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27.11.2022 | 12:11 | GAP ab 2023 

Deutscher GAP-Strategieplan von Brüssel genehmigt

Brüssel - Die Europäische Kommission hat vergangene Woche grünes Licht für den überarbeiteten deutschen Strategieplan zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gegeben.

GAP ab 2023
Grünes Licht für die überarbeitete Fassung - Nachbesserungen beim Klima- und Umweltschutz sowie dem Erhalt der Biodiversität. (c) proplanta
Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium mitteilte, bestätigte Brüssel damit nun auch formell die EU-rechtliche Grundlage für die Agrarförderung in Deutschland ab dem Jahr 2023. Der Genehmigung war laut Ministerium ein intensiver informeller Austauschprozess von Bund und Ländern mit der EU-Kommission vorangegangenen.

Der GAP-Strategieplan sei auf Basis der Brüsseler Anmerkungen in den letzten Monaten insbesondere beim Klima- und Umweltschutz sowie dem Erhalt der Biodiversität nachjustiert worden. Parallel dazu wurde laut Agrarressort die Anpassung des nationalen Rechts in die Wege geleitet, damit dieses zum Start der neuen Förderperiode am 1. Januar 2023 ebenfalls in Kraft treten kann. Um die Umsetzung und Weiterentwicklung des GAP-Strategieplans zu flankieren, wird ein nationaler Begleitausschuss von Wirtschaft-, Sozial- und Umweltpartnern eingerichtet, der bereits im Dezember zu einer ersten Sitzung zusammenkommen soll.

Im Rahmen der GAP stehen in Deutschland jährlich rund 6 Mrd. Euro an EU-Mitteln zur Verfügung. „Mit dem GAP-Strategieplan unterstützen wir den notwendigen Transformationsprozess der Landwirtschaft, stärken die Resilienz der landwirtschaftlichen Betriebe und helfen der Landwirtschaft, die Folgen der Klimakrise zu bewältigen“, betonte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Gestärkt wird dem Ressortchef zufolge die ökologisch nachhaltige Agrarwirtschaft, „um auch in Zukunft unsere Ernährung zu sichern und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schützen“.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, zeigte sich erfreut über das Ende der „Hängepartie“. Jetzt hätten die Landwirtschaftsbetriebe endlich Sicherheit. Allerdings komme dies für die Anbauplanung zu spät, da die Aussaat der Winterkulturen weitgehend abgeschlossen. Insgesamt zog Rukwied ein negatives Fazit: „Die Bürokratie wird weiter zunehmen und die finanzielle Attraktivität von Umweltleistungen wie Eco-Schemes abnehmen.“

Der Weg ist frei

Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hob hervor, dass der Freistaat nun die wichtigen und bewährten Programme wie das Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) und das umfangreiche Bündel an Maßnahmen ohne größere Brüche weiter anbieten könne. „Ich bin froh, dass wir beim Ringen um Details die Kommission, den Bund und die Länder bei wichtigen Fragen überzeugen konnten.

Damit ist auch der Weg endlich frei für die flächendeckende Einführung der Mehrgefahrenversicherung in Bayern“, erklärte Kaniber. Baden-Württemberg begrüßte die Brüsseler Genehmigung des deutschen GAP-Strategieplans ebenfalls. Damit „ist endlich der Weg frei, für die Umsetzung der baden-württembergischen Förderprogramme für die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums“, betonte der Stuttgarter Ressortchef Peter Hauk. Er bedauerte aber zugleich die „sehr späte“ Einreichung des GAP-Strategieplans seitens der Bundesregierung.

Gutes Zeichen

Für Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte ist es von besonderer Bedeutung, dass mit dem Strategieplan auch das Förderkonzept „Klima, Landwirtschaft, Artenvielfalt und regionale Akteur:innen“ (KLARA) 2023 bis 2027 freigegeben wurde. Hierzu habe Niedersachsen mit Bremen und Hamburg eine gemeinsame Förderregion gebildet und inhaltliche Zielsetzungen entwickelt.

Zu Beginn der Förderperiode am 1. Januar 2023 starte die Förderung aus dem ELER-Fonds, der Mittel der Europäischen Union für die Entwicklung der ländlichen Räume bereitstelle. Agrarressortchef Dr. Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern wertete die Freigabe durch die EU-Kommission als „ein gutes Zeichen für die Zukunft der Landwirtschaft, des ländlichen Raums und der Natur und Umwelt in unserem Bundesland“.

Für die Bauern sei es wichtig, dass die Anträge gestellt werden könnten. „Das ist die Grundlage für alles Weitere“, so der Minister. Das Antragsverfahren sei bereits freigegeben worden. Parallel arbeite sein Ressort weiter daran, die rechtlichen Grundlagen für die weitere Umsetzung zu schaffen.

Viele leben von der Substanz

„Unsere 33.000 Landwirtinnen und Landwirte in Nordrhein-Westfalen erhalten mit der Genehmigung des neuen GAP-Strategieplans mehr Planungssicherheit für die nächsten Jahre“, erklärte die Düsseldorfer Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen. Mehr als die Hälfte der EU-Mittel würden nach dem deutschen GAP-Strategieplan für Umwelt- und Klimaziele eingesetzt, betonte die Ministerin.

Damit leiste dieser im Zusammenhang mit dem Green Deal wichtige Beiträge zur Biodiversitätsstrategie und zur Farm-to-Fork-Strategie. Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Daniela Schmitt wertete es als „gut, dass der anvisierte Termin zur Genehmigung eingehalten werden konnte und damit die neue EU-Förderperiode am 1. Januar 2023 beginnen kann“.

Nach ihrer Einschätzung wurden zusammen mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern des regionalen Begleitausschusses sowie allen anderen Akteuren „gute und wichtige Fördermöglichkeiten auf den Weg gebracht“. Nach den Worten von Brandenburgs Landwirtschaftsminister Axel Vogel geht es nun darum, die Finanzmittel in der neuen EU-Förderperiode bestmöglich zu nutzen. Das drängendste Problem sei die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaftsbetriebe; viele lebten von der Substanz.

Plan mit Pferdefuß

Für die zuständige SPD-Berichterstattern Dr. Franziska Kersten ist der Strategieplan „ein Kompromiss, der auf kurzfristige Herausforderungen bei der Ernährungssicherung reagiert, ohne das Ziel resilienter Agrarsysteme aus den Augen zu verlieren“. Der Plan unterliege einer ständigen Überprüfung, so dass auch ein schnelles Nachsteuern möglich sei. Kersten rief dazu auf, umgehend mit den Arbeiten an den Rahmenbedingungen für die nächste GAP-Förderperiode zu beginnen.

Nur so könne diese ein Erfolg für Landwirtschaft, Umweltschutz und ländliche Räume werden. Die Linken-Agrarsprecherin Ina Latendorf sieht im deutschen Strategieplan einen Pferdefuß, „und der liegt wieder einmal im sozialen Bereich“. Im Endeffekt fehlten der deutschen GAP-Strategie das Bewusstsein und entsprechende Maßnahmen dafür, die Auszahlungsbedingungen, also die Konditionalität, an sozialen Mindeststandards auszurichten.

Das gelte für die Entwicklung der ländlichen Räume ebenso wie für die Verdienstmöglichkeiten auf den landwirtschaftlichen Betrieben. Derweil beklagte die niedersächsische CDU-Landtagsfraktion die Absenkung der Direktzahlungen, die gestiegenen Anforderungen in der Ersten Säule und die inzwischen kaum noch überschaubare Komplexität des Regelwerks. Dies führe bei den Landwirten zu einem weiteren Attraktivitäts- und Akzeptanzverlust der GAP geführt.

Systemwechsel bleibt aus

Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) kritisierte die Genehmigung des Strategieplans scharf und zog eine ernüchternde Bilanz. Der Versuch, das über 60 Jahre alte Subventionssystem natur- und klimaverträglich sowie fair und zukunftsfähig zu gestalten, sei gescheitert, monierte NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Ein echter Systemwechsel bleibe aus.

Mehr als die Hälfte des Steuergeldes, jährlich 4 Mrd Euro, würden allein in Deutschland pauschal und ohne Bedürftigkeitsprüfung verteilt. Dies habe zur Folge, dass sich Innovationen und Veränderungen für mehr Natur- und Klimaschutz sowie für einen besseren Umgang mit Böden und Wasser nicht lohnten.

„Bitter ist, dass es Nutzerverbänden und Lebensmittelindustrie mit dem vorgeschobenen Argument einer Nahrungsmittelknappheit in den letzten Monaten gelungen ist, die wenigen ökologischen Fortschritte der aktuellen GAP-Reform zurückzudrehen“, so Krüger. Die Bundesregierung müsse den Mut zu einem kompletten Neubau des Agrarsystems wiederfinden. Hier böten die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) eine gute Orientierung.

Große Zweifel

Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) hat große Zweifel daran, dass die nun bewilligten GAP-Pläne dazu beitragen werden, die Ziele für den Schutz von Klima, Artenvielfalt und Gewässern zu erreichen. „Genauso wenig werden sie zu einer nachhaltigeren, unabhängigeren und resilienteren Ernährung betragen“, befürchtet BÖLW-Vorstand Hubert Heigl.

Nach seiner Ansicht wird der Strategieplan die Abhängigkeit Deutschlands von mineralischem Stickstoffdünger verlängern. Deshalb müsse Bundesminister Özdemir den Plan schnell überarbeiten, damit das Potential der GAP für den notwendigen Umbau der Landwirtschaft wirksam werden könne. Dazu zählt Heigl zufolge auch, dass der GAP-Plan die extensive Milchviehhaltung honorieren und an die Ökolandbau-Ziele der EU und Deutschlands angepasst werden muss.

Der Ausbau des Ökolandbaus sei entscheidend, um die großen Herausforderungen im Umwelt- und Klimaschutz wirksam anzupacken und eine resiliente, auf heimischen Rohstoffen basierende Kreislaufwirtschaft zu stärken.

GAP bereits 2023 überarbeiten

Kein gutes Haar lässt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) an dem Strategieplan: „Die GAP ab 2023 bietet für viele landwirtschaftliche Betriebe keine ausreichenden wirtschaftlichen Perspektiven, ist sozial ungerecht und leistet deutlich zu wenig für den Umwelt-, Klima- und Tierschutz“, konstatierte der AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz.

Bereits nach seinem Amtsantritt habe Minister Özdemir die Chance versäumt, die GAP ab 2023 gerechter und ökologischer zu machen. Es reiche daher nicht, dass er jetzt auf die begleitende Evaluierung der GAP und die Reform 2027 verweise, so Schulz. Gebraucht werde „eine klare Aussage, dass die erste Anpassungsmöglichkeit des deutschen GAP-Strategieplanes im Jahr 2023 genutzt wird, um die bisher stark benachteiligten Grünlandbetriebe deutlich zu stärken, die Fördermittel gerechter zu verteilen und den grundlegenden Systemwechsel der GAP ab 2027 für alle landwirtschaftlichen Betriebe planungssicher einzuleiten“.
AgE
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