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25.07.2019 | 01:20 | Hitze, Stürme, Schädlinge 

Waldsterben 2.0 befürchtet - Rasches Handeln gefordert

Berlin - Hitze, Stürme, Schädlinge: Der Wald in Deutschland ist gestresst. Die Klimaveränderungen der vergangenen Jahre haben bundesweit zu massiven Waldschäden geführt.

Waldsterben
Nicht nur Menschen setzt die Hitze derzeit zu - auch Bäumen. Die hohen Temperaturen sind allerdings nur eine Herausforderung von vielen. Der BUND schlägt Alarm und will die Wälder in Deutschland umbauen. (c) proplanta
Um ein neues Waldsterben abzuwenden, fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) von der Bundesregierung rasches und konsequentes Handeln für den Klimaschutz.

«Spätestens auf der Sitzung des Klimakabinetts im September müssen verbindliche Maßnahmen beschlossen und diese dem Bundestag umgehend zur Befassung vorgelegt werden», sagte der Vorsitzende des Umweltverbands, Hubert Weiger. Dieser Handlungsappell sei die zentrale von zehn Forderungen an Politik, Forstwirtschaft und Jagd, die der BUND am Mittwoch vorstellte.

Der BUND spricht von einem drohenden «Waldsterben 2.0». Der Begriff bezieht sich auf das Waldsterben in den 1980er Jahren: Durch den veränderten pH-Wert im Boden warfen damals Bäume Blätter und Nadeln ab, ihre verkümmerten Wurzeln konnten kaum Nährstoffe aufnehmen, was schließlich zum Absterben der Bäume führte.

Jetzt gehe es um eine Existenzgefährdung «ungeahnten Ausmaßes», sagte Weiger. Grund dafür sei die Klimakrise: Anhaltende Trockenheit, extreme Hitze und daraus entstehende Waldbrände gefährdeten die Wälder ebenso wie starke Stürme und maximale Niederschläge. Hinzu kämen Schädlinge und Pilzerkrankungen, die Bäumen zunehmend zu schaffen machten, heißt es vom BUND.

Um die Wälder zu erhalten, müssten sie dringend zu «naturnahen Laubmischwäldern» umgebaut werden, fordert der Umweltverband. Diese seien viel widerstandsfähiger als Nadelholz-Monokulturen. Zudem sei eine andere, waldfreundliche Bejagung in den Wäldern notwendig: Aktuell gibt es Weiger zufolge so viel Rehwild wie noch nie in den Wäldern - neu ausgesäte Pflanzen würden in kürzester Zeit abgefressen.

«Die Jagd ist so zu gestalten, dass eine erfolgreiche natürliche Verjüngung und Wiederaufforstung von Laubbäumen und Tanne ohne Zaun möglich ist», lautet daher die BUND-Forderung. Es könne nicht sein, dass «jahrelange Bemühungen» von Förstern «aufgrund von Versäumnissen bei der Jagd immer wieder von Rehen und anderem Schalenwild vernichtet werden».

Weiterhin fordert der BUND mehr Forstpersonal. Der Stellenabbau räche sich zum Beispiel dann, wenn Fachkräfte fehlten, um etwa den Befall von Bäumen mit Borkenkäfern frühzeitig zu erkennen.

Rund 11,4 Millionen Hektar Deutschlands sind mit Wald bedeckt. Angesichts der massiven Waldschäden verlangte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) vom Finanzministerium, schnell Mittel aus dem Klimafonds für die Wiederaufforstung von Wäldern auszuzahlen.

«Wir brauchen massiv Geld aus dem Klimafonds, über eine halbe Milliarde Euro, um wieder aufzuforsten», sagte Klöckner der «Rheinischen Post» (Donnerstag). «Wer es mit dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit ernst meint, muss jetzt bereit sein, öffentliches Geld in die Hand zu nehmen.»

Anfang Juli hatte Klöckner ein Aufforstungsprogramm gefordert, das nach Schätzungen mehr als eine halbe Milliarde Euro kosten wird. Dem Agrarministerium zufolge werden mehrere Millionen Bäume benötigt, um den Verlust von insgesamt 110.000 Hektar Wald seit 2018 - hauptsächlich durch Dürre und Schädlinge wie den Borkenkäfer - auszugleichen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will dafür Geld aus dem Energie- und Klimafonds bereitstellen. 

Die Summe «reicht mit Sicherheit nicht», sagte Weiger. Die Mittel dienten in erster Linie dazu, den unmittelbaren Verlust der Waldbestände auszugleichen. «Aber der Umbau unserer Wälder wird natürlich wesentlich mehr kosten.» Die Kosten würden sicherlich in die Milliarden gehen, auch die Bundesländer seien hier gefordert.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte am Mittwoch im Bundestag: «Wir müssen endlich auch dafür sorgen, dass wir in Deutschland Wälder haben, die naturnah bewirtschaftet werden, dass wir nicht mehr Baumplantagen haben und Monokultur, die dazu führen, dass immer mehr Waldbrände entstehen.»

Auch der forstpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Karlheinz Busen, unterstützte die BUND-Forderung nach Mischwäldern und erklärte: «Wir brauchen ein Aufforstungsprogramm mit robusten Baumarten. Dazu müssen entweder nicht heimische, klimastabile Baumarten nach Deutschland geholt werden oder heimische Arten werden genetisch so modifiziert, dass sie der klimatischen Veränderung trotzen.» Auch ein stabiler Mischwald müsse allerdings naturnah bewirtschaftet werden.
dpa
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Kommentare 
Waldläufer schrieb am 25.07.2019 16:07 Uhrzustimmen(7) widersprechen(8)
Oh was können die Politiker plötzlich alle schön reden, als wenn sie Ahnung hätten von den Anforderungen an einen Zukunftswald ! Und wo melden sich eigentlich die über Jahrzehnte verantwortlichen Forstleute, die die meisten Jahre ihres Berufslebens damit verbracht haben, die Pflanzung von Fichten- Reinbeständen, also Monokulturen, zu propagieren und zu veranlassen ? Konnte man sich für die Nachkriegsaufforstungen noch damit entschuldigen, daß kein anderes Pflanzmaterial zur Verfügung gestanden haben soll, so sind doch in den darauf folgenden Jahrzehnten unentschuldbar immer wieder Fichten in großen Flächen gepflanzt worden. Und das noch dazu auf vollkommen ungeeigneten Standorten. Dieses hat mit der vielbesungenen Nachhaltigkeit der Deutschen Wälder nicht nur nichts zu tun, sondern hintertreibt eben diesen eigentlich guten Gedanken. Merke : zur Nachhaltigkeit gehört auch und vor allem die Beachtung der standörtlichen Gegebenheiten. Anders gesagt : wer eine ungeeignete Baumart auf einen noch dazu ungeeigneten Standort pflanzt, hat von Nachhaltigkeit und damit letzten Endes auch von Wirtschaftlichkeit keine Ahnung !
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