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06.08.2020 | 17:15 | Transaktion 

Empörung über Verkauf von Agrar-Unternehmen an Aldi-Stiftung

Erfurt - Thüringens ehemaliger Bauernpräsident Klaus Kliem hat seine Agrargesellschaft Adib, die einige Tausend Hektar bewirtschaftet, an ein Unternehmen einer Aldi-Familienstiftung verkauft.

Aldi-Stiftung
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Eigentlich sollte dem Verkauf von Äckern und Wiesen an Großinvestoren in Thüringen ein Riegel vorgeschoben werden. Doch bevor das Gesetz fertig ist, verkauft Ex-Bauernpräsident Kliem Tausende Hektar an ein Aldi-Stiftungsunternehmen. (c) proplanta
Die Transaktion sei kürzlich erfolgt, sagte der Sprecher von Aldi Nord, Florian Scholbeck, am Donnerstag auf Anfrage. Er bestätigte damit einen Bericht von MDR Thüringen. Die Adib-Gruppe mit Hauptsitz in Bad Langensalza ist einer der größten Agrarbetriebe in Thüringen.

Ihr Verkauf an die Boscor Land- und Forstwirtschafts GmbH, die zur Lukas-Stiftung der Familie von Theo Albrecht gehört, stieß in Thüringen auf massive Kritik. Mehrheitsgesellschafter von Adib ist die Familie von Kliem, der mehr als zwei Jahrzehnte Thüringens Bauernpräsident war. Eigentlich wollte die rot-rot-grüne Regierungskoalition die Übernahme von Äckern und Weiden durch Großinvestoren verhindern. Noch fehlt aber das dafür angekündigte Gesetz.

Weder zu dem Verkauf noch zur Größe der Firma und der bewirtschafteten Fläche wollten Mitarbeiter der Adib GmbH auf Anfrage Angaben machen. Kliem war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Nach eigenen Angaben hat die Gruppe derzeit etwa 270 Mitarbeiter - in der Vergangenheit wurden bis zu 350 Beschäftigte genannt.

Nach Angaben des Sprechers von Aldi Nord ist nicht geplant, das Thüringer Agrar-Unternehmen als Lieferanten für das Discountgeschäft aufzubauen. «Das schließe ich aus», sagte Scholbeck. Die Familienstiftung habe begonnen, in die Landwirtschaft zu investieren.

«Sie hat damit ein Interesse, dass sich der Betrieb in Thüringen gut entwickelt. Das ist ein wirtschaftlicher Betrieb, aber es geht nicht um gnadenlose Gewinnmaximierung.» Zum Kaufpreis machten weder er noch Adib Angaben.

Thüringens Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) sieht Probleme durch eine Konzentration von Marktmacht in den Händen weniger Unternehmen und den Preisanstieg für Agrarflächen. Dass gerade der heutige Ehrenpräsident des Thüringer Bauernverbandes gemeinsam mit seinen Gesellschaftern der Adib GmbH das Unternehmen mit allen Töchtern und etwa 6000 Hektar Landwirtschaftsfläche letztlich an einen Discounter verkaufe, sei unverantwortlich, so Hoff. Zumal Aldi seine Marktmacht seit Jahren zum Nachteil von Bauern ausspiele.

Enttäuscht äußerte sich auch der Thüringer Bauernverband, der gleichzeitig auf Verdienste von Kliem in der Vergangenheit verwies.

Hoff erklärte, von einem langjährigen Bauernverbandspräsidenten habe er erwartet, «dass er die Bedürfnisse des Thüringer Bauernstandes mit seinen privaten Gewinninteressen in Ausgleich bringt».

Die Aktion zeige die Bedeutung des geplanten Thüringer Agrarstrukturgesetzes, um Preisspekulationen mit landwirtschaftlichen Flächen zu erschweren und heimische Betriebe zu stärken. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft forderte Tempo bei der Regulierung des Bodenmarktes. Nötig seien Genehmigungsverfahren, eine Ausschreibungspflicht und ein Vorkaufsrecht für bäuerliche Betriebe vor Investoren.

Der Agrarpolitiker der CDU-Landtagsfraktion, Marcus Malsch, sieht jetzt Hoff im Zugzwang. Seit zwei Jahren würde ein Agrarstrukturgesetz angekündigt. «Hier muss Landwirtschaftsminister Hoff endlich liefern.»

Nach MDR-Informationen hat die Transaktion ein Volumen von rund 40 Millionen Euro - darin enthalten sei auch die Übernahme von Altschulden in Millionenhöhe, berichtete der Sender. Die Adib GmbH würde um Bad Langensalza rund 4.000 Hektar Fläche bewirtschaften, von der ihr 1.500 Hektar gehörten, der Rest sei gepachtet. Zu dem Thüringer Agar-Unternehmen gehörte auch die Dröbitschauer Agrargesellschaft in Ostthüringen mit 1.800 Hektar. Alle rund 60 Gesellschafter der Adib hätten dem Verkauf zugestimmt, berichtete MDR Thüringen.
dpa/th
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Kommentare 
deereblau schrieb am 08.08.2020 19:57 Uhrzustimmen(19) widersprechen(6)
wie kann ein ehemals besitzloser genosse so schnell in so einen grundbesitz kommen,war da jesus mit seinen wundern am werk????
agricola pro agricolas schrieb am 07.08.2020 08:26 Uhrzustimmen(31) widersprechen(8)
Eines darf man dem ehemaligen Bauernpräsidenten zugutehalten: Er hat mit seinem vor nicht allzu langer Zeit überaus clever, weil weit vorausschauend, zu absoluten Ramschpreisen erstandenes Volkseigentum, das er und seine Geschäftspartner im Zuge dessen privatisierten, indem er/sie sich die eigenen Hosentaschen wohlüberlegt vollstopften, was nur reinging, jetzt an eben jenen Oligarchen veräußert, der auch sein eigenes gigantisches Familienvermögen auf dem Rücken der Bauern in nur einer Generation systematisch anzuhäufen wusste. - Die Parallelen im Hinblick auf eine solche ausgeklügelte Geschäftstüchtigkeit sind unverkennbar.

Eine Grunderwerbssteuerpflicht ist für unsere „Stiftungs-Wohltäter“ selbstredend ein Fremdwort, diese zahlen nur die unkreativ veranlagten „dummen Anderen“!

Aldi, nun selbst ein großer Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte, wird damit wohl ein Läuterung erfahren, dass unsere bäuerlichen Roherzeugnisse künftig nicht auf Ramschpreisniveau „verklopft“ werden können. - Das Bundesverdienstkreuz hierfür der Familie Kliem u. Geschäftspartner für ein solch uneigennützig „richtungsweisendes soziales Engagement“!

Ja, zudem ein völlig neuer Schritt, dem Strukturwandel in der Landwirtschaft erfolgreich zu begegnen! Genau eben diese Vorzeigebetriebe in staatstragender Verantwortung müssen sich aber wirklich nicht mit dem Prämien-Moloch herumärgern, bereitet dieses Mammut-Regelwerk von Cross Compliance vielen Bauern doch sehr häufig atemraubend ungesunde schlaflose Nächte. Alljährlich wiederkehrende Subventionen sind für eben diese ökonomischen Größen, die ihre Leistungsfähigkeit nicht erneut unter Beweis stellen müssen, mithin vollumfänglich verzichtbar.

Ist Herr Kliem vielleicht jetzt gar als großer Wohltäter bereit zu teilen mit den Flächeneigentümern vor 1945!?

Wie viele außerlandwirtschaftliche Investoren stehen bereits mit weiteren Funktionären in Verhandlung, um ähnliche „(Un)Rechtsgeschäfte“ tätigen zu wollen...!? Auf der einen Seite selbiges meisterliches Steuersparprogramm kann auf der anderen Seite nicht mit fresswütigen zusätzlichen Begehrlichkeiten aus der Staatsschatulle Jahr um Jahr obendrauf belohnt werden!!! - Hierzu muss sich der Bauernverband im Nachgang ganz eindeutig positionieren.

40 Jahre lang galt der Spruch: „Junkerland in Bauernhand“; jetzt wird eine neue Ära eingeläutet mit dem Aufruf „Junkerland in Stiftungshand“!

Wie begegnet die Aldi-Manageretage einer eventuell fortdauernden Trockenheit infolge eines rasant voranschreitenden Klimawandels? - Geraten die hungrigen Kunden-Bäuchlein sodann flugs in Vergessenheit und man verkauft sodann nur noch Strom in Vorreiterrolle, die Energiewende öffnet hier jedenfalls Tür und Tor, es kann/darf ordentlich vorgelegt werden. Wenn man die Aldi-Filialen anschaut, gewinnt man heute bereits den Eindruck, dass man bestens Bescheid weiß, wie man dahingehend optimiert...
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