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05.02.2021 | 06:16 | Dauerstreit  

Insektenschutz: Steigt Druck der Bauern auf Schulze und Bund?

Stuttgart / Berlin / Hannover - Im Streit um ein Gesetzpaket zum Insektenschutz erhöhen die Bauern sowie mehrere Agrarminister der Union den Druck auf Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und schalten das Kanzleramt ein.

Insektenschutz-Gesetz
Mit einem «Aktionsprogramm Insektenschutz» will die Bundesregierung gegen «Lichtverschmutzung» angehen und Schutzzonen einrichten. Umweltministerin Schulze sieht sich aber einem Dauerstreit mit einer Kabinettskollegin ausgesetzt, auch aus dem Südwesten kommt Kritik. (c) proplanta
Das Paket aus Insektenschutzgesetz und sogenannter Pflanzenschutzanwendungs-Verordnung, dessen Entwurf am kommenden Mittwoch (10. Februar) vom Bundeskabinett beschlossen werden soll, habe weitreichende Konsequenzen, heißt es in einem Brief des Deutschen Bauernverbands an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Es belaste zudem das Verhältnis zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.

«Das Regelungspaket fokussiert einseitig auf gesetzgeberische Auflagen und lässt jeglichen Ansatz für eine stärkere Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz vermissen», kritisieren DBV-Präsident Joachim Rukwied, alle Landesbauernpräsidenten sowie mehr als 90 Kreisvorsitzende aus besonders betroffenen Gebieten. Sie forderten eine «deutliche Aufarbeitung» des Entwurfs, der die Landwirtschaft beeinträchtige und keinen Mehrwert für den Insektenschutz liefere. Bauern würden zudem nicht entschädigt für Auflagen, die zur Anwendung von Insektiziden gemacht werden sollten.

Massive Bedenken äußern auch die Landwirtschaftsminister aus Baden-Württemberg und Bayern, Peter Hauk (CDU) und Michaela Kaniber (CSU), und ihre niedersächsische Ressortkollegin Barbara Otte-Kinast (CDU) in einem gemeinsamen Brief an Merkel. Die drei zeigten sich besorgt wegen der Pläne des Bundes, mit dem Insektenschutzgesetz in Natura 2000-Schutzgebieten ein Verbot von Schädlings- und Unkrautbekämpfungsmitteln sowie von Insektenvernichtungsmitteln einzuführen. Sie benannten zudem Alternativen zu einem reduzierten Einsatz der Bekämpfungsmittel in den Bundesländern.

Der Entwurf sei nicht tragbar, sagte Hauk am Donnerstag. Vor allem das geplante Herbizid- und Insektizidverbot in den geschützten FFH-Gebieten (Fauna-Flora-Habitat) schränke die Bewirtschaftung stark ein. Im Weinbau seien rund 15.000 Hektar betroffen, das sei ein Großteil der Weingüter und -kellereien, Weingärtner und Winzergenossenschaften. «Durch das Herbizidverbot in FFH-Gebieten stünde der in Baden-Württemberg traditionelle Steillagenweinbau vor dem Aus», sagte Hauk. Insektizide müssten vor allem gegen invasive Schädlinge eingesetzt werden. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in FFH- und auch in Vogelschutzgebieten müsse von den Ländern geregelt werden, forderte Hauk.

Auch Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) gehen die zu erwartenden Einschränkungen in der Landwirtschaft zu weit. Nach dpa-Informationen bemüht sich das Bundeskanzleramt derzeit um eine Einigung zwischen Agrar- und Umweltministerium.

Den Schutz der Bienen hat sich die schwarz-rote Bundesregierung in den Koalitionsvertrag geschrieben, nachdem Studien zum Insektensterben die Deutschen alarmiert hatten. Als Bestäuber von Pflanzen und Beute für Vögel und andere Tiere haben Insekten extrem wichtige Funktionen im Ökosystem. Sterben sie, gerät das gesamte Gleichgewicht der Natur aus den Fugen. Vergangenen Herbst einigte sich die Regierung deshalb auf ein «Aktionsprogramm», das Schulze zur Abstimmung im Kabinett vorgelegt hat. Es soll den Rechtsrahmen für den Insektenschutz und die Minderung des Glyphosateinsatzes setzen.

Mit ihrem Entwurf setzt Schulze um, was das Kabinett bereits mit dem Aktionsprogramm beschlossen hatte. Es geht insbesondere darum, Lichtverschmutzung zu reduzieren, Schutzzonen auszuweiten und den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Geplant ist unter anderem ein Pflicht-Abstand zwischen größeren Gewässern und Flächen, auf denen Unkrautgift eingesetzt wird. Bestimmte Wiesen, Streuobstbestände, Steinwälle und unverputzte Mauern sollen als Biotope besonders geschützt sein. In Naturschutzgebieten und Nationalparks sollen bestimmte Insektengifte und Holzschutzmittel tabu sein.

Schulze verteidigte am Donnerstag trotz der lautstarken Kritik erneut ihren Entwurf und drängte auf eine schnelle Umsetzung. «Das Gesetz muss noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden. Mir dauert das alles schon viel zu lange», sagte sie der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Die Landwirtschaft in Deutschland müsse insektenfreundlicher werden. Das sei auch im Sinne der Bauern. «Ohne Insekten keine Landwirtschaft.»

Unterstützung erhielt sich von der Naturschutzorganisation World Wide Fund For Nature (WWF). «Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung das Insektenschutzgesetz auf den Weg bringt», sagte deren Naturschutzvorstand Christoph Heinrich. «Jedes Spiel auf Zeit verschlechtert die Lebensbedingungen von Insekten wie Wildbienen, Faltern oder Käfern. Ihre Bestände schrumpfen weiter.»
dpa
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Kommentare 
deereblau schrieb am 07.02.2021 17:35 Uhrzustimmen(45) widersprechen(3)
als die dinos ausstarben hat es noch keine bauern gegeben,sonst wären die schuld!!!!
maximilian schrieb am 05.02.2021 17:21 Uhrzustimmen(44) widersprechen(43)
Warum durch den Schutz von Insekten Existenzen und Familien vernichtet werden sollen, ist nicht einleuchtend.
Insekten sind ein Teil der Natur, die es immer schon gab.
Mit einer naturnahen, angepassten Wirtschaftsweise werden Existenzen und Familien weiterbestehen. Und die Insekten auch.
Das Gegeneinander von Existenzen und Familien und Insekten wird von der profitgierigen Agrarwirtschaft künstlich erzeugt.
Bernd schrieb am 05.02.2021 06:37 Uhrzustimmen(60) widersprechen(19)
Meiner Meinung nach reiner Lobbyismus der Grünen und Ökos. Wenn die Flächen nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden, kommen die Naturschutzverbände und übernehmen die Flächen und kassieren die Subventionen der EU ein. Im Newsletter hat sich der BUND schon offiziell dazu bekannt, dass er bis zu 15000€/ha bezahlen muss. Warum eigentlich, wenn es doch auch anders geht. Dass dadurch Familien und Existenzen zu Grunde gehen spielt keine Rolle. Hauptsache der Rubel rollt.
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