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29.07.2020 | 13:55 | Lebensmittelüberwachung 

Seltener Routine, öfter gezielt: Lebensmittelkontrollen neu geregelt

Berlin - Die Lebensmittelkontrollen in Deutschland sollen sich künftig verstärkt auf auffällige Betriebe mit Problemen konzentrieren.

Lebensmittelüberwachung
Damit Nahrungsmittel sicher sind, werden Unternehmen regelmäßig kontrolliert. Doch das Personal dafür ist knapp - daher sollen Problembetriebe künftig öfter Besuch bekommen und Routinekontrollen seltener werden. Verbraucherschützer halten davon wenig. (c) proplanta
Im Gegenzug soll es seltener Routinekontrollen geben als bisher, wie das Bundeskabinett am Mittwoch in Berlin beschloss. Das Bundeslandwirtschaftsministerium betonte, dass die Kontrolldichte insgesamt bestehen bleibe. Ministerin Julia Klöckner (CDU) erklärte, die Reform solle «den Überwachungsdruck in Problembetrieben durch zusätzliche Kontrollen erhöhen». Die für die amtliche Überwachung zuständigen Länder müssten sicherstellen, «dass Regelkontrollen weiterhin in einem angemessenen Umfang durchgeführt werden».

Der Bundesrat muss der geänderten Verordnung zustimmen, damit sie in Kraft treten kann. Klöckners Ministerium erklärte, die Länder hätten um die Überarbeitung gebeten, weil die bisherige Regelung «teilweise zu Häufigkeiten von Regelkontrollen führt, die dem Risiko nicht angemessen sind». Dadurch bleibe zu wenig Raum für anlassbezogene Kontrollen in Problembetrieben. Kritiker fordern, stattdessen für mehr Personal zu sorgen.

Die frühere Verbraucherschutzministerin Renate Künast nannte die neue Regelung «absolut kontraproduktiv». Lebensmittelskandale zeigten, wie wichtig eine gut funktionierende, unabhängige und unangekündigte Lebensmittelüberwachung sei, um Missstände zu entdecken und abzustellen, sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Überlastung und Defizite in diesem Bereich seien seit Jahren bekannt. «Bund und Länder müssen dafür sorgen, die Finanzierung und Organisation gut aufzustellen.»

Der Parlamentarische Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, Hans-Joachim Fuchtel (CDU), wies die Kritik als «scheinheilig und doppelzüngig» zurück. Es sei ein «parteiübergreifender und einstimmiger Beschluss der Länder» gewesen, die Verordnung entsprechend anzupassen. Die Grünen sind in 11 von 16 Bundesländern an der Regierung beteiligt.

Ähnlich wie Künast äußerte sich der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Klaus Müller. «Die meisten Lebensmittelüberwachungsbehörden können ihre Aufgaben jetzt schon kaum bewältigen und haben viel zu wenig Personal», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). «Dass eine Verlängerung der Kontrollintervalle zu einer besseren und effektiveren Lebensmittelüberwachung führt, ist zu bezweifeln.» Er forderte mehr Personal, mehr Kontrollen und mehr Transparenz bei den Ergebnissen.

Mit der Verordnung soll die Mindesthäufigkeit der Regelkontrollen etwa für Betriebe der höchsten Risikoklasse von arbeitstäglich auf mindestens wöchentlich gesenkt werden, die der Risikoklasse 2 von wöchentlich auf mindestens monatlich und der Risikoklasse 3 von monatlich auf mindestens vierteljährlich. In welche Risikokategorie ein Betrieb fällt, hängt von einer Punkteskala ab, die viele Kriterien berücksichtigt, etwa die Betriebsart, die Schulung der Mitarbeiter, Hygiene oder die Einhaltung von Kühlungsvorschriften.
dpa
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Kommentare 
Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie schrieb am 29.07.2020 15:21 Uhrzustimmen(7) widersprechen(3)
Der politisch mündige Bürger erlebt eine weitere Nebelkerze: schon jetzt hätten und haben die Lebensmittelkontrollbehörden (LMÜ) alle Möglichkeiten, risikobasiert und betriebsindividuell Kontrollfrequenzen anzupassen. Was nützt der ganze regulatorische Zirkus, wenn weite Teile der LMÜ faktisch seit Ende März (=Beginn des Corona-Lockdowns) heruntergefahren wurden, wie 14 von 16 Bundesländer kleinlaut auf eine Anfrage von "Report Mainz" kleinlaut zugeben mussten. Wer hat vorsorglich erst mal gar nicht geantwortet: NRW und Bayern. Ob das wohl etwas mit den Bundskanzler-Aspiranten Söder und Laschet zu tun hat?
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