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07.06.2017 | 09:18 | Biodiversität 

Wie Bauern Artenvielfalt schützen können

Oschersleben - Aus dem Feld in der Magdeburger Börde trällern Dutzende Feldlerchen. So laut und klar hört man ihren Gesang nur noch an wenigen Orten. Zu schwer wird ihnen das Überleben in der modernen Agrarlandschaft gemacht.

Artenvielfalt schützen
Die moderne Landwirtschaft gefährdet die Artenvielfalt. Dass es auch anders geht, zeigen bundesweit zehn landwirtschaftliche Demonstrationsbetriebe. Ein Besuch in der Magdeburger Börde. (c) proplanta
Das Projekt FRANZ - «Für Ressourcen, Agrarwirtschaft & Naturschutz mit Zukunft» - soll das ändern.

Bundesweit wurden zehn Demonstrationsbetriebe ausgewählt - etwa in Bayern, bei Köln, in der Lüneburger Heide und auch die konventionell arbeitende Landwirtschaftliche Betriebsgemeinschaft Groß Germersleben zwischen Magdeburg und Halberstadt.

«Hier sehen Sie breite Feldraine, viele Hecken und um die Windräder herum Gras mit Beikräutern. Es ist also etwas da, worauf wir aufbauen können», sagt Betriebsleiter Helmut Schulze. Im Frühjahr wurden sogenannte Lerchenfenster in die Getreideschläge gepflügt, die den Vögeln den Zugang zu ihren Nestern erleichtern sollen.

Rund um eine Wasserstelle wurde eine Kiebitzinsel angelegt - ein Stück Grünland mitten im Getreidefeld, wo die Vögel brüten können. Neben einem Windrad wachsen auf einem kleinen Feld Erbsen. Darin können die Vögel noch brüten, wenn das Getreide abgeerntet ist. So können sie eine dritte oder gar vierte Brut großziehen.

«Für uns Landwirte ist Artenschutz eigentlich eine Selbstverständlichkeit», erklärt Schulze. «Aber unsere Hauptaufgabe ist es, Lebensmittel zu produzieren. Wir wollen ausprobieren, wie wir mit einfachen Mitteln beides unter einen Hut bringen können.» Produktionsleiter Sven Borchert betont: «Der Aufwand ist erheblich.

Wir haben zehn Hektar zusätzliche Blühstreifen angelegt. Allein das hat 5.000 Euro gekostet.» Das Geld wird von der Michael Otto Stiftung erstattet. Insgesamt stehen für den Betrieb in diesem Jahr 25.000 Euro zur Verfügung.

«Wir haben Extensiv-Getreidestreifen angelegt, die wir nicht mit Pflanzenschutzmitteln bearbeiten, und wenn wir ernten, ernten wir nur die Ähren und lassen das Stroh stehen, damit die Lerchen weiter Schutz finden», schildert Borchert.

Wie wichtig neue Wege in der Landwirtschaft sind, zeigt eine aktuelle Studie des Naturschutzbundes Nabu zum Rückgang von Vögeln. Demnach ist in Deutschland die Zahl der Tiere in 30 Jahren um fast 60 Prozent gesunken. Betroffen seien vor allem Arten wie Feldlerche, Kiebitz und Rebhuhn, die in der Agrarlandschaft zu Hause sind. Fehlende Rückzugsorte und der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln werden vor allem dafür verantwortlich gemacht. Noch stärker als Vögel trifft es Insekten - bei manchen Arten liegt der Rückgang bei 90 Prozent.

Der Raps wird in der Landwirtschaftlichen Betriebsgemeinschaft Groß Germersleben schon lange mit bienenfreundlichen Pflanzenschutzmitteln gespritzt. Gleich neben dem Feld hat ein Imker mehrere Bienenvölker platziert. «Was für seine Honigbienen gut ist, ist für Wildbienen und andere Insektenarten überlebensnotwendig», sagt Borchert. Sie können nicht vom Imker in Sicherheit gebracht werden und werden durch Insektizide und andere Umweltgifte bedroht.

Jens Birger von der Stiftung Kulturlandschaft berät die Groß Germersleber und begleitet sie während des zehnjährigen Projekts. «Wir wollen vor allem wenig bekannte Maßnahmen ausprobieren, wissen, wie sie greifen und was sie kosten. Ziel ist, dass das ausstrahlt auf andere Betriebe.»

Eins hat das Projekt schon erreicht: Sven Borchert hat immer einen Feldstecher im Auto liegen und hält Ausschau nach Vögeln und Hasen. Auch Insekten nimmt er nun ganz anders wahr als früher.
dpa
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 10.06.2017 16:07 Uhrzustimmen(80) widersprechen(77)
Ein persönliches Wort:

Werte/r Cource, kein christlicher Mitmensch wird Sie persönlich davon abhalten wollen, als Früchte- und Beerensammler in Wald und Wiesen ihr eigenes Bäuchlein voll bekommen zu wollen. Vergreifen Sie sich aber bitte nicht versehentlich an den von Ihnen viel gehassten konventionellen Feldern. - Das käme im übrigen auch einem verbotenen Mundraub gleich! ;-)

Vielleicht könnten Sie es, ganz neuzeitlich orientiert, endlich einstellen, mit verbalem Pfeil und Bogen auf sämtliche Bauern abzuzielen!? Das verstößt wider jene Natur, die Sie selbst doch über alle Maßen lieben. Ein herzliches „Vergelt‘s Gott“ schon einmal und ein wunderbar sonniges Wochenende, das vielleicht auch Ihr Herz für die noch ackernden Bauern erwärmt.
cource schrieb am 10.06.2017 11:47 Uhrzustimmen(27) widersprechen(25)
die indutriebauern auf ihren industrieackerwüsten haben genau so wie die städter jeglichen bezug zur ursprünglichen natur verloren, sie glauben die natur mit technik und schinderei kontrollieren zu müssen, sie haben keinen respekt/achtung vor natürlichen bodenstandorten wie niedermoor/aue/sandboden und glauben klüger als mutter natur sein zu müssen, ihre gier/optimierungswahn/kurzfristige gewinn/profit/vorteilsstreben, verhindert automatisch ein nachhaltiges wirtschaften im einklang mit der natur
agricola pro agricolas schrieb am 07.06.2017 10:38 Uhrzustimmen(51) widersprechen(28)
Gegenüberstellend aufklärende Befindlichkeiten:

Es müssen wahrlich nicht immer Staatsgelder verbraten werden, um finanziell spürbar einer „Liebe zur Natur“ auf die Sprünge zu helfen! Da existieren tatsächlich bereits konventionelle Betriebe, die selbige Praxis schon über Dekaden hinweg üben aus gelebter Passion zu einer Landwirtschaft im Einklang mit der Natur, in der durchaus weitgehend gelingenden Symbiose mit Flora und Fauna auf unseren Feldern.

In meinem letzten Kommentar habe ich bereits explizit auf eine Abenteuerlichkeit in der Schuldzuweisung ausschließlich in Richtung Bauernstand zur Thematik „Artenschwund der Bodenbrüter innerhalb unserer Kulturlandschaften“ hingewiesen.

Wenn man in erster Linie allerdings den grundsätzlichen Denkansatz verinnerlicht wissen möchte, alleinig Nahrungsmittel erzeugen zu müssen, so ist hierin schon eine fundamentale Fehlerhaftigkeit begründet.

Ein grüner Parteigenosse Häusling engagiert sich übereifrig und beharrt steif kompromisslos auf einem völligen Pflanzenschutzmittelverzicht in den heimischen gentechnikfreien Soja-Greeningflächen; damit beraubt er allerdings gleichzeitig gesichert unsere Bodenbrüter eines wirklichen Rückzugsgebietes in den letzten freien Räumen. Die zuständigen NABU-Beobachtungsstellen sehen die Kiebitze vor Ort auf selbigen Flächen nicht, der Bewirtschafter sehr wohl, auch ohne Feldstecher, und dieser selbst freut sich darüber „tierisch“.

Unser Sonnenblumenanbau, ein Eldorado schlechthin für unsere Bodenbrüter, wie ist es um die Bewerbung eines solchen bestellt!? Warum hat die Sonnenblume im bäuerlichen Anbauportfolio innerhalb deutscher Grenzen an Akzeptanz derart gelitten!? Von wem toleriert bzw. sogar unverhohlen forciert!? NABU & Co. sind dagegen bislang wahrlich nicht Sturm gelaufen, nicht einmal das kleinste Stürmchen im Wasserglas ging vonstatten, vielleicht darin begründet, weil aufgrund eines wohlwollenden Spendenaufkommens diese gewichtigen Stimmen ihre Dienste versagten!? - Anstelle dessen aber verlustiert man sich über den ausgemachten „Maiswüstenlandschaften“ in unseren ländlichen Räumen.

Bei vielen grünen Parteigenossen drängt sich zunehmend der Eindruck einer vollkommenen Ahnungslosigkeit in der Sache auf. Eine mediale Parolenschlacht reicht wahrhaftig einfach nicht aus, um geistig in die Tiefe der eigentlichen Problemstellungen vordringen zu können. Das hat Habeck als bislang einziger in deren Reihen sehr richtig erkannt. Respekt hierfür, mit ihm könnte man arbeiten!

Ich empfehle einen Artikel in der Süddeutschen, warum der Haussperling in der Metropolregion München kaum mehr anzutreffen ist. - Welcher Bauer zeichnet hier wohl verantwortlich!?

Drei Dohlenkolonien in einer anderen bayerischen Großstadt beschwören den Unmut der Anwohner herauf. Man drängt auf Beseitigung dieser Störenfriede. - Welcher Bauer zeichnet hier verantwortlich!?

Unsere „Ratten der Lüfte“ in den Großstädten erwecken viel Unmut. Wie rückt man selbiger „Plage“ zu Leibe? - Welcher Bauer zeichnet hier nun verantwortlich?

Ich lausche...!!! - Und, und, und. Fortsetzung folgt sicherlich in Bälde, versprochen!!!

Nehmt also die Bauern sämtlichst mit auf eurem Weg, Lösungskonzepte zu erarbeiten, aber hört endlich auf, selbige diskriminierend als einzig schuldhafte Verursacher enttarnen zu wollen, wir sind vielmehr weit eher euer unverzichtbarer BAUSTEIN für den Erhalt unserer Kulturlandschaften!!!! - Ja, tatsächlich WIR BAUERN ALLE, die wir selbst IN, MIT und vor allen Dingen VON der Natur leben!
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