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22.01.2014 | 10:21 | Freihandelszone 

EU-Kommission setzt Freihandelsgespräche mit den USA aus

Brüssel - Wegen Kritik von Bürgern setzt die EU-Kommission die Freihandelsgespräche mit den USA teilweise aus.

Freihandelsabkommen
(c) proplanta
Zuerst soll es zu den umstrittenen Klauseln für den Investitionsschutz von Unternehmen über drei Monate hinweg eine öffentliche Befragung geben. Das kündigte EU-Handelskommissar Karel De Gucht am Dienstag überraschend in Brüssel an. Die Verhandlungen in den anderen Bereichen sollen weiterlaufen.

Beim Investitionsschutz geht es beispielsweise darum, ausländische Investoren vor Nationalisierungen in einem Land zu bewahren oder vor dem Verbot seiner Produkte ohne eine angemessenen Entschädigung.

Die EU und die USA sprechen seit sechs Monaten über die Schaffung der größten Freihandelszone der Welt mit 800 Millionen Menschen. Der Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen soll für mehr Wachstum und Arbeitsplätze sorgen.

Gegen das Vorhaben gibt es Proteste von Umweltgruppen und Nichtregierungsorganisationen. Kritiker befürchten, es könnten Hormonfleisch oder geklonte Produkte nach Europa gelangen. Die Kommission hatte dies stets zurückgewiesen.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stützt das Vorgehen der EU-Kommission. Die Entscheidung von De Gucht sei sehr zu begrüßen, erklärte Gabriel am Dienstag in Berlin: «Es ist gut, dass all diese berechtigten Fragen jetzt in einem offenen Prozess geklärt werden.»

«Die Debatte über den Investitionsschutz und das damit zusammenhängende Investor-Staat-Schiedsverfahren hat zu großen Verunsicherungen geführt», sagte Gabriel. Viele Menschen befürchteten, dass Staaten unter Druck gesetzt und politische Ziele im Umwelt- und Verbraucherschutz mit Androhung von Schadensersatzforderungen unterlaufen werden könnten. Auch werde mangelnde Transparenz der nicht-öffentlichen Schiedsverfahren kritisiert, gegen die keine Rechtsmittel eingelegt werden könnten.

Die Kommission sprach sich stets dafür aus, Investitionsschutzklauseln in den Handelspakt aufzunehmen. Die EU und USA seien zwar «entwickelte Marktwirtschaften», doch Probleme seien nicht auszuschließen. Die Klauseln für den Investitionsschutz werden kritisiert, weil sie es Unternehmen erlauben, Staaten unter bestimmten Bedingungen vor nicht-öffentlichen Schiedsgerichten zu verklagen.

De Gucht kündigte an, Anfang März einen Text zur EU-Position zu dem Investitionsteil zu veröffentlichen. Dann könnten Interessierte Kommentare abgeben. Der liberale Belgier umschifft mit diesem Schritt die Europawahlen, die für den 25. Mai geplant sind.

Im Zuge der Ausspähaffäre um den US-Geheimdienst NSA hatte es Forderungen gegeben, die Verhandlungen ganz zu unterbrechen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) brachte das Thema beim EU-Gipfeltreffen im vergangenen Oktober vor - die Staats- und Regierungschefs gingen damals jedoch nicht auf seinen Vorstoß zur Suspendierung ein.

Am 26. März wird US-Präsident Barack Obama zu einem Gipfeltreffen mit den Europäern in Brüssel erwartet. Dabei wird es laut Diplomaten auch um eine Bestandsaufnahme der Handelsverhandlungen geben.

De Gucht beklagte in einem Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Gabriel  mit Blick auf die Investitionsschutzklauseln, es gebe in der öffentlichen Debatte einen «zunehmend negativen Ton». Es sei von «äußerster Wichtigkeit», dass korrekte Informationen an die nationalen Parlamente und die Öffentlichkeit gingen, heißt es in dem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel vorliegt. Schreiben gingen dem Vernehmen nach auch an die übrigen Wirtschaftsressortchefs der EU.

Die EU-Staaten hatten die Kommission beauftragt, Investitionsschutzklauseln im dem Handelspakt zu verhandeln. Dabei geht es aus Brüsseler Perspektive darum, juristische Schlupflöcher zu schließen, die bisher bestehen. Die EU-Mitgliedstaaten haben bisher schon 1.400 bilaterale Investitionsschutzabkommen geschlossen. Die Kommission will nun sicherstellen, dass die kritisierten Investorenklagen künftig nicht mehr möglich sein werden.

«Es ist unfassbar, dass es dazu soviel Kritik gibt», hatte De Gucht erst vor einer Woche der «Süddeutschen Zeitung» gesagt. «Vor allem wenn man bedenkt, dass in den letzten Jahren die Zahl der Klagen von europäischen Unternehmen, die um Investments gebracht wurden, stark angestiegen ist.»

Die Kommission hat in der Handelspolitik eine starke Stellung, da sie die Verhandlungen führt. Es gab drei Verhandlungsrunden; konkrete Ergebnisse liegen bisher nicht vor. Die nächste Runde ist im März geplant. Es geht um ein breites Spektrum von Themen, darunter sind der Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen, Regulierung, Landwirtschaft oder Dienstleistungen. Die Gespräche dürften laut Experten mehrere Jahre dauern. Am Ende muss auch das Europaparlament zustimmen. (dpa)
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