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18.06.2022 | 00:49 | Nutztierhaltung 

Wenige Tierschutzkontrollen aber viele Beanstandungen in Bayern

München - In den Ställen bayerischer Bauernhöfe geht es beim Tierwohl häufig nicht mit rechten Dingen zu.

Tierhaltungskontrollen
In Bayerns Ställen wird wenig kontrolliert. Dafür wird sehr viel beanstandet. So sind etwa 40 Prozent aller kontrollierten Schweinehaltungen nicht einwandfrei. Die Grünen wollen daher mehr und bessere Kontrollen. (c) proplanta
Im Jahr 2021 seien Verstöße bei Tierschutzkontrollen in etwa 41 Prozent der Schweinehaltungen und etwa 40 Prozent der Kälberhaltungen festgestellt worden, teilte das Umweltministerium in München auf Anfrage der Grünen mit.

Bei Legehennenhaltungen sei es in 15 Prozent der Kontrollen zu Beanstandungen gekommen, bei Masthühnern in 19 Prozent der Fälle. Bei den sonstigen erfassten Tierhaltungen, zu denen auch Rinderhaltungen gehören, seien 38 Prozent der kontrollierten Betriebe beanstandet worden.

«Beanstandet werden hier beispielsweise Mängel bei der Versorgung mit Futter und Wasser oder auch zu wenig Platz pro Tier», sagte die Grünen-Agrarexpertin im Landtag, Rosi Steinberger. «Das Erschütternde daran ist, dass bayerische Betriebe im Durchschnitt nur alle 48 Jahre kontrolliert werden», betonte sie unter Berufung auf Zahlen der Bundesregierung aus dem Jahr 2018.

Die Grünen hatten bereits zuvor ein Ende der Massentierhaltung in Bayern gefordert. «Wir müssen von unseren hohen Tierzahlen in Bayern runter und wir müssen besseres Fleisch erzeugen», sagte deren Sprecher für Tierwohl, Paul Knoblach, im Bayerischen Rundfunk. Dies solle durch staatliche Hilfen an die Bauern ermöglicht werden.

Dies wiederum wurde von den Freien Wählern kritisiert. Die Grünen in Bayern agierten weltfremd und an der über Jahrhunderte gewachsenen Landwirtschaft in Bayern vorbei. Mit ihrer Forderung zum Ende der Massentierhaltung würden sie die Realität der Landwirtschaft im Freistaat verkennen - die kleinbäuerlichen Strukturen im ländlichen Raum. «Dort findet sich sicher keine Massentierhaltung, sondern vielmehr ein respektvoller Umgang mit Nutztieren», sagte der Vorsitzende des Agrarausschusses im Landtag, Lepold Herz (Freie Wähler).

Den Grünen zufolge führen allerdings derzeitige Haltungsbedingungen oft zur Überforderung von Tieren. Sie verletzten sich teils gegenseitig, erkrankten durch schnelles Wachstum oder hohe Milchleistung, durch harte Liegeflächen oder unhygienische Bedingungen. «Leider sind das oft Probleme, die das Wohlbefinden der Tiere deutlich beeinflussen», sagte Steinberger.

«Eine Überbelegung der Ställe oder drastische Hygienemängel sind auch für Tiere eine immense Belastung.» Schon die Mindestanforderungen würden häufig nicht eingehalten. Und diese reichten für eine wirklich tiergerechte Haltung oft gar nicht aus.

«Bei so seltenen Kontrollen und so hohen Beanstandungsquoten müssen wir von vielen Tierschutzverstößen ausgehen, die bis heute nicht entdeckt sind», sagte die Grünen-Politikerin. «Dabei würden manche Betriebe vielleicht einfach nur Unterstützungsangebote durch landwirtschaftliche Beratung brauchen.» Sie warf der Staatsregierung in dieser Frage «Versagen auf ganzer Linie» vor.

«Die Zahlen zeigen, dass die Staatsregierung kaum etwas dafür tut, um effektive Tierschutzkontrollen sicherzustellen. Wir brauchen deutlich mehr Personal in den zuständigen Veterinärämtern und eine genaue Datenerfassung, damit wenigstens die Mindestanforderungen beim Tierschutz eingehalten werden», forderte Steinberger. Bayern brauche häufiger und bessere Kontrollen zum Tierschutz.
dpa
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Kommentare 
Arnold Krämer schrieb am 20.06.2022 15:46 Uhrzustimmen(19) widersprechen(6)
Interessant wäre schon die Zuordnung der Beanstandungen zu Bio oder Konvi. Ist der selbstvergebene Heiligenschein der Bio-Betriebe gerechtfertigt?

Ansonsten ist es an der Zeit alle, aber auch wirklich alle Betriebe abzugleichen hinsichtlich genehmigter Stallplätze und gehaltener bzw. an Berufsgenossenschaft bzw. Tierseuchenkasse gemeldeter Bestände. Da gibt es keine Ermessensspielräume sondern nur Fakten und der Übereifer von einzelnen Behörden und Prüfern spielt keine Rolle.
maximilian schrieb am 19.06.2022 18:06 Uhrzustimmen(5) widersprechen(20)
Der Platzmangel in der bayerischen Nutztierhaltung ist keineswegs nur marginal; im Gegenteil, er ist weit verbreitet, weil typisch für die industrialisierte Tierhaltung. Z.B. das viel zu geringe Platzangebot für Schweine, und für Milchkühe in der länger anhaltenden oder ganzjährigen Anbindung.
maximilian schrieb am 18.06.2022 18:41 Uhrzustimmen(8) widersprechen(24)
Entweder ist Leopold Herz ahnungslos oder er ignoriert bewusst die Tiermisshandlungen in bayerischen Stallungen.
Maßstab ist das 'Tierschutzgesetz, nicht die Tradition, und nicht die Betriebsgrüße. Dass es auch in den kleinbäuerlichen Familienbetrieben zu schweren und fortgesetzten Misshandlungen von Tieren kommt, zeigt die länger andauernde oder ganzjährige Anbindehaltung.
Martinius schrieb am 18.06.2022 15:37 Uhrzustimmen(33) widersprechen(6)
geschickte Rhetorik der Grünen sollte man nicht unterstützen!
Nach der Anzahl der festgestellten Verstöße kommt unmittelbar das "beispielsweise" der Abgeordneten. Das suggeriert dem unbedarften Leser, dass diese Mängel dominieren. Tatsächlich dürften diese nur marginal auftreten.
Auch das immer noch fachlich falsche Zitat der Bundesregierung mit den "48 Jahren" unkommentiert zu übernehmen, ist ungut; damit läuft der Redakteur Gefahr, sich selbst zum Verbreiter unwahrer Sachverhalte zu machen- und ebenso unangebrachter Forderungen: Es ist doch nicht ein Mangel an Personal (Quantität) bei den Kontrollbehörden, sondern regional eher einer der Qualität.
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