Das Hochwasserwarnsystem muss aus Sicht von Umweltministerin Thekla Walker engmaschiger werden.
Flutkatastrophen kämen nicht nur an großen Flüssen wie dem Rhein vor, sondern auch an kleinsten Bächen, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag in Stuttgart. Ministerpräsident
Winfried Kretschmann (Grüne) forderte die Wiedereinführung einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung - und ein stärkeres Katastrophenbewusstsein der Bevölkerung.
Alle Immobilienbesitzer müssten in eine Solidargemeinschaft einzahlen, sonst werde das Folgen haben, die man nicht mehr gut bewältigen könne, sagte der Regierungschef. In Baden-Württemberg liege die Versicherungsquote bei 90 Prozent, in anderen Ländern aber nur bei 30 Prozent. Im Südwesten bestand bis in die 90er Jahre eine
Versicherungspflicht, die auch den Schutz vor Schäden durch Sturm,
Hagel, Hochwasser,
Überschwemmungen, Lawinen und Erdrutschen umfasste.
Kretschmann hatte die Forderung nach einer bundesweiten Pflichtversicherung bereits in der Vergangenheit geäußert - er kündigte an, sich in der Ministerpräsidentenkonferenz im Herbst erneut dafür einzusetzen. Als Elementarschäden gelten Schäden, die durch Naturereignisse wie
Starkregen, Hochwasser oder
Erdrutsche verursacht werden.
Der Präsident des Gemeindetags, Steffen
Jäger, unterstützt die Forderung Kretschmanns. «Wir sind nach wie vor der Meinung, dass eine Pflichtversicherung einen Beitrag dazu leisten könnte, im Schadensfall besondere Härten abzufedern.»
Man habe der Verstorbenen und Angehörigen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen am Dienstag im Kabinett gedacht, berichtete Kretschmann. Viele Jahrzehnte hätten die Europäer geglaubt, dass sie solche Unwetterkatastrophen nur am Rande träfen. Man müsse sich intensiv um die Warnkommunikation kümmern und um die Frage, was das für die Resilienz der Infrastruktur bedeute.
Kretschmann warf die Frage auf, ob man wieder analoge Formen der Kommunikation brauche, wenn Strom und Mobilfunknetz ausfielen. Außerdem müsse sich die Haltung der Menschen ändern: Man dürfe in so einer akuten Lage eben nicht noch mal schnell in den Keller laufen, um etwas zu holen. Auch brauche es hierzulande mehr Katastrophenübungen wie etwa in Japan, wo die Menschen mit Erdbeben konfrontiert seien.
Walker sprach sich für ein engmaschigeres
Frühwarnsystem aus. «Wir müssen schauen, dass wir das Netz noch dichter machen», sagte sie. Die Vorhersagen des Deutschen Wetterdienstes seien teils nur landkreisscharf - also bezogen auf den ganzen Landkreis - , oft komme es aber zu «kleinräumigsten Unwetterereignissen», sagte Walker mit Blick auf die Ereignisse in Braunsbach (Kreis Schwäbisch Hall), wo vor fünf Jahren ein Rinnsal zur reißenden Sturzflut wurde. Man wolle die Vorhersagetechnik verbessern. Nötig seien mehr und bessere Messeinrichtungen. Das Betriebspersonal der kommunalen Stauanlagen müsse noch effizienter auf Extremwetter vorbereitet werden.
Walker führte die Häufung von Unwetterereignissen auf den
Klimawandel zurück. Zum Ende des Jahrhunderts könnten es im Extremfall landesweit durchschnittlich 38 statt bisher etwa fünf heiße Tage im Jahr mit Temperaturen von 30 Grad und mehr sein.
Walker appellierte an die Kommunen, die bestehenden Förderprogramme auch wahrzunehmen. So gebe es etwa eine Checkliste für das kommunale Starkregenmanagement. Die Gemeinde Braunsbach habe aus dem Unglück gelernt, Bäche breiter gemacht und Versickerungssysteme entwickelt.
Innenminister Thomas Strobl (
CDU) berichtete, dass mehr als 1.000 Kräfte des Bevölkerungsschutzes und rund 200 Polizeikräfte aus Baden-Württemberg in den von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Ländern geholfen hätten. Ein Hubschrauber der Höhenrettung der Stuttgarter Feuerwehr sei in den ersten Stunden der Katastrophe nach Rheinland-Pfalz geflogen, er habe 37 Menschen von Hausdächern und Balkonen gerettet.