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05.11.2021 | 02:38 | Kohleausstieg 

Das Ende der Kohle: Wichtige Länder fehlen in neuen Allianzen

Glasgow - Geht es nach dem britischen Gastgeber, so soll dreckiger Kohlestrom beim Klimagipfel in Glasgow in die Geschichtsbücher verwiesen werden. 

Kohleausstieg gefährdet?
Der Abschied von der Kohle ist eine der zentralen Weichen für den Weg in eine grüne Zukunft. Doch etliche Länder tun sich mit dieser Umstellung besonders schwer. Aus einer Reihe von Staaten kommen in Glasgow nun neue Zusagen, doch wichtige Verschmutzer fehlen. (c) proplanta
«Das Ende der Kohle ist in Sicht», verkündete der Präsident des Gipfels, Alok Sharma, am Donnerstag in Glasgow. Der Grund für seinen Optimismus: Mehr als 40 Länder wollen in den 2030er oder spätestens 2040er Jahren aus der Kohleverstromung ausstiegen. 23 davon bekennen sich erstmalig zu diesem Schritt, darunter Staaten wie Polen, Vietnam und Chile.

Zur Wahrheit gehört jedoch auch: Großemittenten wie China und USA, aber auch Indien oder Australien sind nicht dabei. Die Energiegewinnung durch Kohle ist der größte Einzelfaktor für die Erderwärmung. Dem Versprechen zufolge bekennen sich die in der Allianz vertretenen großen Volkswirtschaften dazu, die Kohle in den 2030er-Jahren hinter sich zu lassen. In den 2040er-Jahren soll der Rest der Welt folgen.

Von der Organisation Greenpeace gab es prompt Kritik: «Das Kleingedruckte scheint den Ländern erheblichen Spielraum zu geben, um ihr eigenes Ausstiegsdatum zu wählen, trotz der schillernden Überschrift», sagte Delegationsleiter Juan Pablo Osornion der BBC.

Ländern drohen bislang keine Sanktionen, wenn sie ihre Absichtserklärungen nicht einhalten. Deutschland liegt mit seinen Plänen im Zeitplan der Allianz - sowohl mit dem von den potenziellen Ampel-Koalitionspartnern für 2030 angepeilten vorgezogenen Kohleausstieg als auch mit dem bislang beschlossenen bis spätestens 2038.

Bei einer anderen Kohle-Allianz ist die Bundesrepublik hingegen nicht an Bord: Darin bekennen sich 25 Länder und mehrere Banken dazu, die Finanzierung fossiler Brennstoffe bis Ende 2022 zu beenden und stattdessen in grüne Energien zu investieren.

In diesem Fall haben auch die USA unterzeichnet, außerdem gehören Dänemark, Kanada und Italien dazu. Weshalb Deutschland der Allianz nicht beitrat, blieb auf Nachfrage unklar. Das Bundesumweltministerium teilte am Nachmittag dazu lediglich mit, dass sich die Bundesregierung «noch über den Beitritt zur Erklärung» abstimme.

Klima-Experte David Ryfisch von Germanwatch forderte von den Ampel-Parteien, die derzeit in Berlin über eine gemeinsame Koalition verhandeln, der Finanzierung von Kohle, Öl und Gas über die deutsche Förderbank KfW eine Absage zu erteilen. «Die KfW isoliert sich international zunehmend, wenn sie weiter daran festhalten sollte, bis 2030 in Erdgas-Infrastruktur zu investieren, die auf Jahrzehnte angelegt ist», sagte Ryfisch. «Das steht nicht im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen.»

«Die Wende hin zu sauberer Energie muss ungefähr fünfmal schneller vorankommen, als sie es aktuell tut», erklärte der britische Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng. Großbritannien will schon 2024 sein letztes Kohlekraftwerk abschalten.

Als Gastgeber hat die britische Regierung die Kohle neben «Geld, Bäumen und Autos» zu den zentralen Baustellen des Klimagipfels erklärt, auf dem in Glasgow derzeit rund 200 Staaten darum ringen, wie die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad noch erreicht werden kann. «Der Unterschied zwischen 1,5 und zwei Grad ist für Länder wie die Malediven ein Todesurteil», sagte die Umweltministerin der Inselgruppe, Aminath Shauna, in Glasgow. Er appellierte: «Wir müssen dekarbonisieren.»

Wie dringend die Energiewende zur Erreichung der Klimaziele notwendig ist, macht auch die neue Analyse des Forschungsverbundes «Global Carbon Project» deutlich. Daraus geht hervor, dass der globale Ausstoß von Kohlendioxid aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas in diesem Jahr bereits wieder annähernd das Niveau von vor der Corona-Pandemie erreichen wird. Sogar ein neuer Höchstwert erscheint möglich. Die fossilen CO2-Emissionen dürften 2021 Hochrechnungen zufolge bei 36,4 Milliarden Tonnen liegen.

Um das Ziel von netto null Kohlendioxidemissionen bis 2050 zu erreichen, müsste der gesamte CO2-Ausstoß jedes Jahr um 1,4 Milliarden Tonnen sinken. Von der Erreichung des Ziels ist die Welt aber weit entfernt.

Um eine 50-prozentige Chance zu haben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen, dürften insgesamt künftig nur noch 420 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden. Dieses Budget wäre bei einem Ausstoß wie 2021 in etwa elf Jahren aufgebraucht.
dpa
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