Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
19.12.2019 | 08:10 | Rettet die Bienen 

Bienenfreunde beerdigen Volksbegehren

Stuttgart - Die Initiatoren des Volksbegehrens «Rettet die Bienen» wollen nicht länger für ihre Forderungen Unterschriften sammeln.

Bienen-Volksbegehren
Das Volksbegehren «Rettet die Bienen» ist Geschichte. Die Artenschützer wollen nicht länger Unterschriften sammeln und stattdessen ein alternatives Gesetz unterstützen. Ein wirklich einiges Bild geben Bienenfreunde und Bauern aber nicht ab. (c) proplanta
Nach wochenlangen Verhandlungen einigten sich Regierungsvertreter, Bienenfreunde, Naturschützer und Bauernverbände im Südwesten am Mittwoch auf alternative Pläne für mehr Artenschutz.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und Agrarminister Peter Hauk (CDU) hatten mit den Verbänden und den Initiatoren des Volksbegehrens mehrere Stunden in Stuttgart am Runden Tisch verhandelt. Im Anschluss gaben die Beteiligten die Einigung bekannt.

Die Bienenfreunde hatten die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren bereits Mitte Oktober gestoppt, um gemeinsam mit der Landesregierung an einem alternativen Entwurf zu arbeiten. In dem jetzigen Entwurf wurden inhaltliche Ziele des Begehrens übernommen, aber umstrittene Passagen entschärft.

Der Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel soll demnach bis 2030 um 40 bis 50 Prozent reduziert werden. Der Anteil ökologischer Landwirtschaft soll bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent ausgebaut werden. In Naturschutzgebieten, das sind etwa zwei Prozent der Landesfläche, sollen Pestizide ab 2022 ganz verboten werden.

Auf 15 Prozent der Landesfläche soll zudem bis 2030 ein landesweiter Biotopverbund aufgebaut werden. Auf zehn Prozent der offenen Landesfläche sollen Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen geschaffen werden. Streuobstwiesen sollen besser geschützt werden. Das Paket enthält auch Maßnahmen gegen Schottergärten oder Lichtverschmutzung.

Für die Umsetzung des Pakets stellt die Landesregierung im Doppelhaushalt 2020/2021 mehr als 60 Millionen Euro zur Verfügung.

Gegen die Forderungen des Volksbegehrens waren vor allem Landwirte Sturm gelaufen. Der Anteil der Flächen, auf denen Pestizide genutzt werden, sollte im Südwesten demnach ursprünglich bis 2025 halbiert werden. Die ökologische Landwirtschaft sollte bis 2035 auf 50 Prozent ausgebaut werden. Die Einigung nun zeige, dass Verständigung möglich sei zwischen gesellschaftlichen Gruppen, sagte Untersteller. «Artenschutz geht uns alle an.»

Allerdings gibt es offenbar nach wie vor Unstimmigkeiten, was den umstrittensten Punkt der Einigung betrifft, die Reduktion von Pestiziden. Die Bauern sehen das gesetzte Ziel von 40 bis 50 Prozent bis 2030 weiterhin sehr skeptisch. Es wäre sehr schade, wenn man die Diskussion auf dieses politische Ziel reduzieren würde, sagte der Präsident des Landesbauernverbands, Joachim Rukwied, am Mittwoch. Das Ziel erscheine den Bauernverbänden sehr hoch und sehr ambitioniert. Der Insektenschutz sei zudem nicht allein landwirtschaftliche, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgabe, betonte Rukwied.

Dieses politische Ziel sei schwer zu erreichen, sagte auch der Präsident des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbandes, Werner Räpple. Mit einem Volksantrag wolle man die Debatte weiterführen. Man stehe nicht am Ende, sondern eher am Anfang.

Das stehe nun als Relativierung und Konflikt im Raum, kommentierte die Landesvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Brigitte Dahlbender, die Äußerungen. Man könne aber damit leben, da das Ziel nun als Gesetz beschlossen werde. Man habe aber unglaublich viel im Gesamtpaket erreicht.

Der Initiator des Bienen-Volksbegehrens, Imker Tobias Miltenberger, äußerte sich kritischer. «Ein Stück weit bin ich schon irritiert», sagte er. Dem Ziel zur Reduktion von Pestiziden sei zugestimmt worden. «Für uns besteht die Aussage.» Die Einigung sei ein erster Schritt. Man stünde vor einem dramatischen Insektensterben und müsse sicher auch noch Einiges nachlegen.

Kurz darauf versicherte Räpple auf der Pressekonferenz, dass alle Verbände auf dem Weg der Reduktion der Pflanzenschutzmittel mitgehen würden. Der vorgegebene Weg sei akzeptabel, sagte er.

«Unsere Aufgabe wird es sein, diese Skepsis in der Umsetzung aufzulösen», sagte Umweltminister Untersteller. Das Land setze bei der Reduktion von Pflanzenschutzmitteln nicht auf einzelbetriebliche Verpflichtungen und Vorgaben, sondern auf Anreize sowie die Förderung neuer Technik und den freiwilligen Verzicht, teilte die Landesregierung mit. Ob das Ziel erreicht werde, soll durch Evaluierung und ein Netz an freiwilligen Betrieben gemessen werden.

Um den Öko-Landbau zu fördern, soll die Bereitschaft der Verbraucher gesteigert werden, für Bio-Produkte einen «fairen Preis» zu zahlen.

Agrarminister Hauk kündigte an, dass man nun einen Referentenentwurf entwickeln und bis Anfang Februar ins Kabinett geben werde. Aus formal-juristischen Gründen läuft das Volksbegehren aber trotz der Einigung weiter. Bis zum 23. März nehmen Wahlbüros nach Angaben des Trägerkreises in den baden-württembergischen Kommunen die Unterschriftenformulare entgegen. Jeder zehnte Wahlberechtigte - etwa 770.000 Menschen - müsste unterschreiben, damit der Gesetzentwurf dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt wird. Das gilt angesichts der mangelnden Unterstützung der Verbände nun aber als so gut wie ausgeschlossen.
dpa/lsw
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Volksbegehren Artenvielfalt: Kaniber zieht positive Bilanz

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken