Das bedeutet aber noch lange nicht, dass jetzt im ganzen Bundesgebiet keine einzige Gentechnik-Pflanze mehr zu finden ist. Denn sogar in der Schweiz, wo seit Jahren ein
Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gilt, hat man in der Nähe von Bahnhöfen und Bahnanlagen vereinzelt transgene Rapspflanzen gefunden.
Woher die Rapssamen stammten, konnte bislang zwar nicht zweifelsfrei geklärt werden. Als eine wahrscheinliche Quelle gelten jedoch Weizenimporte aus Kanada, die über den Basler Rheinhafen ins Land kommen und kleine Mengen keimfähiger Raps-Samen enthalten sollen.
In Deutschland wurde nach Auskunft des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) bislang nur einmal eine transgene Rapspflanze in der Natur entdeckt - in einem Hafengebiet in Nordrhein-Westfalen. Allerdings finden auch nur in einigen Bundesländern entsprechende Stichprobenkontrollen statt. Ein bundesweites verpflichtendes Monitoring an Transportwegen und Verarbeitungsstätten ist nicht vorgeschrieben. Kontrolliert werden muss nur auf Flächen, auf denen früher einmal gentechnisch veränderte Pflanzen wuchsen, sowie in der direkten Umgebung dieser Felder.
Zwei Gentech-Pflanzen wurden in Deutschland bislang zu kommerziellen Zwecken angebaut: Die Amflora-Kartoffel wuchs 2010 und 2011 auf kleinen Flächen in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Eine Maissorte, die sich mit einem selbst produzierten Gift gegen einen Schädling, den
Maiszünsler, wehrt, wuchs für kurze Zeit in Sachsen und Brandenburg.
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN), das dem SPD-geführten Umweltministerium untersteht, spricht sich nicht nur für die Einführung eines bundeseinheitlichen Monitorings aus. Die Behörde will auch, dass künftige Entscheidungen über die Zulassung von Gentechnik-Pflanzen auf Bundesebene gefällt werden.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) plädierte zunächst dafür, die nach der im März verabschiedeten EU-Richtlinie möglichen Anbauverbote von den Bundesländern beschließen zu lassen. Inzwischen liegt ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, der sowohl dem Bund als auch den Ländern diese Kompetenz zubilligt. Der
Bundesrat hat jetzt allerdings einen
Gesetzentwurf verabschiedet, der vorsieht, dass dafür alleine eine Bundesbehörde zuständig sein soll.
Die EU-Richtlinie enthält eine «Opt-Out-Klausel», die auch auf deutschen Druck hinzugefügt wurde. Die Klausel erlaubt es einzelnen EU-Mitgliedern - beispielsweise unter Verweis auf umweltpolitische Ziele - auf ihrem Staatsgebiet den Anbau von Gentechnik-Pflanzen zu verbieten, die eine Zulassung der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit erhalten haben. Das entspricht auch dem Wunsch einer großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung, die laut Umfragen den Anbau von Gentechnik-Pflanzen ablehnt.
«Wir wissen noch viel zu wenig über die Folgen der
Gentechnik im Agrarbereich», sagt BfN-Präsidentin Beate Jessel. Das Argument der Befürworter der «Grünen Gentechnik», mit dieser Bio-Technologie lasse sich der Hunger weltweit besser bekämpfen, lässt sie nicht gelten.
Denn die meisten der modifizierten Pflanzen steigern nicht direkt den Ertrag. Sie produzieren entweder ein Insektengift, das einen bestimmten Schädling ausschaltet oder sie sind resistent gegen bestimmte Unkrautvernichtungsmittel, was den Einsatz dieser
Herbizide auf den Anbauflächen ermöglicht.
Risiken sehen Forscher zudem in einer möglichen Übertragung der Resistenzeigenschaft auf Unkrautpflanzen sowie in der Entstehung sogenannter «Durchwuchspflanzen mit multiplen Resistenzen». In Kanada und Japan sind Pflanzen, die gegen mehrere Unkrautvernichtungsmittel gleichzeitig resistent sind, bereits nachgewiesen worden. Diese Pflanzen sind nach Ansicht von Wissenschaftlern durch die unbeabsichtigte Kreuzung verschiedener Gentech-Pflanzen entstanden.
Jessel sagt: «Wir wissen immer noch zu wenig darüber, was geschieht, wenn wir gentechnisch veränderte Organismen in die Landschaft einbringen, was wir aber wissen ist: Die Folgen sind unumkehrbar.» (dpa)