Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
23.01.2016 | 13:41 | Energiegewinnung 

Wasserrad könnte Energiewende beflügeln - Naturschützer skeptisch

Winsen - Nahe der beschaulichen Lüneburger Heide könnte ein industrielles Großprojekt die Wasserwirtschaft revolutionieren.

Kraft des Wassers nutzen
Am Rande der Lüneburger Heide soll bald ein Wasserkraftrad arbeiten so stark wie 3.200 Sportwagen. Für Politiker ist es eine Chance in der Energiewende, für Forscher ein Weltrekordversuch, für die Wirtschaft ein neues Geschäftsfeld. Nur der Naturschutz stöhnt. (c) proplanta
An der Aller bei Bannetze planen Wissenschaftler der TU Braunschweig mit Stahlspezialisten der Salzgitter AG ein gigantisches Hochleistungswasserrad - groß wie ein Einfamilienhaus. Diesen Samstag ist Baustelleneröffnung mit Niedersachsens Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne).

Ende 2017 soll das Elf-Millionen-Euro-Projekt in Betrieb gehen und Perspektiven der Energiewende aufzeigen - neben Wind- und Solarkraft. Trotz der grünen Aussichten üben Naturschützer auch Kritik.

Das Wasserkraftrad mit 11 Metern Durchmesser, 12 Metern Breite und 60 Schaufeln wird den Organisatoren zufolge das stärkste weltweit sein. Es soll 1.000 Haushalte versorgen können und die bisher schwächelnde Wasserkraft im Norden beflügeln. «Wenn das Projekt erfolgreich ist, wäre das eine technische Revolution», sagt TU-Forscher Christian Seidel.

Da Flüssen wie Aller oder Leine trotz großer Durchflussmengen die nötige Fallhöhe fehle, seien Wasserkrafträder dort bisher im großen Stil nicht zu nutzen. Seit zehn Jahren arbeiten die TU-Tüftler an der Wende. Auf Materialseite arbeitet ihnen mit Salzgitter AG Deutschlands zweitgrößter Stahlkocher zu. Der MDax-Konzern ist Generalunternehmer bei dem Projekt, zahlt die Hälfte der Kosten (5,5 Millionen Euro) und darf den Strom später vermarkten. Den Rest fördern Land und Bund.

Nach Angaben des Ingenieurs Seidel enden Wasserräder bisher bei sechs Kubikmetern Durchlauf pro Sekunde. Das Aller-Kraftrad schafft zehnmal so viel. Seine Drehmomentkraft entspricht der von 3.200 Porsche 911-Sportwagen.

Laut Fraunhofer-Institut ist der Ertrag der Wasserkraft hierzulande seit 1990 nahezu unverändert. Ihr Anteil am Erneuerbare-Energien-Mix schrumpfte aber zuletzt auf 13 Prozent, da Wind und Sonne wachsen.

Vorteil der Wasserkraft: Sie soll grundlastfähig sein, also anders als unstete Wind- und Solarkraft herkömmliche Kraftwerke tatsächlich ersetzen können, nicht nur ergänzen. Den Fraunhofer-Forschern zufolge übertrumpft die Wasserkraft die Meeres-Windkraft bei der wichtigen Vollauslastung pro Jahr etwa um den Faktor 1,5. Wind an Land und vor allem die Solarkraft seien im Vergleich sogar noch viel schwächer.

Trotz der Superlative in der norddeutschen Tiefebene: Umweltschützer wie der BUND und die Aller-Oker-Lachsgemeinschaft fürchten Schäden am Fischbestand. Der Landessportfischerverband (LSFV) lehnt das Vorhaben sogar ab.

Die Genehmigungsbehörde, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), will beruhigen: Räder seien fischschonender als Turbinen. «Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen» hätten Fische, besonders die gefährdeten Lachse und Meerforellen, wegen der langsamen Drehung nicht viel zu befürchten.

Drei Jahre Monitoring am fertigen Rad sollen Gewissheit bringen. Im Modell hat Seidel schon mit gummierten Styroporfischen gearbeitet. Nicht einmal jeder Hundertste Fisch war lädiert. Zudem gibt es beim Rad und seinem Wehr Fischtreppen als Alternative. Doch Ideallösungen bilden die nie, das ist unumstritten. Ingenieure und Naturschützer ringen nun für den Bau der Anlage um Kompromisse bei Spaltmaßen und Fischgittergrößen. Sie gehen meist auf Kosten der Anlagenleistung.

Naturschützer fürchten, das Projekt sei politisch zu gewollt, um aus anderen als technischen Gründen noch scheitern zu können. Der NLWKN sagt, weil alle Prüfungen vorab schon derart positiv waren, «enthält der Beschluss keine Regelungen für einen eventuellen Rückbau».

Die Salzgitter AG müht sich bei Hademstorf nahe Schwarmstedt schon um Standort Nummer zwei. Dort soll es mit den Erfahrungen aus Bannetze um die Kostenoptimierung der Radtechnologie gehen. «Für den Standort Hademstorf gibt es noch kein Zulassungsverfahren», sagt der NLWKN.
dpa
Kommentieren Kommentare lesen ( 3 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
cource schrieb am 05.02.2016 10:36 Uhrzustimmen(72) widersprechen(94)
der deutsche ist beklopft, erst macht er die naturnahe landschaft in seinem wohnumfeld kaputt, um dann einen grund zu haben, sich im urlaub, an der unberührten natur anderer länder zu erfreuen.
a.Fischer schrieb am 24.01.2016 13:13 Uhrzustimmen(112) widersprechen(95)
Sehr gehrte Leser und Leserinnen, die Verkaufsstrategie dieses Wasserrades erinnert mich an die damalige Vermarktung des Jade-Weser-Ports. Nur Superlativen, einige Jahre nach dem Bau, ein Trauerspiel. Da helfen auch keine Meldungen, 400 000 Container in 2015, manche Bürger wissen das seine Auslastung bei 2 700 000 liegt. Ohne tote Wale. Ich bin seit vielen Jahrzehnten um den Schutz unserer Umwelt/Gewässer bemüht. Ich möchte hier auch keine detaillierte Stellungnahme zum Aller Projekt schreiben, ich möchte versuchen ihnen anhand von Beispielen zu zeigen, es geht um unsere Umwelt. Scheinbar ist es einigen Lobbyisten immer noch möglich, sich zu der Lasten der Mehrheit, mit sehr fragwürdigen Projekten in der Politik durchzusetzen. (K+S ist an der Werra/Weser ja auch gerade wieder aufgefallen) Kennt SZ-Stahl nur den Technischen Bereich der TU-Braunschweig ? Hier besteht ja eine Verbindung, würde sicher einige unsinnige Aussagen reduzieren. http://www.hs-bremen.de/internet/de/studium/stg/istab/inhalte/umweltbiologie/ag-fischoekologie/ Was es da an Wasserkraftanlagen in Niedersachsen/Deutschland gibt. Das von über 7000 Anlagen ca. 700 Anlagen 90 Prozent des Stroms erzeugen, die Restlichen Anlagen nur Stauwasser, und andere natur- beeinträchtigende Faktoren liefern, hier sehr gut beschrieben. http://www.lsfv-nds.de/index.php?option=com_content&view=article&id=38&Itemid=262 Strom ist in Deutschland keine Mangelware, wir verkaufen, verschenken ihn ins Ausland. Kann man tun, sparen am Energieverbrauch scheint ja kaum jemand zu wollen. Doch dann sollte man solche Kleinstanlagen nicht wie ein Weltwunder verkaufen. Gute Wasserkraftstandorte sind begrenzt. Wieder der Fehler wie bei der Windkraft, viel zu leistungsschwache Anlagen an vielen guten Standorten. Bei der Wasserkraft verweise ich an die TU-München da laufen Projekte die werden am Mekong erprobt. Moderne Technik hat sich entwickelt, aber anders als wenn man statt Holz jetzt Stahl für den Bau eines Wasserrades benutzt. https://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/32404/ Wanderfische in Niedersachsen, Deutschland, Europa. Es lohnt sich nicht alles in Euro und Wirtschaftlichkeit zu bemessen. http://okerlachs.de/aktuelles/ http://wanderfische.de/index.html http://wanderfische.eu/index.php?lang=de Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit Andreas Fischer
Kommentator mit techn. Verständnis schrieb am 23.01.2016 19:57 Uhrzustimmen(150) widersprechen(86)
In der Überschrift "Wasserrad könnte Energiewende beflügeln" und im Text wird dem techn. Laien suggeriert, dass das Wasserkraftrad so viel leiste wie 3200 Sportwagen. Dem ist aber keineswegs so. Die Ernüchterung kommt weiter unten. "Seine Drehmomentkraft entspricht der von 3200 Porsche-911-Sportwagen." und "Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen hätten Fische, besonders die gefährdeten Lachse und Meerforellen, wegen der langsamen Drehung nicht viel zu befürchten." Die mechanische Leistung ist proportional dem Produkt aus Drehmoment und Drehzahl. Von der Meldung "Das Rad mit elf Meter Durchmesser, zwölf Meter Breite und 60 Schaufeln wird laut den Organisatoren das stärkste weltweit sein. Es soll 1000 Haushalte versorgen können und die bisher schwächelnde Wasserkraft im Norden beflügeln. 'Wenn das Projekt erfolgreich ist, wäre das eine technische Revolution', sagt TU-Forscher Christian Seidel." ist der ernüchernde Teil, dass 1000 Haushalte versorgt werden könnten. Bei einem durchschnittlichen Leistungsbedarf eines Haushalts von ca. 300 - 400 Watt leistet dieses "revolutionäre" Kraftwerk ca. 300 - 400 KW, grob so viel also wie der Motor eines einzigen Porsche-911-Sportwagens.
  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken