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09.12.2020 | 02:32 | Handelspakt 

Brexit-Verhandlungen: Johnson versucht das Ruder herum zu reißen

London - Im Gezerre um einen Brexit-Handelspakt mit der Europäischen Union zeigt der britische Premierminister Boris Johnson vorsichtigen Optimismus.

Großbritannien
Die Verhandlungen über das künftige Verhältnis zwischen Brüssel und London scheinen hoffnungslos verfahren. Boris Johnson will nun mit einem Spitzentreffen in letzter Minute den Knoten auflösen. Es steht viel auf dem Spiel. (c) proplanta
«Ich bin immer hoffnungsvoll», sagte Johnson am Dienstag in London. «Ich bin sehr hoffnungsvoll, aber ich muss ehrlich mit Ihnen sein: Ich denke, die Situation ist im Moment sehr knifflig.» Am Mittwochabend will er zu EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nach Brüssel reisen, um doch noch einem Deal den Weg zu bahnen. Geplant sei ein Abendessen, hieß es aus Downing Street.

Ein Vertrag müsste bis zu, 31. Dezember stehen. Trotz monatelanger Verhandlungen gelang bislang kein Durchbruch. In einem Telefonat hatten sich Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montagabend darauf geeinigt, bei einem Treffen in Brüssel einen letzten Kraftakt für einen Handelspakt zu unternehmen. Wann genau Johnson in die EU-Hauptstadt reist, blieb zunächst unklar. Auch die EU nannte noch keinen Termin. «Wir sind gewillt, alles zu versuchen», sagte der Premierminister.

Roth sagte: «Wir wollen einen Deal, aber nicht um jeden Preis. Was wir brauchen, ist der politische Wille in London.» Die Situation sei schwierig, auch zeitlich, sagte der SPD-Politiker nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen. EU-Kommissionsvize Maros Sefcovic ergänzte zum Verhandlungsstand: «Wir sind immer noch sehr weit voneinander entfernt.»

Die Brexit-Unterhändler verhandeln seit Monaten. Auch zwei längere Telefonate zwischen von der Leyen und Johnson brachten wenig. Auf drei Feldern sehen sie immer noch «bedeutende Differenzen»: Fischerei, fairer Wettbewerb und der Rahmen zur Durchsetzung der Vereinbarungen.

Zum 31. Dezember endet die Brexit-Übergangsphase, in der trotz des Austritts aus der EU für Großbritannien bislang alles beim Alten blieb. Sollten sich beide Seiten bis dahin nicht auf einen Deal geeinigt haben, droht auf beiden Seiten Chaos: Kilometerlange Staus an den Grenzen und leere Supermarktregale in Großbritannien sind nur einige der befürchteten Folgen. Zölle würden den Handel zwischen dem Kontinent und dem Inselstaat belasten.

Diese Woche gibt es nach etlichen gerissenen Deadlines womöglich für Johnson den perfekten Rahmen für den langersehnten Durchbruch: Am Donnerstag und Freitag treffen sich die EU-Staats- und Regierungschefs zu ihrem letzten Gipfel des Jahres.

Johnson gilt als Charismatiker, der im persönlichen Gespräch erreichen könnte, woran Bürokraten scheitern. Doch es wird mehr als eine freundliche Atmosphäre brauchen, um einen Handelspakt zu besiegeln. Auf beiden Seiten dürften noch schmerzhafte Zugeständnisse nötig sein.

Immerhin: Die britische Regierung willigte ein, umstrittene Passagen in einem Gesetzentwurf zu streichen oder zu ändern, die in Brüssel für viel Unmut gesorgt hatten. Das Binnenmarktgesetz sollte nach dem Willen Londons die Bestimmungen des ausgehandelten EU-Austrittsabkommens aushebeln und damit internationales Recht brechen.

Kommissionsvize Sefcovic, der dies mit dem britischen Staatsminister Michael Gove ausgehandelt hatte, lobte die Einigung. «Ich hoffe, das wird ein positives Momentum für die Diskussion über das Freihandelsabkommen liefern», sagte er. Der irische Premierminister Micheál Martin begrüßte das Einlenken Londons.

Die EU-Kommission bot an, notfalls auch nach dem 31. Dezember - also nach Ende der Brexit-Übergangsphase und einem möglichen No-Deal-Brexit - weiter zu verhandeln. Aus der Downing Street hieß es jedoch, die Gespräche müssten bis zum Jahresende abgeschlossen sein.

Der Vorsitzende der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber, mahnte Zeit zur Prüfung des Vertragstexts an. An Johnson gerichtet sagte er: «Herr Premier, willkommen in der Realität. In der heutigen Welt gibt es keine nationale Souveränität. Auch nicht für große Länder in Europa. Wir leben in einer globalisierten Welt.»
dpa
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