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20.09.2021 | 04:29 | Schweinekrise 

Absage an Ausstiegsprämien für Schweinehalter

Bonn / Berlin/ Hannover / Koblenz - In Deutschland gibt es derzeit offenbar keine Perspektive für ein Programm zur Unterstützung von ausstiegswilligen Schweinehaltern.

Schlachtschweinemarkt
Teilnehmer des Branchengesprächs zur Krise am Schweinemarkt sehen keinen Sinn in einer Ausstiegsförderung - Offensive zur Absatzförderung wird allseits unterstützt - CDU-Agrarministerinnen fordern Erarbeitung einer Branchenstrategie – Der Bauernverband hält Unterstützung durch weitere Corona-Hilfen für entscheidend. (c) proplanta
Das ist ein Ergebnis des „Branchengesprächs Fleisch“, bei dem sich Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und die Agrarministerinnen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Ursula Heinen-Esser und Barbara Otte-Kinast, am vergangenen Mittwoch (15.9.) mit Vertretern der Erzeuger, der Verarbeiter und des Lebensmittelhandels zur Krise am Schweinemarkt ausgetauscht haben.

„Wir haben uns über Ausstiegsprämien intensiv unterhalten“, berichtete Klöckner im Anschluss. Die Teilnehmer seien sich darüber einig gewesen, dass die Prämien ein falsches Signal an die junge Generation senden würden und die wegfallende Produktionskapazität durch Importe ersetzt würde. Einigkeit herrschte laut Klöckner auch im Wunsch nach einer Offensive der Absatzförderung. In diesem Zusammenhang mahnte die Bundesministerin aber zur Vorsicht. Die Preise dürften nicht dermaßen in den Keller gehen, „dass man da psychologisch nicht mehr rauskommt“.

Es gehe um die Wertschätzung für Lebensmittel. Alle drei CDU-Ministerinnen haben nach Klöckners Angaben die Akteure zur Erarbeitung einer Branchenstrategie nach dem Vorbild des Milchsektors aufgefordert. Laut Heinen-Esser haben sich alle Teilnehmer des Gespräches zudem zu den Empfehlungen der Borchert-Kommission zum Umbau der Nutztierhaltung bekannt.

Die Bedeutung von langfristigen Leitplanken für die Entwicklung der Tierhaltung dürfe nicht unterschätzt werden, so die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin. Diskutiert wurde nach ihren Worten auch der Wunsch nach einer Agrarmarketinggesellschaft nach dem Vorbild der früheren Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA). Diese könnte die Erzeuger aus allen Branchen wieder mehr auf Augenhöhe mit dem Handel bringen und einen direkteren Kontakt zum Verbraucher ermöglichen.

Unterstützung durch die Finanzverwaltung



Die schweinehaltenden Betriebe können Otte-Kinast zufolge mit Unterstützung durch die Finanzverwaltung rechnen. Die niedersächsischen Finanzämter hätten zugesagt, die besondere Situation der Landwirte angemessen zu berücksichtigen; in anderen Länder sei ähnliches zu erwarten.

Im Rahmen von Billigkeitsmaßnahmen gebe es „jede Menge“ Optionen, so die niedersächsische Ressortchefin. Sie nannte die Herabsetzung der Vorauszahlungen, die Stundung oder den Erlass von Steuerforderungen sowie einen Vollstreckungsaufschub. Die Betroffenen sollten frühzeitig den Kontakt mit dem jeweiligen Finanzamt suchen.

Schnelle und unbürokratische Hilfe gefordert



Im Vorfeld des Branchengesprächs hatten die landwirtschaftlichen Verbände schnelle Unterstützung für die betroffenen Tierhalter gefordert. „Es ist jetzt entscheidend, dass die Bauern weiter mit den Corona-Hilfen unterstützt werden, und zwar schnell und unbürokratisch“, erklärte der Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Hubertus Beringmeier. Der Bauernverband fordert zudem zinslose Steuerstundungen sowie ein Moratorium für sämtliche geplanten gesetzlichen Verschärfungen und Belastungen.

„Inakzeptabel“ ist es laut Beringmeier, dass die Vermarktungskette jegliche Belastung durch die Corona-Krise auf die Erzeuger abwälzt. Jetzt komme es darauf an, dass sich Handel, Verarbeiter und Großverbraucher auf eine Vermarktung von deutschem Schweinefleisch mit einer „5D“-Kennzeichnung einigten.

Auch der Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Walter Heidl, forderte von allen Verantwortlichen „schnelle und konkrete Beiträge“ zur Verbesserung der Situation der Schweinehalter. Für den BBV ist ebenfalls ein Bekenntnis der deutschen Marktakteure zur heimischen Herkunft besonders wichtig. Das müsse sowohl im LEH als auch im Außer-Haus-Verzehr umgesetzt und aktiv beworben werden, so Heidl.

Falsche Rahmenbedingungen



Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) wies derweil daraufhin, dass die aktuelle Krise anders zu bewerten sei als der „normale Schweinezyklus“. Es handele sich auch um das Ergebnis falscher agrarpolitischer Rahmenbedingungen. „Jahrzehntelang wurden den Bäuerinnen und Bauern Hoffnungen gemacht, dass die großen Chancen im Exportmarkt liegen“, erklärte der AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz. Er forderte den Lebensmitteleinzelhandel auf, nach den Bekenntnissen zur deutschen Schweinehaltung jetzt auch Taten folgen zu lassen. „Lockangebote zu Ramschpreisen“ hält Schulz indes für den falschen Weg.

Unionsagrarier unterstützen Abverkaufsaktionen



Maßgebliche Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatten sich im Vorfeld des Branchengespräches ebenfalls für die betroffenen Tierhalter stark gemacht. In einem Schreiben an Klöckner baten die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gitta Connemann, der agrarpolitische Sprecher Albert Stegemann und die Tierschutzbeauftragte Silvia Breher darum, verschiedene Maßnahmen zur Entlastung zu prüfen.

Auch die Unionsagrarier sehen Bedarf für Absatzimpulse durch den Lebensmitteleinzelhandel und wollen dazu auf Abverkaufsaktionen setzen. Außerdem soll sich Klöckner für eine Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Betriebe bei der Verlängerung der Corona-Überbrückungshilfen stark machen und sich dafür einsetzen, dass entsprechende Anträge schneller bearbeitet werden und die Pandemie als Ursache des Absatzrückgangs anerkannt wird.

Um die Liquidität der betroffenen Tierhalter zu sichern, sollten nach Ansicht der Unionsabgeordneten zudem steuerliche Instrumente genutzt werden. Ebenfalls unterstützt wird von Connemann, Stegemann und Breher die „5D“-Strategie. Da diese Maßnahme jedoch aus europarechtlichen Gründen nicht gesetzlich verankert werden könne, wollen die Abgeordneten auf eine freiwillige Selbstverpflichtung setzen. Sie sehen Lebensmittelhandel, Gastronomie und ein „nachhaltiges Verwaltungshandeln im Bereich der Kantinen und Gemeinschaftsverpflegung“ gefragt“.
AgE
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