Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
03.11.2019 | 01:23

Merkel sieht gute Chancen in Indien

Wirtschaftsbeziehungen
Innovative Technologien, erneuerbare Energien und Fachkräfte - in solchen Themen wollen Deutschland und Indien künftig stärker zusammenarbeiten. Nun macht sich die Kanzlerin für ein Freihandelsabkommen mit dem 1,3-Milliarden-Einwohner-Land stark. (c) Edyta Pawlowska - fotolia.com

Elektro-Rikschas: Indiens chaotischer Weg in die E-Mobilität



Eine Rikscha, die einer vorne zieht - das war gestern. Im modernen Indien setzen immer mehr Fahrer auf Elektro-Rikschas. Indiens Weg Richtung nachhaltige Mobilität ist chaotisch, improvisiert - und er zeigt Probleme und Lösungen. Die Kanzlerin schaute sich das an.

Wer in Indiens Hauptstadt Neu Delhi günstig die letzten Kilometer zurücklegen will, fährt elektrisch. Genauer gesagt mit Elektro-Rikschas. Die schaute sich Kanzlerin Angela Merkel während ihrer Indien-Reise am Samstag auch an. Könnten die Elektro-Taxis helfen, unseren CO2-Ausstoß zu verringern und unsere Klimaziele zu erreichen?

In Indien nutzen Schätzungen zufolge 60 Millionen Menschen jeden Tag die mindestens 1,5 Millionen bunten Elektro-Taxis. Und es werden immer mehr. Viele warten bei Metro-Stationen und von dort aus kosten die Passagiere die zwei, drei Kilometer bis zur Arbeit gerade mal ein paar Rupien, umgerechnet also nur einige Cents. Für sie ist das um ein Vielfaches günstiger als die mit Benzin betriebenen schnelleren Rikschas.

Die Kanzlerin besuchte mit einer Delegation und einem Tross Journalisten eine Metrostation in Neu Delhi und sprach dort einen E-Rikscha-Fahrer an. Wie weit denn die Reichweite sei, wollte sie wissen. 70 Kilometer - nach drei Stunden laden, antwortete der Fahrer. Er sagte ihr auch, dass die Tuk-Tuks moderne Lithium-Ionen-Akkus benutzten, wie E-Autos. Merkel nickte.

Mit solchen Batterien und entsprechender Infrastruktur wollen indische Firmen wie das von Merkel besuchte Unternehmen SmartE den Mobilitätsmarkt für kurze Distanzen professionalisieren.

SmartE habe Ladestationen in der ganzen Stadt, wo die Fahrer ihre Fahrzeuge über Nacht laden können, erzählte ihr Gründer. Ein indischer Konkurrent des Fahrdienstvermittlers Uber baute Batteriewechselstationen, an denen Fahrer ihre leeren Batterien gegen aufgeladene tauschen können.

E-Rikschas gibt es in Indien seit gut zehn Jahren. Damals importierten Hersteller günstig Teile aus China, heute werden sie auch von heimischen Produzenten beliefert.

Die E-Rikschas wurden gekauft - obwohl es seinerzeit noch gar keine Ladestationen und staatlichen Anreize gab, wie Mobilitätsforscherin Megha Kumar vom indischen Energy and Resources Institute sagt. Für viele Fahrrad-Rikscha-Fahrer sei es ein willkommener Aufstieg gewesen - und günstiger als die benzinbetriebenen Rikschas.

Das bestätigt der 49 Jahre alte Amar Singh, der vor zwei Jahren umgestiegen ist. «In meinem Alter wurde es mir einfach zu anstrengend, immer in die Pedale zu treten.»

Für das Ladeproblem haben die Inder schnell eine Lösung gefunden - etwas chaotisch und improvisiert, wie so oft in dem Land. Anders als bei den schicken Gefährten, die sich Merkel anschaute, laden viele Fahrer ihre Batterien illegal, weiß Kumar.

Fahrer Singh zeigte den E-Rikscha-Parkplatz, wo er in der Nacht oft seine Batterien lädt - für umgerechnet etwa einen Euro. Der Ort befindet sich in einem ärmeren Viertel in Neu Delhi, wo die Betreiber direkt Stromleitungen anzapfen. Stromanbieter beklagen das, wie lokale Medien berichten.

E-Rikschas werden immer beliebter - auch weil die indische Regierung inzwischen Käufer unterstützt. Für ein Gefährt, das je nach Hersteller rund 1.200 bis 2.500 Euro kostet, gibt es knapp 380 Euro. So liegt Indien bei Elektrofahrzeugen inzwischen nach China an zweiter Stelle, wie es in einem Bericht der Internationalen Energieagentur heißt.

Die meisten E-Rikschas nutzen aber keine modernen Akkus wie die, die Merkel sah, sondern alte Bleibatterien, die gerade mal ein halbes Jahr halten, wie Chemikalienspezialist Satish Sinha der Umweltgruppe Toxics Link sagte. Die Fahrer verkauften sie dann an Wiederverwerter, die daraus wieder das Schwermetall gewinnen - wodurch oft giftige Gase entstünden, die ohne große Sicherheitsvorkehrungen in die Umwelt gelangten. Auch Wasser und Erde würden so verschmutzt.

Ganz sauber sind die E-Rikschas auch sonst nicht - denn in Indien besteht der Strommix ähnlich wie in Deutschland noch zu einem beträchtlichen Teil aus Kohle, was CO2 verursacht. Doch wie Deutschland möchte auch Indien mehr in erneuerbare Energien investieren und dabei künftig auch mehr zusammenarbeiten.

Mittlerweile gibt es E-Rikschas auch in Europa. In Berlin und anderen Städten etwa fahren damit Touristen. So alltagstauglich wie in Indien und anderen asiatischen Städten sind sie aber nicht - wohl auch, weil Menschen in Deutschland es gewohnt sind, die letzten Meter zu laufen.
dpa
zurück
Seite:1234
weiter
Kommentieren

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Frankreichs Senat stimmt gegen CETA

 Mercosur-Abkommen: NGO prangern Intransparenz an

 Tausende Bauern protestieren in Neu-Delhi

 Europaparlament stimmt für Abkommen mit Chile

 EU-Mercosur-Abkommen verletzt Klimagesetz

  Kommentierte Artikel

 Ukrainisches Getreide macht EU-Märkte nicht kaputt

 Jedes vierte Ei in Deutschland aus Rheinland-Pfalz

 Hundesteuer steigt - Rekordeinnahmen bei Kommunen

 Neuartige Atomreaktoren auf Jahrzehnte nicht marktreif nutzbar

 Milliardenschweres Wachstumspaket kommt, aber ohne Agrardiesel-Subventionen

 Wieder Bauernproteste in Berlin

 Cholera-Alarm: Impfstoffproduktion muss hochgefahren werden

 Deutsche Wasserspeicher noch immer unterhalb des Mittels

 Staaten kündigen beschleunigten Ausbau von Atomkraft an

 Bamberger Schlachthof vor dem Aus