Die Europäische Kommission plant weiterhin mit einer Obergrenze der Flächenprämien von 60 000 Euro pro
Betrieb und Jahr. Das geht aus einem noch vorläufigen und internen Entwurf der Brüsseler Behörde zur Gemeinsamen
Agrarpolitik (GAP) nach 2020 hervor, der AGRA-EUROPE vorliegt. Offiziell vorgestellt werden soll der Verordnungsentwurf durch
EU-Agrarkommissar Phil Hogan am Freitag kommender Woche (1.6.). Am 11. Juni soll der Entwurf dem Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments präsentiert werden.
Eine Kappungsgrenze von 60.000 Euro würde in Deutschland bei derzeitiger Flächenprämienhöhe bei einer
Betriebsgröße von etwa 230 ha greifen. Allerdings wäre bei Umsetzung der von der
EU-Kommission angekündigten Etatkürzungen mit einer niedrigeren
Flächenprämie pro Hektar zu rechnen. Dies würde die besagte Hektargrenze nach oben schieben.
Zudem ist vorgesehen, dass bei der Kappung noch die jeweiligen Arbeitskosten der
Betriebe Berücksichtigung finden, so dass die Obergrenze nochmals spürbar höher ausfallen könnte. Durch die Aufrechnung der Arbeitskosten dürften die bei einer Kappung der Direktzahlungen zu erwartenden Einschnitte insbesondere für genossenschaftlich organisierte Betriebe beziehungsweise Mehrfamilienbetriebe mit
Viehhaltung abgeschwächt werden.
Sicherstellung eines „Basiseinkommens“Derweil geht aus dem Kommissionspapier auch hervor, dass „mindestens 60 %“ der
Agrarförderung der Ersten Säule zuzuschreiben sind. Demzufolge sollen diese Mittel als „Basiseinkommen“ den Landwirten zur Verfügung gestellt werden. Zum Vergleich: Im aktuellen EU-Haushaltsjahr liegt der Anteil der Ersten Säule bei etwa 76 %. Zudem wird die Kommission - wie bereits zuvor angekündigt - eine weitere Angleichung der Höhe der Direktzahlungen zwischen den Mitgliedstaaten bis 2027 vorschlagen.
Dem Entwurf zufolge sollen die Beihilfen in den Mitgliedsländern, wo die Prämien aktuell unterdurchschnittlich ausfallen, dann mindestens 90 % des EU-Mittelwerts erreichen. Profitieren würden davon vor allem die drei baltischen Staaten. Die Landwirte in Deutschland, aber auch in Frankreich, den Niederlanden und in Österreich, die bislang überdurchschnittlich hohe Zahlungen pro Hektar erhalten haben, müssten zugunsten ihrer Berufskollegen in den osteuropäischen Ländern zurückstecken.
Derweil bekräftigte der Generalsekretär der EU-Ausschüsse der
Bauernverbände (
COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA),
Pekka Pesonen, seine Kritik an den geplanten EU-Agrarhaushaltskürzungen. Erneut wies der Finne darauf hin, dass die Landwirte ohnehin nur 40 % des durchschnittlichen Einkommens in der EU erzielten. Daher sei eine Kürzung des Agraretats „inakzeptabel“. Hiervon wären zudem auch und gerade die
Agrarumweltprogramme betroffen, gab
Pesonen zu bedenken.
Wortbruch von Hogan?Ariel
Brunner von Birdlife International übte indes scharfe Kritik an dem Vorhaben, mindestens 60 % der gesamten GAP-Mittel für die
Erste Säule bereitzustellen. Brunner sieht angesichts einer aus seiner Sicht „notwendigen“ stärkeren Unterstützung umweltpolitischer Maßnahmen keinerlei Rechtfertigung dafür.
Agrarkommissar Hogan warf er Wortbruch vor. Laut Berechnungen des Naturschutzbundes Deutschlands (NABU) würden bei einer solchen Festlegung 80 % weniger Finanzmittel als bisher für Natur- und Umweltprogramme zur Verfügung stehen. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller sieht mit einer solchen Vorgehensweise den Weg in die „Sackgasse für Landwirte und Umwelt“ endgültig zementiert.
Von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner erwartet der
NABU jetzt klaren Widerstand gegen diese Kommissionspläne. Wenn Klöckner die Insekten für systemrelevant halte, müsse sie 15 Mrd. Euro pro Jahr für den
Naturschutz in die
GAP verhandeln, so Miller. Das wäre auch für die Landwirte ein Gewinn, denn sie könnten verlässlich und attraktiv für ihre Naturschutzleistungen bezahlt werden.