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19.04.2018 | 14:15 | Flächenkonflikt 

Bauernverband fordert Eindämmung des Flächenverbrauchs

München - Sinn und Nutzen einer gesetzlichen Obergrenze für den Flächenverbrauch in Bayern bleiben weiter umstritten.

Flächenverbrauch
Die Bebauung von Wiesen und Weiden hat lange kaum jemanden gestört. Doch die wertvolle Ressource Boden ist endlich. Ob dies aber eine Obergrenze rechtfertigt, ist auch unter Experten umstritten. (c) proplanta
Bei einer Anhörung von Experten und Interessensgruppen im Landtag in München waren sich zwar alle Anwesenden - darunter auch Vertreter aller vier Fraktionen - über die generelle Notwendigkeit eines sparsameren Vorgehens bei der Versiegelung von Wiesen einig, bei der Frage nach den notwendigen Mitteln gingen die Meinungen aber auseinander.

«Wir brauchen ein verbindliches Flächensparziel», sagte Jana Bovet vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Sie betonte, dass sowohl eine Obergrenze als auch ein angeschlossener Handel mit Flächenzertifikaten praktikable Mechanismen seien. Bei der Umsetzung sei es aber wichtig, durch Zwischenziele zu evaluieren, ob der Flächenverbrauch wie erhofft tatsächlich zurückgehe.

Manfred Miosga, Professor für Stadt- und Regionalentwicklung von der Universität Bayreuth, gab zudem zu bedenken, dass viele Kommunen in Bayern nach wie vor zu verschwenderisch mit unverbauten Flächen umgingen, auch weil es bisher ein «massives Umsetzungsdefizit bei der Raumplanung» gebe. Den Zeitrahmen des Volksbegehrens, eine Verbrauchsobergrenze von fünf Hektar bis 2020, bewertete er skeptisch: «Die Geschwindigkeit des Volksbegehrens halte ich für problematisch.» Den Kommunen würde dann die Zeit fehlen, Alternativen zu entwickeln.

«Bayern ist mit der derzeitigen Flächeninanspruchnahme weit entfernt von den Zielen der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes, die für Bayern insgesamt einen Zielwert von 4,6 Hektar empfiehlt», heißt es in der Stellungnahme Miosgas zur Anhörung. Dahinter stecke die «große Hoffnung» der Kommunen, mit neuen Baugebieten für Gewerbeansiedlungen und Wohngebieten Steuereinnahmen zu generieren und finanzkräftige Bevölkerungsschichten anzulocken. Mit finanziellen Kompensationen des Landes könnte der «ruinöse Konkurrenzkampf» eingedämmt werden.

Städte- und Gemeindetag mahnten zum Erhalt der kommunalen Planungshoheit, eine Obergrenze schränke diese zu sehr ein. Generell seien die Kommunen auch an einem sparsamen Umgang mit der Ressource Boden interessiert. «Wir sehen viele Nachjustierungsmöglichkeiten im Gesetz, um den Verbrauch zu senken», sagte Matthias Simon, Referatsleiter des Gemeindetages. Dazu gehörten Zugriffsmöglichkeiten der Kommunen auf ungenutzte Grundstücke in erschlossenen Baugebieten.

Bei der Anhörung drehte sich alles um die Frage, ob die von den Grünen und einem Bündnis von Umweltschützern geforderte Obergrenze sinnvoll ist. Ein Antrag auf ein entsprechendes Volksbegehren wurde in der vergangenen Woche vom Innenministerium an den Bayerischen Verfassungsgerichtshof verwiesen. Das Ministerium begründet die Entscheidung mit «verfassungsrechtlichen Bedenken», da der Gesetzentwurf die kommunale Planungshoheit einschränke.

Rund 46.000 Unterschriften - und damit deutlich mehr als die notwendigen 25.000 - hatten die Unterstützer des Volksbegehrens, darunter Grüne, ÖDP, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Bund Naturschutz in Bayern (BN), beim Innenministerium eingereicht.

Bislang liegt der Flächenverbrauch in Bayern deutlich über fünf Hektar. Wie hoch er genau ist, darüber streiten die Experten ebenfalls. Nach einer neuen Berechnungsgrundlage, die unbebaute Bauplätze aus dem Verbrauch herausrechnet, lag er 2015 bei rund 13 Hektar am Tag. 2016 lag der
Flächenverbrauch laut Statistischem Landesamt in Bayern bei durchschnittlich 9,8 Hektar pro Tag.

Die regierende CSU lehnt die Obergrenze ab und setzt auf freiwillige Maßnahmen wie den Bau höherer Gebäude, eine effizientere Raumnutzung und mehr Rückbau bei zubetonierten Flächen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen gingen insofern ins Leere, «als das sie keinen erkennbaren Anreiz oder keine direkte Unterstützung bieten», sagte Bovet.

Der bayerische Bauernverband appellierte, landwirtschaftliche Nutzflächen besser zu schützen, eine Obergrenze für den Verbrauch lehnt er aber ab. «Der Entzug von land- und forstwirtschaftlichen Flächen ist dramatisch und muss endlich eingedämmt werden», sagte Bauernpräsident Walter Heidl. Seit 1960 seien mehr als 840.000 Hektar Felder und Wiesen verschwunden. Daher müsse es eine Verpflichtung geben, Ersatzflächen für verbaute Felder und Wiesen zu schaffen.
dpa/lby
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