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08.08.2022 | 14:39 | Tiermedizin 

Antibiotikaabgabe an Tierärzte sinkt 2021 deutlich

Berlin - Die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika in Deutschland ist im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen. Das meldet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in seiner jährlichen Auswertung.

Antibiotika-Verwendung
Gesamtmenge der an Tierärzt*innen abgegebenen Antibiotika hat sich gegenüber Vorjahr um 100 Tonnen verringert. (c) Budimir Jevtic - fotolia.com
Die Abgabemenge sank im Vergleich zum Vorjahr um 100 Tonnen auf 601 Tonnen (minus 14,3 Prozent). Betrachtet man den Zeitraum seit Beginn der Erfassung, im Jahr 2011, ist die abgegebene Antibiotikamenge um 65 Prozent gesunken.

Erfreulich ist vor allem, dass die abgegebenen Mengen der für die Therapie beim Menschen kritisch wichtigen Fluorchinolone, Cephalosporine der 3. und 4. Generation und für Colistin auf den jeweils niedrigsten Wert seit 2011 sanken.

In Zahlen:
• Die Abgabemenge der Fluorchinolone ist im Vergleich zum Vorjahr um ca. 0,8 Tonnen auf 5,6 Tonnen gesunken, das entspricht einer Reduktion von rd. 13 Prozent;
• die der Cephalosporine der 3. und 4. Generation auf 1,2 Tonnen (minus 0,098 Tonnen bzw. minus 7,7 Prozent).
• Für Polypeptid-Antibiotika (hierbei handelt es sich überwiegend um Colistin) ist die Abgabemenge ebenfalls gesunken (Gesamtmenge im Jahr 2021 rund 51,3 Tonnen, minus 8,8 Tonnen bzw. minus 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

Dazu erklärt die Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Silvia Bender: „Die aktuellen Zahlen sind für uns Ansporn, den Einsatz von Antibiotika dauerhaft zu senken. Besonders der Rückgang der Abgabemengen für die sogenannten Reserveantibiotika ist zu begrüßen. Im Juli hat das Bundeskabinett die von Bundesminister Cem Özdemir vorgelegte Änderung des Tierarzneimittelgesetzes beschlossen.

Damit schärfen wir das derzeit geltende Antibiotika-Minimierungskonzept nach. Für Colistin, Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. und 4. Generation wird zum Beispiel ein Wichtungsfaktor in das Antibiotika-Minimierungskonzept aufgenommen. Für Tierärzte und Tierhalter wird damit das Signal gesetzt, die Anwendung dieser Antibiotika mit kritischer Bedeutung auf das unvermeidbare Minimum zu reduzieren.“

Wie in den Vorjahren stellen Penicilline und Tetrazykline den Hauptanteil der abgegebenen Antibiotika dar. Bei diesen Wirkstoffklassen ist im Vergleich zum Vorjahr eine Reduktion um rund 43 Tonnen (Penicilline) bzw. um rund 23 Tonnen (Tetrazykline) im Vergleich zum Vor¬jahr zu verzeichnen. Bei den Sulfonamiden beträgt der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr 1,7 Tonnen.

Die Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen stellt eine globale Bedrohung dar, in der Human- und in der Veterinärmedizin. Um der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen („Stille Pandemie“) entgegenzuwirken, sind angesichts der grenzüberschreitenden Problematik neben nationalen auch europäische Vorschriften dringend notwendig. Das BMEL setzt sich deshalb aktuell auf EU-Ebene dafür ein, dass im europäischen Tierarzneimittelrecht noch ausstehende Regelungen schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden, die weitere europaweite Restriktionen für die Antibiotika-Anwendung bei Tieren vorsehen.

Weitergehende Informationen

Seit dem Jahr 2011 sind pharmazeutische Unternehmen und Großhändler gesetzlich dazu verpflichtet, die Mengen an Antibiotika, die jährlich an Tierärztinnen und Tierärzte in Deutschland abgeben werden, zu melden - direkt an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Die Gesamtabgabemenge lässt sich nicht einzelnen Tierarten zuordnen, da die Mehrzahl der betreffenden Tierarzneimittel für mehrere Tierarten zugelassen ist. Ein Grund für die gesunkene Abgabemenge könnte der Rückgang der Tierzahlen in der landwirtschaftlichen Tierhaltung insbesondere bei Schweinen sein.
BMEL
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Kommentare 
A. Fischer schrieb am 09.08.2022 10:14 Uhrzustimmen(2) widersprechen(11)
Über 50 Tonnen Colistin in den Tieren, im Abwasser, im Kot,
schämt EUCH.

Seit dem Jahr 2017 wird Colistin von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu den „highest priority critically important antimicrobials“ gezählt. Dies sind Wirkstoffe mit der höchsten Priorität in der Gruppe der besonders wichtigen Antibiotika.

Dieses Mittel + ... hat NICHTS im Stall verloren!

"Massenhafter Einsatz von Reserveantibiotika in Massentierhaltung
Neuer Behördenbericht bestätigt:
Colistin und Makrolide -
zwei für den Menschen besonders wichtige Reserveantibiotika - werden in großen Mengen Tieren verabreicht / Risiko von Resistenzen gegen Reserveantibiotika steigt"
Aus:
https://www.germanwatch.org/de/16760

"Der zweite, in der Tiermedizin relevante Wirkstoff aus der Reserve-Kategorie ist Colistin. Dieses Medikament ist aufgrund seiner guten Wirksamkeit gegen spezielle Infektionserreger trotz schlechter Verträglichkeit im Humansektor zur absoluten „Reserve“ aufgestiegen – und wird von Humanmedizinern inzwischen auch
exklusiv für Menschen reklamiert."
Aus:
https://www.wir-sind-tierarzt.de/2017/06/who-liste-reserveantibiotika/


Da sind die Massentierhalter/innen ganz sicher mit daran Schuld.
"Europa: 33.000 Tote jährlich durch resistente Erreger.
...
Seit 2007 hat sich die Zahl der Infektionen durch resistente Keime deutlich erhöht. Allein im Jahr 2015 gab es gut 670.000 Infektionen mit diesen resistenten Bakterien in Europa."
Aus:
https://www.scinexx.de/news/medizin/europa-33-000-tote-jaehrlich-durch-resistente-erreger/

Was bedeutet es solch eine Infektion überlebt zu haben.
Nicht selten sind Menschen danach bis zu 100% schwerbeschädigt.
Haben unzählige Operationen hinter sich.

"Die MRSA-Behandlung dauert in der Regel ca. 2 Wochen.
Bei Vorliegen von Risikofak- toren (z.B. chronische Wunden, Fremdkörper wie Katheter, Antibiotika) muss zunächst der Risikofaktor kuriert werden, sodass in seltenen Fällen die MRSA-Behandlung
erst nach 2 oder 3 Jahren erfolgreich sein kann."
https://www.kvberlin.de/fileadmin/user_upload/qs_hygiene/hygiene_mrsa_merkblatt_sanierung.pdf
Dr. Gero Beckmann, Fachtierarzt für Mikrobiologie schrieb am 08.08.2022 16:38 Uhrzustimmen(9) widersprechen(2)
Unstrittig haben die Aktivitäten des Gesetzgebers etwas bewirkt. Aber auch zum Preis überbordender Dokumentationspflichten. Meine Kollegen in der Großtierpraxis können ein Lied davon singen....

Was in den "Erfolgsmeldungen" fehlt, sind konkrete Abschätzungen oder bestenfalls sogar Belege, wie viele Antibiotika-Anwendungen tatsächlich rational waren. EINZIGE Rationale kann nur sein, den/die vermutlichen Erreger zu isolieren und vermittels Antibiogramm IN VITRO auf Wirksamkeit zu testen.
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