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01.07.2010 | 13:10 | GAP 

Eine umfassende Reform der EU-Agrarpolitik ist nötig

Berlin - Globale Verantwortung und Ernährungssouveränität
müssen künftig in der Europäischen Agrarpolitik fest verankert und mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden:

Hühnerhaltung
(c) proplanta
Das ist die Kernforderung des Forums Umwelt und Entwicklung, das heute anlässlich des Deutschlandbesuchs von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos in Berlin sein Positionspapier vorstellte. Als weltweit größter Exporteur und zweitgrößter Importeur von Agrarprodukten trage die EU maßgeblich Verantwortung für die Eindämmung von Landraub in Ländern des Südens, für faire Handelsbedingungen und für den Schutz natürlicher Ressourcen. Die bisherige Agrarpolitik versage hinsichtlich internationaler Verpflichtungen zum Menschenrecht auf Nahrung ebenso wie beim Klima- und Artenschutz, heißt es weiter im Positionspapier. Die EU-Agrarreform für die Zeit nach 2013 müsse daher grundlegend sein und dürfe nicht nur kosmetische Korrekturen anbringen.

„Unter dem Vorwand der weltweiten Ernährungssicherung setzt die Bundesregierung in ihrem bisherigen Reformvorschlag einseitig auf Produktions- und Exportsteigerung“, kritisiert Armin Paasch, Agrarhandelsexperte des katholischen Hilfswerks MISEREOR. „Künstlich verbilligte Agrarexporte stillen nicht den Hunger, sondern verschärfen ihn. Sie verbauen Kleinbauern, die ohnehin zu den Ärmsten gehören, den Marktzugang und damit ihre wichtigste Einkommensgrundlage.“ Paasch kritisiert zudem die massiven Futtermittelimporte vor allem von Sojaschrot, die in Ländern des Südens fast 18 Millionen Hektar Land beanspruchen. „Dieses Land wird dringend zur heimischen Nahrungsversorgung benötigt.“

„Die europäische Agrarpolitik verursacht mit ihren derzeitigen Instrumenten immer noch Dumpingexporte in Entwicklungsländern“, fügt Rudolf Buntzel vom Evangelischen Entwicklungsdienst (eed) hinzu. „Viele Formen der Agrarsubventionen führen dazu, Exporte künstlich zu verbilligen. Die massive Unterstützung unserer Ernährungswirtschaft führte erst zu der Exportoffensive. Die entwicklungspolitische Verantwortung der EU erfordert, dass die internationale Agrarpolitik umgehend als eigenständiger Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik etabliert wird.“

„Die Exportorientierung schadet auch bäuerlichen Betrieben in Europa. Sie richtet sich gegen die regionale Erzeugung und Vermarktung“, sagt Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). „Die jetzige unqualifizierte Verteilung der Agrarzahlungen bevorzugt durchrationalisierte flächenstarke Betriebe mit agrarindustrieller Produktion. Gleichzeitig benachteiligt sie jene, die Arbeitsplätze auf dem Land erhalten oder schaffen, Tiere artgerecht halten, die Umwelt schützen und die Artenvielfalt stärken. Diese Wettbewerbsverzerrung zu Lasten bäuerlicher Betriebe wird auch über den so genannten Weltmarkt in den Ländern der Dritten Welt wirksam. Deshalb müssen staatliche Zahlungen an soziale und ökologische Leistungen gebunden und gestaffelt werden.“

Reinhild Benning, Agrarexpertin des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Wenn die EU und die deutsche Bundesregierung ihre eigenen Ziele für Ernährungssicherung, Klima- und Artenschutz und die Schonung begrenzter Ressourcen ernst meinen, muss die EU-Kommission mit ihren Reformvorschlägen im Herbst eine Kehrtwende der Agrarpolitik einleiten und Deutschland darf diese Reformen nicht länger blockieren. Die exportfixierte EU-Agrarpolitik ist gescheitert. Die Bevölkerung fordert für die öffentlichen Gelder sichtbare, nachhaltige Gegenleistungen, statt etwa Massentierhaltungen zulasten von Mensch, Tier und Umwelt.“

Das Positionspapier ist abrufbar unter www.forumue.de. Es wurde von folgenden Organisationen unterzeichnet: AbL, Brot für die Welt, BUND, Agrar-Koordination, EED, Germanwatch, FIAN Deutschland, Inkota Netzwerk, MISEREOR, Oxfam Deutschland, WWF und Weltladendachverband. (PD)
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