Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
03.09.2021 | 14:24 | Reform der Landwirtschaft 

Bauern wollen mehr Freiraum beim Umbau der Landwirtschaft

Rendsburg - Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Debatten über die Arbeit der Landwirte, das Tierwohl und Umweltschutz hat Schleswig-Holsteins Bauernverbandspräsident Werner Schwarz Veränderungswillen angemahnt.

Umbau der Landwirtschaft
Es gibt ungewohnte Einigkeit zwischen dem Bauernverband und der Regierung über Reformen in der Landwirtschaft. Das Beharren auf Bisherigem bringe nichts, sagt Verbandspräsident Schwarz. Nötig sei beim Umbau aber Planungssicherheit. Ministerpräsident Günther sieht sich in der Pflicht - aber auch die Verbraucher. (c) proplanta
«Wir müssen erkennen: Ein Beharren auf Bisherigem wird nicht von Erfolg gekrönt sein», sagte Schwarz am Freitag auf dem Landesbauerntag in Rendsburg. «Wir müssen uns als Landwirtschaft neu erfinden.» Dafür brauchten die Landwirte Planungssicherheit.

«Wir konnten viele Jahre mithalten, weil wir unsere Höfe professionalisiert, die Leistungen gesteigert, die Produktion konzentriert haben», sagte Schwarz. Ackerbauern und Tierhalter seien aber am Ende angelangt. «Nur wenn auf den Höfen Geld verdient wird, können wir Veränderungsleistungen erbringen.» Der politisch gewollte Umbau werde die Branche stark verändern. «Der Aufwand auf dem Acker wird steigen, bei hoffentlich stabilem Ertrag.» Die Tierhaltung werde kapitalintensiver. «Die Betriebe werden wachsen, der Sektor aber schrumpfen.»

Schwarz warnte vor zu strikten Vorgaben. «Glaubt ernsthaft jemand, die enormen Herausforderungen könnte man mit strikten Regeln, genaueren Kontrollen und härteren Sanktionen erreichen?» Die Welt werde nicht per Gesetz, sondern durch Kooperation und Freiwilligkeit gerettet. Nachhaltigkeit brauche Beharrlichkeit im Alltag und keine Revolution von oben herab.

Froh zeigten sich Schwarz und Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) über die am Dienstag unterzeichnete gemeinsame Erklärung zur Zukunft der Landwirtschaft. Tierschutz und ökologischer Landbau sollen im Norden künftig eine stärkere Rolle spielen, ökologische Leistungen besonders honoriert werden. «Das ist mehr als ein symbolischer Akt», sagte Günther. Die Betriebe müssten wirtschaftlich erfolgreich arbeiten können. Seine Regierung stehe nun in der Pflicht. «Wir müssen jetzt liefern.» Förderprogramme müssten umgebaut werden.

Günther sieht aber auch die Verbraucher in der Pflicht, die nur wenig für Lebensmittel ausgeben würden. Bei Eiern kämen im Schnitt 43 Prozent des Preises bei den Bauern an, bei der Milch 39 Prozent, bei Kartoffeln 36 Prozent. Bei Fleisch und Brot sei es noch weniger. Es dürfe nicht passieren, dass es zwar hohe Umwelt- und Tierwohl-Standards gebe, die Produktion aus Kostengründen aber ins Ausland verlagert werde. Er wolle sich für mehr Planbarkeit einsetzen.

Konkrete Hilfe sagte Günther beim Gänsefraß auf Feldern an der Nordseeküste zu. «Wir sind uns einig darin, dass wir eine Bestandsreduktion brauchen», sagte Günther. Eine wichtige Rolle spiele dabei eine Wegnahme von Eiern. Die Regierung wolle alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Zahl der eingesammelten Eier von an der Westküste brütenden Nonnengänsen zu erhöhen. Er sprach von einem «dramatischen Problem». Einen genauen Überblick über die Schäden sollen Satellitenbild-Auswertungen liefern.

«Wir werden alle Möglichkeiten ausschöpfen, die Abschussanträge bei der Nonnengans zu beschleunigen und - das betonte ich - die jagdrechtlichen Regelungen weiter anzupassen», sagte Günther. Bereits Ende 2020 seien Antragsverfahren erleichtert worden. «Es wurden erstmals - trotz Corona und Geflügelpest - über 2.000 Nonnengänse geschossen.» Das Land wolle auch bei der Beseitigung nicht verwertbarer Kadaver helfen.

Früheren Angaben des Bauernverbands zufolge entstehen Landwirten im Norden durch Gänsefraß jährliche Schäden von geschätzt acht Millionen Euro. Ende 2020 hatten Schleswig-Holsteins Bauern deshalb eine deutliche Verkleinerung der Bestände von Nonnen- und Weißwangengänsen gefordert. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums zahlte das Land an Bauern, auf deren Flächen Gänse vor allem im Frühjahr rasten, im Jahr 2019 etwa 3,25 Millionen Euro. 2020 sei Summe leicht höher ausgefallen.

Nach Angaben des Statistikamtes Nord bewirtschafteten die knapp 12.000 Betriebe im Jahr 2020 rund 983.000 Hektar Fläche. Ergebnis einer Landwirtschaftszählung im vergangenen Jahr war, dass die Landwirte im Schnitt über 81 Hektar verfügten. Das war deutlich mehr als im Bundesschnitt von 63 Hektar. 2010 hatte die durchschnittliche Betriebsgröße im Norden noch 70 Hektar betragen.
dpa/lno
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Abgeordneter ruft Verfassungsgericht wegen Klimaschutz-Reform an

 Beschuss, Köder, Schlagfallen - mehr Wölfe illegal getötet

 Schafzüchter für umsetzbare Regelung für Abschuss von Problemwölfen

 Experten kritisieren G7-Klimaschutzpolitik als unzureichend

 Bayern fordert Ausnahmeregelung für EU-Entwaldungsverordnung

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken