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26.05.2012 | 06:21 | Tierschutz 

Nashornpulver als blutiges Medikament

Bangkok / Hanoi - «Nashorn?» fragt die Vietnamesin entrüstet - so etwas führe sie in ihrer Apotheke für traditionelle Medikamente nicht.

Exotisches Medikament Rhino-Horn
(c) proplanta
Ihre Nachbarn in der Apothekerstraße Lan Ong in Hanoi sagen dasselbe. Erst nach gutem Zureden kommt das Pulver unter dem Ladentisch oder in einschlägigen Hinterzimmern zum Vorschein - fast überall.

Rhino-Horn wird als Heilmittel gegen Fieber, Aids, Krebs und Kater gehandelt. Der unersättliche Appetit auf Medikamente mit tierischen Zutaten als Potenz- und Wundermittel gefährdet die Existenz der Tiere.

In Vietnam sind die Nashörner schon ausgerottet, der Kadaver des letzten Exemplars wurde im April 2010 entdeckt - mit abgesäbeltem Horn. Jetzt kommt der Nachschub aus Afrika. Wilderer schlachten Nashörner dort dutzendweise ab.

Mit 220 toten Tieren bis Mitte Mai ist zum Beispiel Südafrika in diesem Jahr auf einem traurigen Rekordkurs.

Die Wildschutzorganisation Traffic hat bereits bei einer Untersuchung 2008 in Vietnam jede Menge tierische Zutaten für einschlägige Medikamente auf Märkten und in Läden entdeckt.

«Für den Handel mit Wild und Tierprodukten gibt es eine massive Nachfrage in China - und zunehmend in anderen Ländern, die reicher werden», sagt der Asiendirektor der Wildlife Conservation Society (WCS), Joe Walston.

«Alles, was teuer ist, zieht die neue Mittelschicht an», sagt William Schaedla von der Organisation Traffic. «Ein Mercedes-Benz, eine schicke Wohnung, und eben auch ein exotisches teures Medikament».

Rhino-Horn verkaufe sich inzwischen zu Preisen wie Gold und Diamanten, schreibt Susie Ellis, Vorsitzende der Rhino-Stiftung, auf ihrer Webseite. Nicht ganz: in der Lan-Ong-Straße gehen 100 Gramm für 7.500 Dollar unter dem Ladentisch durch - aber das ist ein Vermögen in Vietnam.

Für die Händler in der Lan-Ong-Straße ist das ein Reibach. «Die Nachfrage ist groß, also liefern wir», sagt Tran Tuyet Mai, die dort einen Laden für traditionelle Medikamente betreibt.

Das Krebs-Gerede sei Quatsch. «Ich bin seit 20 Jahren im Geschäft, ich glaube nicht, dass Rhino-Horn Krebs heilt. Aber eines stimmt: mit Rhino-Horn kann man viel Alkohol trinken, ohne besoffen zu werden.» Die Behauptung ist unerwiesen. Es gibt keine unabhängigen Studien.

Schaedla wirft Medizinverkäufern vor, Patienten schamlos auszunutzen.

Im sozialistischen Vietnam ist die traditionelle Medizin genau geregelt. «Medikamente, die Material von geschützten Tieren enthalten, sind verboten», sagt Tran Van Thanh im Ministerium für traditionelle Medizin.

Doch gibt es unzählige Heiler im ganzen Land - 30.000, schätzt Traffic - die sich wohl kaum an die Richtlinien des Ministeriums halten.

Die Not der Menschen ist groß: Mit wachsendem Wohlstand nehmen auch Krankheiten wie Krebs zu, sagt Scott Roberton, der für WCS in Hanoi arbeitet.

«Bei dem katastrophalen Gesundheitssystem ist die Aussicht auf erfolgreiche Behandlung gering, deshalb klammern sich Kranke und ihre Familien an jeden Strohhalm: wenn jemand sagt "Rhino-Horn heilt Krebs", wollen sie es unbedingt haben.»

Die Tierschützer fordern einen besseren Kampf gegen die Wilderer und härteres Durchgreifen gegen Schmuggler. Die Organisation Freeland, die von Thailand aus gegen Menschen- und Tierschmuggel kämpft, hilft Behörden und Ländern beim Aufbau von Netzwerken und Austausch von Informationen.

«Aber Wild-Verbrechen sind nicht gerade sehr weit oben auf der Prioritätenliste der Regierungen», sagt Aktivistin Onkuri Majumdar. Nur Aufklärung und Druck aus der eigenen Gesellschaft helfe, meint Walston.

«Auch in Asien setzt ein Sinneswandel ein - das ermutigt doch. Wir müssen auf die Jugend als Katalysator setzen.» (dpa)
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Kommentare 
echal schrieb am 02.12.2012 13:51 Uhrzustimmen(117) widersprechen(87)
Könnte man Nashörner nicht in Zuchtfarmen halten, die Hörner für das Tier einigermasen schonend und schmerzarm abtrennen? Das Horn wächst in einigen Jahren wieder nach soviel ich weis. Gibt es entsprechend viel von dem Pulver fällt der Marktpreis und die Jagd auf Wildtiere wird unrentabel.
Nguyen schrieb am 18.06.2012 17:37 Uhrzustimmen(170) widersprechen(135)
Als vietnamese kenne ich die genannte Apothekerstraße Lan Ong und ich kann den bericht bestätigen, dass nicht nur in dieser sondern auch in fast allen Traditionsapotheken in VN Nashorn, Tigerpulver etc... zum Verkauf angeboten werden. Der letzter in Vietnam lebende Java-nashorn wurde vor einigen monaten von Jägern getötet. Nashorn is praktisch in VN offiziell seit diesem Datum ausgerottet. Es ist ein Volksport geworden, geschützte Tiere für die "Medizin" zu töten. Daher bitte ich die deutsche Bevölkerung und die Politik, mehr Aufklärung und Druck auf VN auszuüben, damit es zu einem Ende kommt! Ihre internationale Mithilfe ist entscheidend in diesem Kampf, denn die vietnamesen sind zu schwach sich allein gegen die dortige Regierung/Politik/Korruption bei dem Thema vorzugehen.
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