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02.11.2013 | 13:04 | Agrarzuschüsse in Deutschland 

Endspurt im Poker um Agrarsubventionen

München - Die deutsche Landwirtschaft steht an diesem Montag vor einer sehr wichtigen Entscheidung.

Agrarsubventionen für deutsche Landwirte
(c) proplanta
Die 16 Agrarminister der Länder müssen sich bei einer Sonderkonferenz in München über die künftige Verteilung der EU-Milliardenzuschüsse für die Landwirtschaft einigen.

Die erste Verhandlungsrunde war vor der Bundestagswahl noch gescheitert. Vorsitzender der Konferenz ist der bayerische Agrarminister Helmut Brunner (CSU). «Wir müssen zu einer Einigung kommen, denn wir können nicht riskieren, dass andere EU-Förderprogramme gefährdet werden, nur weil die Landwirtschaft sich nicht einigt», mahnt Brunner seine fünfzehn Kollegen.

Es geht um viel Geld: Nach den Zahlen des Bundesministeriums stehen künftig in Deutschland für die Direktzahlungen an die Bauern - die sogenannte erste Säule - fünf Milliarden Euro zur Verfügung.

Darüber gibt es für die zweite Säule - ländliche Entwicklung, Dorferneuerung, Umweltprogramme und dergleichen mehr - etwa 1,2 Milliarden Euro. Doch insgesamt ist es weniger als bisher.

Da die deutsche Landwirtschaft insgesamt Kürzungen schlucken muss, prallen die Interessen der 16 Länder hart gegeneinander. Dabei gibt es zwei Hauptkampflinien: klein gegen groß und Grün gegen den Rest.

Bislang werden die Agrarzuschüsse nach einem einfachen Prinzip verteilt, das in anderen Branchen großes Aufsehen auslösen würde: große Betriebe erhalten viel, kleine wenig.

Die Agrarminister der fünf ostdeutschen Länder - wo die Höfe besonders groß sind - wollen dieses Privileg behalten, wie der sächsische Agrarminister Frank Kupfer (CDU) kürzlich in aller Offenheit verkündete: «Wir haben größere Betriebe, wir haben wirtschaftlichere Betriebe.» Nun solle dem Osten Geld weggenommen werden, «um unwirtschaftlichere Strukturen im Westteil Deutschlands zu subventionieren».

Außerhalb des sehr speziellen Biotops der Agrarpolitik ist eine solche Argumentation kaum vorstellbar. Würde ein deutscher Politiker etwa besonders hohe Zuschüsse für Großbanken verlangen, eben weil sie größer und wirtschaftlicher seien als die örtliche Sparkasse, würde das mutmaßlich empörte Proteste auslösen.

Die Bayern verlangen das Gegenteil: eine bessere Förderung der kleineren Höfe. «Da geht es nicht nur ums Geld, sondern um die Struktur und Attraktivität des ländlichen Raums insgesamt», sagt Brunner. Deswegen pocht Bayern auf Förderung der Schwächeren: mindestens 50 Euro pro Hektar für die ersten 30 Hektar eines Hofs. «Darauf muss ich bestehen», sagt Brunner. Doch ist der Deutsche Bauernverband (DBV) skeptisch, in dem die Großbetriebe ein gewichtiges Wort mitreden: Das bedeute «Abzug und Umverteilung» für andere Bauern, erklärte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken am Sonntag.

Die zweite große Konfliktlinie: Die Grünen wollen die Direktzahlungen an die Bauern noch stärker kürzen als ohnehin vorgesehen und Gelder stattdessen in die zweite Säule umlenken, mit der den Grünen wichtige Ziele gefördert werden können.

Im Vergleich zu den bisherigen Zuschüssen würden die deutschen Landwirte bei der ersten Säule ohnehin nahezu zehn Prozent verlieren, sagt Brunner dazu. Den Vorschlag der Grünen lehnen daher sowohl die ostdeutschen Länder als auch Bayern ab. «Unser bayerischer Kompromissvorschlag war deswegen, dass der Bund die zu erwartenden Verluste in der zweiten Säule von etwa 200 Millionen Euro ausgleicht», berichtet der CSU-Politiker.

Doch diese aus Ländersicht elegante Lösung hat einen Haken, wie Brunner selbst einräumt. «Der Pferdefuß ist aber, dass die Länder dieses Geld vom Bund nur in Anspruch nehmen könnten, wenn sie selbst in entsprechender Höhe kofinanzieren. Einige klamme Länder haben diese Mittel zur Kofinanzierung nicht und wollen deswegen trotzdem von der ersten in die zweite Säule umschichten.»

Nun müssen die Minister sehen, wie sie eine verträgliche Lösung zimmern. «Ich würde sagen: Die Ampel steht auf gelb», sagt Brunner. «Jeder einzelne muss Kompromisse eingehen, und es wird kein Land mit dem Kopf durch die Wand können.» (dpa)
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