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29.10.2013 | 13:54 | Koalitionsverhandlungen 

Die Schnupperphase von Schwarz-Rot ist vorbei

Berlin - «Butter bei die Fische», fordert SPD-Chef Gabriel. Am Mittwoch kommt die Union zu Koalitionsverhandlungen in das Willy-Brandt-Haus. Bei der zweiten großen Runde sollen Teile einer künftigen Europapolitik beschlossen werden - aber insgesamt gibt es noch viel Uneinigkeit.

Große Koalition 2013
(c) proplanta
Vom Pförtnerhaus unten im Willy-Brandt-Haus kann man auf Monitoren das Geschehen in vielen Räumen im Blick behalten. Es ist daher wohl auch ein vertrauensbildendes Signal, dass sich die 45 Verhandler von CDU/CSU an diesem Mittwoch gleich in der SPD-Zentrale treffen, um intern die zweite große Runde der Koalitionsverhandlungen vorzubereiten, bevor sie dort am Mittag mit den 30 SPD-Verhandlern zusammenkommen. Aber die SPD ist ja nicht die NSA - und dürfte unbotmäßige Überwachungen unterlassen.

Nach einer Woche Koalitionsverhandlungen mit dem Start fast aller zwölf Arbeitsgruppen und vier Unterarbeitsgruppen soll es vor allem beim Thema Europa erste Ergebnisse geben, wie die rasche Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Deutschland und zehn weitere EU-Länder sind grundsätzlich seit längerem für die Abgabe auf Börsengeschäfte. Die Verhandlungen in Brüssel stocken aber - Union und SPD könnten bei einer großen Koalition hier nun Druck für eine Einigung machen.

Parallel zu den Verhandlungen ist SPD-Chef Sigmar Gabriel damit beschäftigt, alle Spekulationen über Zahl und Art der Ministerien einzufangen - denn viele Mitglieder an der Basis hegen den Verdacht, der Parteispitze in Berlin gehe es nur um schöne Posten. In der SPD-Zeitung «Vorwärts» versicherte er daher, eine große Koalition komme nur, wenn es keine faulen Kompromisse gebe.

Er bemängelt, dass es bisher kaum Finanzierungsvorschläge der Union für deren Wunschprojekte gebe. Dazu gehören höhere Renten für Mütter, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben. Die Union müsse generell beantworten, wie sie Investitionen ohne Steuererhöhungen finanzieren wolle. «Die müssen jetzt mal Butter bei die Fische tun», meint er. Steuererhöhungen sind für die Union ja seit dem Bundestagswahlkampf erklärtermaßen eine rote Linie - der amtierende Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) scheint sich daher nun von dem Ziel zu verabschieden, 2015 mit dem Schuldenabbau zu beginnen.

Bei Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) sowie den Generalsekretären Hermann Gröhe (CDU), Alexander Dobrindt (CSU) und Andrea Nahles (SPD) laufen die Fäden zusammen - Dobrindt und Nahles waren jüngst abends beim Italiener, um Vertrauen aufzubauen. Doch diese Phase mündet so langsam in die Entscheidungsphase. Damit nicht in der anvisierten finalen großen Runde am 26. und 27. November alle Streitfragen gelöst werden müssen, sollen bestimmte Felder Stück für Stück abgehakt werden, als erstes nun die Europapolitik.

Bisher weiß so mancher SPD-Politiker noch nicht genau, was eigentlich beim mittendrin vom 14. bis 16. November stattfindenden Bundesparteitag in Leipzig entschieden werden soll - neben den turnusmäßigen Vorstandswahlen. Gerne würde man der Basis quasi als Trophäe schon eine Einigung auf 8,50 Euro Mindestlohn präsentieren, um eine positive Grundstimmung für eine große Koalition zu erzeugen - aber das dürfte zeitlich schwierig werden. Der linke Parteiflügel möchte gerne ausführlich über die Gründe für das zweitschlechteste Wahlergebnis (25,7 Prozent) seit 1949 sprechen. Und über Ideen, wie trotz großer Koalition eine Annäherung an die Linken gelingen könnte.

Kritisiert wird, dass viele Funktionäre nicht mehr «nah genug an den Menschen» seien, es gäbe einen hohen Vertrauensverlust, doch darüber werde wegen der Verhandlungen kaum geredet. Es gibt Sorgen, dass viele der rund 470.000 SPD-Mitglieder beim Votum über den möglichen Koalitionsvertrag der Führung einen Denkzettel verpassen könnten. Wenn es positiv ausgeht, soll Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bis Mitte Dezember wieder zur Bundeskanzlerin gewählt werden. Viel wird bei der Ressortverteilung davon abhängen, ob die SPD das strategisch als Gegenpol zur Kanzlerin wichtige Finanzministerium beansprucht. Dann könnte die CDU das Außenministerium bekommen.

Aber vorerst steht alles auf wackligen Füßen, besonders die Arbeitsgruppe Finanzen dürfte noch konfliktreich werden. Aber auch die AG Energie, die erst am Donnerstag im Bundesumweltministerium erstmals tagt. Den AG-Leitern, Umweltminister Peter Altmaier und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, muss das Kunststück gelingen, einen Plan für die Quadratur des Kreises zu entwickeln: Jobs in der Industrie und bei den Stromkonzernen zu sichern; den Ausbau von Solar- und Windenergie weiterhin zu ermöglichen; den CO2-Ausstoß zu reduzieren - und zugleich die Strompreise zu stabilisieren. (dpa)
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