Das Projekt FRANZ - «Für Ressourcen,
Agrarwirtschaft &
Naturschutz mit Zukunft» - soll das ändern.
Bundesweit wurden zehn Demonstrationsbetriebe ausgewählt - etwa in Bayern, bei Köln, in der Lüneburger Heide und auch die konventionell arbeitende Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft Groß Germersleben zwischen Magdeburg und Halberstadt.
«Hier sehen Sie breite Feldraine, viele Hecken und um die
Windräder herum Gras mit Beikräutern. Es ist also etwas da, worauf wir aufbauen können», sagt
Betriebsleiter Helmut Schulze. Im Frühjahr wurden sogenannte
Lerchenfenster in die Getreideschläge gepflügt, die den Vögeln den Zugang zu ihren Nestern erleichtern sollen.
Rund um eine Wasserstelle wurde eine Kiebitzinsel angelegt - ein Stück
Grünland mitten im Getreidefeld, wo die Vögel brüten können. Neben einem
Windrad wachsen auf einem kleinen Feld Erbsen. Darin können die Vögel noch brüten, wenn das Getreide abgeerntet ist. So können sie eine dritte oder gar vierte Brut großziehen.
«Für uns Landwirte ist
Artenschutz eigentlich eine Selbstverständlichkeit», erklärt Schulze. «Aber unsere Hauptaufgabe ist es,
Lebensmittel zu produzieren. Wir wollen ausprobieren, wie wir mit einfachen Mitteln beides unter einen Hut bringen können.» Produktionsleiter Sven Borchert betont: «Der Aufwand ist erheblich.
Wir haben zehn Hektar zusätzliche
Blühstreifen angelegt. Allein das hat 5.000 Euro gekostet.» Das Geld wird von der Michael Otto Stiftung erstattet. Insgesamt stehen für den
Betrieb in diesem Jahr 25.000 Euro zur Verfügung.
«Wir haben Extensiv-Getreidestreifen angelegt, die wir nicht mit Pflanzenschutzmitteln bearbeiten, und wenn wir ernten, ernten wir nur die Ähren und lassen das Stroh stehen, damit die Lerchen weiter Schutz finden», schildert Borchert.
Wie wichtig neue Wege in der
Landwirtschaft sind, zeigt eine aktuelle Studie des Naturschutzbundes Nabu zum Rückgang von Vögeln. Demnach ist in Deutschland die Zahl der Tiere in 30 Jahren um fast 60 Prozent gesunken. Betroffen seien vor allem Arten wie Feldlerche, Kiebitz und Rebhuhn, die in der Agrarlandschaft zu Hause sind. Fehlende Rückzugsorte und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln werden vor allem dafür verantwortlich gemacht. Noch stärker als Vögel trifft es Insekten - bei manchen Arten liegt der Rückgang bei 90 Prozent.
Der
Raps wird in der Landwirtschaftlichen Betriebsgemeinschaft Groß Germersleben schon lange mit bienenfreundlichen Pflanzenschutzmitteln gespritzt. Gleich neben dem Feld hat ein Imker mehrere
Bienenvölker platziert. «Was für seine Honigbienen gut ist, ist für Wildbienen und andere Insektenarten überlebensnotwendig», sagt Borchert. Sie können nicht vom Imker in Sicherheit gebracht werden und werden durch
Insektizide und andere Umweltgifte bedroht.
Jens Birger von der Stiftung
Kulturlandschaft berät die Groß Germersleber und begleitet sie während des zehnjährigen Projekts. «Wir wollen vor allem wenig bekannte Maßnahmen ausprobieren, wissen, wie sie greifen und was sie kosten. Ziel ist, dass das ausstrahlt auf andere Betriebe.»
Eins hat das Projekt schon erreicht: Sven Borchert hat immer einen Feldstecher im Auto liegen und hält Ausschau nach Vögeln und Hasen. Auch Insekten nimmt er nun ganz anders wahr als früher.