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21.05.2009 | 08:10 | Wahlen  

Aigner hofft auf Europa - Bauern protestieren

Berlin - «Es brennt auf den Höfen», sagt Bauernpräsident Gerd Sonnleitner.

Aigner hofft auf Europa
(c) proplanta
Nachdem hunderte Milchviehhalterinnen vor dem Kanzleramt für höhere Milchpreise demonstriert haben, plant der Deutsche Bauernverband in der kommenden Woche eine Sternfahrt mit Traktoren in Berlin. Die Wirtschaftskrise schlägt auf die Bauern durch. Dazu kommt die drastische Talfahrt der Milchpreise. Einbußen von acht Milliarden Euro erwartet Sonnleitner für die gesamte Landwirtschaft in diesem Jahr. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zugesagt, sich einzusetzen. Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) hofft auf Hilfe der Europäischen Union (EU).

Darf Genmais angebaut werden? Sollen die Empfänger von Agrarsubventionen veröffentlicht werden? Wieviel Milch dürfen die Bauern abliefern? Dafür ist Europa zuständig. Die EU - das sind die Kommission, das Parlament und die Staaten - beherrscht längst den Alltag der Bauern. «Jeder Landwirt spürt Europa auf seinem Hof», sagt der Sprecher des Bauernverbands, Michael Lohse. Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU soll die Landwirtschaft erhalten und dafür sorgen, dass die Europäer mit erschwinglichen und sicheren Lebensmitteln versorgt werden.

Die EU-Agrarpolitik ist ein weites Feld. Sie besteht aus einem komplizierten System aus Subventionen mit direkten Einkommensbeihilfen, weiteren Fördergeldern, Umweltauflagen und Produktionsbeschränkungen wie bei der Milch. Mit rund 56 Milliarden Euro machen die Ausgaben für Landwirtschaft in diesem Jahr mehr als 40 Prozent des gesamten EU-Haushalts aus - der größte Batzen. Die Weichen für diese gemeinsame Politik wurden 1957 gestellt. Damals ging es darum, nach dem Zweiten Weltkrieg die Versorgung mit Nahrungsmitteln anzukurbeln.

Doch Preisanreize und mehr Produktivität führten zu kostspieligen Überschüssen wie den Butterbergen. Um das zu bremsen, gibt es zum Beispiel die europaweite Obergrenze für die Milchproduktion («Milchquote»). Mehrere Reformen sollten helfen, wachsende Überschüsse und Kosten einzudämmen. Die Stilllegung von Flächen wurde gefördert, Preisstützungen durch Direktbeihilfen ersetzt, der ländliche Raum gefördert. Inzwischen gibt es auch Umweltauflagen.

Seit 2003 bekommen die Bauern EU-Mittel nicht mehr nach Produktion, sondern nach Fläche («Entkopplung») gezahlt. EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel fordert, dass Mittel der Direktzahlungen verstärkt in ländliche Entwicklung fließen. Vor allem Großbauern in Deutschland sind in den kommenden Jahren davon betroffen. Die Markteingriffe werden weiter zurückgefahren: Die Milchquote soll angesichts der weltweit gestiegenen Nachfrage wie etwa in China 2015 auslaufen. Andere EU-Länder wie die Niederlande, wo Milchbauern günstiger produzieren, sind darauf besser vorbereitet. Die EU hat eine Steigerung der Produktion in Stufen beschlossen und einen milliardenschweren Milchfonds aufgelegt. Das verschärft den Druck auf die Milchpreise, die Bauern von Molkereien bekommen, sagen Kritiker. Allerdings wird die Quote nicht komplett ausgeschöpft.

Bundesagrarministerin Aigner kann die Milchpreise nicht erhöhen. Die CSU-Politikerin plant ein Liquiditätsprogramm. Sie hofft darauf, dass die direkten Beihilfen für Bauern nicht erst zum Jahresende gezahlt werden. «Bei der Vorziehung bis Mitte Oktober haben wir gute Zeichen», sagte sie am Montag im Deutschlandfunk. Ob das den Bauern reicht, ist offen. Längst sind die niedrigen Milchpreise kein deutsches Problem mehr. Das zeigen die heftigen Proteste in Frankreich.

Aigner hat in den vergangenen Monaten demonstriert, dass Deutschland auch in Konfrontation zu Brüssel gehen kann. Sie stoppte für Deutschland den Anbau von Genmais der Sorte MON 810 und die Offenlegung der Empfänger von Agrarsubventionen. Letztere sollen nun Mitte Juni veröffentlicht werden. Der Genmais-Anbau bleibt bis auf weiteres verboten. (dpa)
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