Die Vorsitzenden der Ampel-Parteien und -Fraktionen beendeten am Donnerstagabend nach mehr als drei Stunden ihre Beratungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt ohne Ergebnis, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr. Es war von einem konstruktiven Austausch zu Klimaschutz und Verkehr die Rede. Beschlüsse seien für Donnerstag nicht geplant gewesen. In den kommenden Wochen werde weiter verhandelt.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will Straßen und Brücken schneller bauen lassen. Die Grünen lehnen Beschleunigungen von Autobahnneubauten strikt ab. Seit Monaten ringen SPD, Grüne und FDP zudem vergeblich um ein im Koalitionsvertrag angekündigtes Klimaschutzsofortprogramm. Auch hier ist der Verkehrsbereich der Hauptknackpunkt. Die Grünen wollen unter anderem den Abbau umweltschädlicher Subventionen und ein Tempolimit auf Autobahnen - beißen damit aber bei der FDP auf Granit. Umstritten sind auch Pläne von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne), bis 2030 schrittweise auf Biokraftstoffe zu verzichten.
Nach dem Koalitionsausschuss war davon die Rede, dass an einem Gesamtpaket gearbeitet werde. Bereits im Vorfeld galt als eine mögliche Kompromisslinie bei schnelleren Planungsverfahren für Autobahnen: Die Koalition könnte sich auf einige ausgewählte, dringliche Projekte verständigen.
Erneut schiebe die Ampel Entscheidungen auf die lange Bank, kritisierte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion für Verkehr, Ulrich Lange, und machte dafür sowohl ein «ideologisches» Vorgehen der Grünen als auch die angebliche Schwäche von SPD und FDP dafür verantwortlich, sich dagegen zu wehren. «Statt Turbo heißt es Trauerspiel: Die Ampel hat wieder einmal die Chance verspielt, den schnellen Bau von Infrastrukturprojekten auf die Spur zu setzen.» Damit die Wirtschaft leistungsfähig bleibe, brauche es zügig neue Autobahnen, die Sanierung von bestehenden Straßen und eine Modernisierung des Schienennetzes.
Greenpeace-Verkehrsexpertin Marissa Reiserer konnte dem fehlenden Kompromiss etwas abgewinnen: «Gut, dass die FDP sich mit ihrem überragenden Desinteresse an Klimaschutz heute nicht durchsetzen konnte», teilte sie mit. «Klimaschutz im LNG-Tempo, wie ihn der Verkehr bitter nötig hat, gibt es nur mit einem konsequenten Ausbau der Bahn. Weitere Autobahnen haben dabei keinen Platz.»
Von «LNG-Tempo» ist im politschen Berlin in diesen Tagen vielfach die Rede: Neue Terminals für Flüssigerdgas (LNG) im Norden waren in weniger als einem Jahr gebaut worden, Grund dafür war auch ein Verzicht auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Wissing will wesentliche Elemente des LNG-Beschleunigungsgesetzes aufgreifen, wie es in einem Gesetzentwurf des Ministeriums heißt.
dpa