den biochemischen Prozess der Photosynthese. Die eingesetzten Salzwasser-Mikroalgen wachsen in einem Gewächshaus in sogenannten Photobioreaktoren - Kunststoffschläuchen, die mit einer CO2-haltigen Suspension gefüllt sind. Das Rauchgas wird in einem Blasenreaktor zuvor mit der Algensuspension gemischt. „Wir haben festgestellt, dass es bedingt durch die Jahreszeiten unterschiedliche Wachstumsraten gibt. Möglicherweise können wir mit einer anderen Algenart die Anlage im Winter noch effizienter nutzen“, hofft Wiechers.
RWE Power arbeitet gemeinsam mit dem Forschungszentrum Jülich, der Jacobs University Bremen und dem Unternehmen Phytolutions an der Weiterentwicklung des innovativen Klimaschutzprojekts. „Der Eigenenergieanteil der Anlage soll beispielsweise weiter gesenkt werden. Dafür testen wir verschiedene Reaktor-Konzepte“, so Wiechers über die intelligente Form der CO2-Nutzung. Die Planungen, die Photobioreaktoren ohne Gewächshaus auf freier Fläche zu installieren, werden ebenfalls vorangetrieben. „In diesem Fall könnten wir die nicht genutzte Abwärme des Kühlturms zur Temperierung der Suspension günstig und umweltfreundlich nutzen“, erklärt Wiechers.
Ziel ist, die gesamte Prozesskette - von der Algenproduktion bis zum Endprodukt - zu optimieren. Im Fokus steht dabei die Algenbiomasse, die in den kommenden Jahren auf ihre Verwertungsmöglichkeiten beispielsweise als Treibstoff oder Energieträger untersucht werden soll. Die Anlage steht nach dem ersten Betriebsjahr auch vor ihrer Ertüchtigung: Die Kunststoffelemente werden durch einen neuen Endlosschlauch kostengünstig und mit geringem Aufwand ausgetauscht, um weiterhin ein ungehindertes Algenwachstum sicherzustellen.
Das Algenzuchtprojekt ist Teil des Innovationszentrums Kohle von RWE Power in Niederaußem. Dort betreibt das Unternehmen außerdem Deutschlands erste CO2-Wäsche, eine Prototypanlage zur Vortrocknung von Braunkohle (WTA) und einen REAplus-Hochleistungswäscher für eine verbesserte Staub- und Schwefeldioxid-Abtrennung aus dem Rauchgas. Alle Projekte, für die RWE Power insgesamt 90 Millionen Euro aufbringt, arbeiten im Verbund mit dem zurzeit modernsten und effizientesten Braunkohlenkraftwerk der Welt (BoA 1). (PD)