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30.04.2013 | 11:39 | Neonikotinoid-Verbot 

Kampf dem Bienensterben - Europas Bienen in Not

Brüssel - Der Honigbiene geht es schlecht. Seit Jahren sterben Millionen von Bienen in Europa - und niemand weiß genau, warum. Nun greift die EU ein und setzt auf ein Teilverbot von drei umstrittenen, für Bienen schädlichen Pflanzenschutzmitteln.

Bienensterben
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(c) proplanta
Umweltschützer sprechen von einem «historischen Schritt» und einem «Rettungsanker», den die EU wirft - doch ob das Überleben der Honigbiene damit gesichert ist, ist mehr als offen. Zu viele Faktoren machen den pelzigen kleinen Tierchen das Leben schwer.

Das Sterben der Bienenvölker ist dramatisch. Jedes Jahr überlebt nach Angaben von Greenpeace jede fünfte Biene den Winter nicht, in Deutschland fast jede dritte. Dabei ist die Landwirtschaft auf die emsigen Bienen für das Bestäuben von Mais, Raps oder Zuckerrüben angewiesen. Nicht nur Honig liefern die fleißigen Tierchen, sondern sie bescheren den Bauern immerhin 22 Milliarden Euro Wertschöpfung jährlich. «Die Bienen sind so wichtig für unser Ökosystem», sagt EU-Verbraucherschutzkommissar Tonio Borg.

Nach dem Rind und dem Schwein ist die Honigbiene das drittwichtigste Nutztier des Menschen und sichert seine Nahrung. Wenn die Bienen aussterben, stirbt der Mensch vier Jahre später aus, soll Albert Einstein gesagt haben.

Seit Jahren streiten Wissenschaftler um die Gründe für den Bienentod. Sicher ist nur: Es dürften mehrere Faktoren sein. Etwa die in den 1970er Jahren aus Asien eingeschleppte Varroamilbe, die Bienen befällt und aussaugt. Auch Viren und Pilze sind als mögliche Ursachen identifiziert. Wissenschaftler der Hochschule für Agrarwissenschaften in Bern machen Nahrungsmangel verantwortlich. Die zahlreichen Felder mit Monokulturen ließen den Bienen die Nahrung ausgehen.

Studien weisen darauf hin, dass eines der Übel auch Insektizide sein könnten. Als etwa im Jahr 2008 in der Rheinebene beim Maisanbau der Schädling Maiswurzelbohrer mit Clothianidin bekämpft wurde, gingen etwa 11.500 Bienenvölker zugrunde. Die Umweltorganisation Greenpeace nannte in ihrem Bericht «Bye bye Biene?» jüngst sieben Pestizide als «Bienen-Killer» Nummer eins, darunter bestimmte Nervengifte (Neonicotinoide), wie sie etwa das deutsche Chemieunternehmen Bayer und der Schweizer Konzern Syngenta produzieren. Drei davon werden in der EU nun größtenteils verboten.

Die Agrarbranche verwendet die Insektizide etwa gegen den Schädling Maiswurzelbohrer. Die Gifte werden benutzt, um Saatgut zu beizen, oder werden direkt auf die Pflanze gespritzt. Die Bienen nehmen das Nervengift vermutlich über das Regenwasser auf, das die gefährlichen Insektizide auf den Pflanzen auswäscht. Studien belegen, dass die Chemikalien bei den Tieren Navigationsstörungen verursachen - das heißt, sie finden nicht mehr zurück in ihren Bienenstock.

Die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte Mitte Januar einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Bienensterben und dem Einsatz von Neonicotinoiden ins Feld geführt. Allerdings fehlt ein echter Beleg. Das Problem besteht darin, dass solche Vergiftungen wegen der außerordentlich geringen Wirkstoffmengen im Nanogramm-Bereich nur sehr schwer nachweisbar sind. Außerdem sind viele Bienenvölker durch andere Einflüsse wie etwa die Varroamilbe schon geschädigt.

Der politische Streit schwelt schon lange. Darf der Tier- und Artenschutz zulasten der Landwirte gehen? Diese Fragen stellen Agrarverbände und Hersteller. Die Folgen des Verbots stünden in keinem Verhältnis zum Risiko, lautet ihr Argument. Würden die Produkte vom Markt genommen, seien zehntausende Arbeitsplätze in der EU-Landwirtschaft gefährdet. Der europäischen Landwirtschaft drohten Ernteausfälle von 40 Prozent - das werde Milliarden kosten.

Entscheidungen der EU würden mehr und mehr von politischem Kalkül überlagert, kritisiert der Konzern Syngenta: «Der Vorschlag entbehrt einer soliden wissenschaftlichen Grundlage.» Auch Bauern halten Neonicotinoide für unverzichtbar. Der Bayerische Bauernverband warnt: «Schädlinge wie die kleine Kohlfliege sind ohne neonicotinoide Saatgutbeizung nicht mehr bekämpfbar.» Auch gegen den Rapserdfloh werde es schwierig. Als Folge des Verbots müssten Flächen zusätzlich gespritzt werden, wodurch Schädlinge resistent werden könnten. Der Rapsanbau werde schrumpfen - und somit eine wichtige Futterquelle für die heimischen Bienen fehlen. Wobei man beim nächsten Grund wäre. (dpa)
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Kommentare 
Ricky schrieb am 01.05.2013 08:47 Uhrzustimmen(168) widersprechen(109)
Was für katastrophale Zustände wir in Europa noch bekommen können, wenn Monsanto & Co. auch bei uns das Sagen haben, zeigt der Film "More than honey". Wer den Film nicht kennt, sollte sich unbedingt den Trailer dazu ansehen: http://www.morethanhoney.ch/. Die industrialisierte Landwirtschaft ist der Tod der Natur, das ist richtig. Wahr ist aber auch, daß die meisten Kleingärtner und Hausbesitzer den Klein- und Kleinstlebewesen den Garaus machen mit dem Wahn zu sterilen Gärten, exotischen Anpflanzungen oder gleich Kiesgärten. anlegen, in dem sich kein Grün mehr regt. Fakt ist ebenfalls, daß die Politik mit der übereilt durchgepeitschten sog. Energiewende z.B. mit den Biogasanlagen den letzten Wiesen den Todesstoß geben, die Windparkanlagen Hunderttausende Vögel schreddern usw. usw. Wer will, wer kann diese verheerenden Auswirkungen auf die Natur noch stoppen?
Joana schrieb am 30.04.2013 18:27 Uhrzustimmen(111) widersprechen(175)
Man hat das Gefühl, dass unsere Regierung uns Bürger für dumm verkaufen will. Über jegliches Tierleid wird sich hinweg gesetzt, in dem Massentierhaltungen mit bis zu 80.000 Tieren genehmigt werden, immer und immer wieder mit der Begründung "das schafft Arbeitsplätze". Schauen wir uns doch die Arbeitsplätze einmal an, es sind Menschen aus dem Osten, Rumänen, Polen, Bulgaren usw., die fast für nichts arbeiten, die von uns ausgebeutet werden! Welcher Deutsche nimmt noch einen Job in der Landwirtschaft, Schlachthaus usw. an? Für all das werden jedoch unsere Steuergelder verschwendet, denn es gibt Subventionen für skrupellose Unternehmer in der Agar Branche. Das alles hat mit Landwirtschaft nichts mehr zu tun. Unsere deplatzierte Landwirtschaftsministerin Aigner ist nicht in der Lage, die vielen Giftstoffe, die in immer mehr Verwendung finden, zu verbieten. Das alles geht zu Lasten des Bundesbürgers - des Wählers! Ob es in die Hirne unserer Politiker hineingeht dass, wenn es keine Bienen mehr gibt, der Mensch auf dem Planeten auch nicht mehr leben kann?
Bekassine schrieb am 30.04.2013 18:00 Uhrzustimmen(122) widersprechen(107)
Ergänzung: "Der Vorschlag entbehrt einer soliden wissenschaftlichen Grundlage." Syngenta Jaja, Wissenschaft ist nur, was uns passt und wenn wissenschaftlich bewiesen wird, dass die Neonicotinoide höchst schädlich sind, dann beauftragen wir flugs ein Gegen(gefälligkeits)gutachten, das das Gegenteil behauptet. Schon gibt es keinen 100%igen wissenschaftlichen Beweis, weswegen man bloß nicht handeln sollte. Bis zum 100%igen Beweis, den es nach Bayer und Syngenta dann nie geben wird , sind dann aber die Bienen 100%ig tot und die Artenvielfalt dito. Macht aber nix, Hauptsache, Bayer und Syngenta haben satte Gewinne eingefahren.
Bekassine schrieb am 30.04.2013 17:14 Uhrzustimmen(144) widersprechen(128)
Es ist immer und überall das selbe Theater, wenn es um Tier-, Natur- und Verbraucherschutz geht: Angeblich sind tausende von Arbeitsplätzen in Gefahr. Mal nebenbei, wie viele Menschen arbeiten eigentlich noch in der industrialisierten Landwirtschaft? Da werden doch höchsten noch Billigkräfte aus den östlichen Ländern zu Dumpinglöhnen in nennenswertem Umfang beschäftigt. Es sind auch Arbeitsplätze in Gefahr, wenn die Bienen sterben. Diese ganze Landwirtschaftsindustrie mit Monokulturen, Pestiziden und Tierfabriken ist ein einziger Irrweg. Aber natürlich fällt das Umdenken schwer, wenn man so eingefahren ist und eine so verheerend wirksame Lobby hat, die alles verhindert, was die unmittelbaren Gewinne schmälern könnte. Selbst wenn das Umdenken langfristig deutlich ergiebiger wäre.
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