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27.09.2010 | 11:05 | Medizin-Splitter 

Das große Comeback der Bettwanzen

Karlsruhe/Hohenheim - Olympische Wanzenspiele, Bettwanzen greifen New York an und Bettwanzen-Alarm im Nachtzug von München nach Rom, das sind keine Schlagzeilen aus dem vergangenen Jahrhundert, das ist Fakt im Jahre 2010.

Bettwanzenstiche
(c) Robert Kneschke - fotolia.com

Jahrelang galten Bettwanzen in Westeuropa und Nordamerika als ausgerottet, nun erleben die Tiere ein Comeback. Vancouver, die Stadt der Winterolympiade, hat der Parasit fest im Griff. Im Juli mussten Hotels und Geschäfte, sogar ein Reizwäschegeschäft einer Edelmarke in New York wegen Wanzenbefalls vorübergehend geschlossen werden.

Jüngst kam es im Nachtzug der DB von München nach Rom zu großen Aufregung: Dutzende Passagiere klagten über Bisse von Bettwanzen. In Innsbruck mussten zwei Liegewagen abgekoppelt werden und die ÖBB stellte Ersatz-Waggons bereit. "Das ist kein Hygiene-Problem, die Wagen der Bahn werden täglich gereinigt", sagte die DB-Autozug-Sprecherin Kerstin Adami. Vielmehr sei es ein grundsätzliches Problem, das weltweit vorkommt.

Auch in Deutschland nimmt die Bettwanzenzahl laufend zu. Wurden der Landesvertretung des Deutschen Schädlingsbekämpfer Verbands (DSV) in Berlin 2007 noch 210 Verwanzungen gemeldet, waren es 2008 schon 330 Fälle. „Wir rücken jetzt zwei bis drei Mal die Woche aus. Die Zahlen steigen und die Dunkelziffer dürfte sogar um ein Vielfaches höher sein", berichtet M. Heising, Vorsitzender der DSV-Landesvertretung. Zum einen ist ein Wanzenbefall nicht meldepflichtig, zum anderen versuchen viele, einen solchen zu vertuschen.

Bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts gehört die Bettwanze zu den häufigsten äußerlich lebenden Parasiten des Menschen in Europa. In den 1950er Jahren wurde ihr in den Industrieländern mit Chlorkohlenwasserstoffen - beispielsweise DDT - der Garaus gemacht und seitdem war es ruhig um den Blutsauger.

Die Ursache der neuerlichen Ausbreitung ist nicht ein Absinken des Hygienestandards, sondern das Mitbringen von Wanzen und ihren Eiern von Urlaubs- und Geschäftsreisen im Gepäck. Außerdem dürfte eine Rolle spielen, dass die Parasiten eine Resistenz gegen die verwendeten Insektizide entwickelt haben (ähnlich wie Bakterien gegen Antibiotika) sowie die veränderten Behandlungsmethoden.

Bis in die 1990er Jahre hinein wurde bei einer Schabenbekämpfung der gesamte Raum mit Insektiziden begast. Eventuell sich im selben Raum befindende Bettwanzen wurden somit gleichzeitig abgetötet. Heute werden Schaben mit Fraßködern angegangen, auf die Bettwanzen nicht reagieren.

Bettwanzen sind Blutsauger und suchen ihre Nahrung beim Menschen, an Haustieren, Fledermäusen und Vögeln. Sie sind nachtaktiv. Mittels Geruchsstoffen locken sie sich gegenseitig an und bilden größere Ansammlungen. Erwachsene Tiere sind unempfindlich gegen Kälte und können bis zu 40 Wochen ohne Nahrung auskommen. Tagsüber halten sie sich in trockenen, spaltenförmigen Verstecken wie Ecken, Möbel, Koffer, Bilderrahmen, Matratzen usw. auf.

Ihr Opfer finden die Biester anhand der Körperwärme. Wegen einer schmerzstillenden Substanz im Speichel des Parasiten wird der Stich in der Regel nicht sofort bemerkt. Nach dem Saugakt kommt es zu einem starken Juckreiz mit Quaddelbildung. Die Hauterscheinungen können bis zu 10 Tage andauern. Durch Kratzen entstehen häufig bakterielle Entzündungen und Blasen.

Oft bemerkt man auch einen spezifischen süßlichen Geruch, den die Wanze aus Drüsen absondert. Bei den Parasiten sind Hepatitis- und HIV Erreger schon vereinzelt nachgewiesen worden. Ob eine Übertragung dieser Infektionskrankheiten stattfinden kann, kann z. Zt. noch nicht abschließend beurteilt werden.

Bettwanzen bekämpft man mit Insektiziden. Das sollte aber in jedem Falle einem Fachmann, d.h. einem Schädlingsbekämpfer überlassen werden. Eine andere Methode ist, mit einem speziellen Ofen die Zimmertemperatur während eineinhalb Tagen auf ca. 55°C zu erhöhen. Bei dieser Temperatur sterben die Tiere und ihre Eier ab. Auch diese Methode sollte nur von Spezialisten durchgeführt werden.


Fazit
Bettwanzen sind zurück in Europa. Der Befall einer Wohnung mit diesem Ungeziefer lässt sich durch den spezifischen süßlichen Geruch vermuten. Hat man morgens juckende Stiche und Quaddeln an der Haut, finden sich Kottröpfchen auf der Bettwäsche, so sind dies weitere Indizien. Nach Reisen, die einen Verdacht nahe legen, sollte man das Gepäck zu Hause sorgfältig kontrollieren, um eventuell mitgeschleppte Bettwanzen mittels eines Insektensprays zu eliminieren.

Kontrollieren sollte man auch gebrauchte Betten und Möbel auf Kotspuren der Bettwanzen, bevor man diese in die Wohnung nimmt. Viele Betroffene versuchen es oft zuerst mit einem Spray. Dabei wird ein Teil der Tiere getötet. Viele sind jedoch so gut in Ritzen und Spalten versteckt, dass das Spray ihnen nichts anhaben kann.

Die Bekämpfung von Bettwanzen muss durch ein professionelles Schädlingsbekämpfungsteam durchgeführt werden. In der Regel werden dabei alle befallen Möbel, der Boden und die Fußleisten mit einem Kontaktinsektizid behandelt. Unter Umständen erfolgt auch einer Wärmebehandlung. Die Bettwäsche kann man bei 60° C waschen. Bei juckenden Hautveränderungen kommen antiallergisch wirkende Salben oder Gels zu Anwendung. (Hr)



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Gerne steht Ihnen Herr Dr. med. H. Rüdinger, Facharzt für Allgemeinmedizin-Sportmedizin, Rede und Antwort.

Dr. med Heimfried Rüdinger

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Kommentare 
cource schrieb am 09.09.2016 19:40 Uhrzustimmen(47) widersprechen(87)
lasst alle spinnen in der wohnung am leben, sie werden schon dafür sorgen, dass kein insekt überhand nehmen kann
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