Er ist um die 53 Jahre alt, kommt eher nicht aus Bayern und hat bislang von Berufs wegen mit Ackerbau und Viehzucht nicht immer direkt zu tun gehabt. Doch dies ist nur Statistik aus der Geschichte vor Horst Seehofer. Der Nachfolger des neuen bayerischen Ministerpräsidenten als Agrar- und Verbraucherminister wird - soviel ist sicher - aus der CSU kommen. Und wohl auch sonst den Kriterien nicht unbedingt entsprechen.
Seehofer will das Geheimnis spätestens an diesem Donnerstag lüften. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass der Posten des Landwirtschaftsministers ein Sprungbrett für Höheres sein kann - nicht nur bei dem neuen CSU-Vorsitzenden selbst.
Heinrich Lübke ist so ein Beispiel. Der Sauerländer wurde 1953 der zweite Agrarminister der Bundesrepublik. Der gelernte Vermessungs- Ingenieur war mit Landwirtschaft durch seinen Vater vertraut, einen Nebenerwerbsbauer. Bevor er nach Bonn ging, war er schon Landwirtschaftsminister im nordrhein-westfälischen Kabinett. Die weitere Geschichte ist bekannt: Nach knapp sechs Jahren im Amt wurde er 1959 Bundespräsident. Auch der SPD-Politiker Björn Engholm war 1982 für kurze Zeit Landwirtschaftsminister, bevor er einige Jahre später Parteichef und Kanzlerkandidat wurde.
Die meisten Agrarminister gehörten der CSU an, gefolgt von der CDU. Am längsten war allerdings der FDP-Politiker Josef Ertl im Amt - mit kurzer Unterbrechung durch Engholm von 1969 bis 1983. Häufig waren die Ressortchefs als Krisenmanager gefragt. Karl-Heinz Funke musste nach der Krise um die Rinderseuche
BSE 2001 den Hut nehmen,
Seehofer war bei der
Vogelgrippe gefragt. Vorgängerin Renate Künast - inzwischen Grünen-Fraktionschefin und Spitzenkandidatin für die
Bundestagswahl 2009 - schob eine Kehrtwende zu Verbraucherschutz und Öko-Landbau an.
Als Nachfolger von Seehofer sind die CSU-Bundestagsabgeordneten Karl-Theodor zu Guttenberg, Ilse
Aigner und der bisherige Parlamentarische Staatssekretär Gerd Müller im Gespräch. Auch der Name des Chefs der CSU-Gruppe im Europaparlament, Markus Ferber, wird genannt.
Seehofers Nachfolger hat ein großes Feld an Arbeit vor sich. Die EU will im November über die geplante Kürzung der direkten Beihilfen an Bauern und Umlenkung in Mittel für Umwelt und ländliche Entwicklung entscheiden. Beim Treffen der EU-Agrarminister in Luxemburg zeichnete sich am Dienstag noch keine Lösung ab. Seehofer hatte einen Deal vor: Er wollte einer Kürzung nur zustimmen, wenn es Geld aus Brüssel für einen Milchfonds gibt, der den Milchbauern hilft. «Bundeseierminister» - der Spitzname fiel mitunter über Seehofer.
Das lag nicht an der Zuständigkeit für Geflügel, sondern am Kurs. Die Opposition warf Seehofer «Herumeiern» vor. Der FDP-Politiker Hans- Michael Goldmann fordert deshalb Verlässlichkeit vom künftigen Minister. «Mit Populismus und einer Politik nach Meinungsumfragen sind die komplexen Themen in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz nicht zu bewältigen.» (dpa)