Das entschieden die EU-Umweltminister am Montag in Brüssel auch mit den Stimmen Deutschlands. «Ich kann den gesellschaftlichen Mehrwert der Produkte von (dem US-Konzern)
Monsanto nicht erkennen», sagte Umweltminister Sigmar Gabriel am Montag in Brüssel. Eine mögliche Abhängigkeit der Landwirte liege «auf der Hand». Die Europäische Kommission hatte den Umweltministern vorgeschlagen, die Anbauverbote für die genetisch veränderten
Maissorten MON 810 des US-Konzerns Monsanto sowie T25 von Bayer aufzuheben. Mit 22 von 27 EU-Ministern wies eine qualifizierte Mehrheit den Vorschlag zurück.
Derzeit ist die Sorte MON 810, die ein Gift gegen den Schädling
Maiszünsler entwickelt, die einzige in Europa, die auch wirklich angebaut wird. Auch in Frankreich und Griechenland ist sie verboten. Deutschland prüft ebenfalls derzeit Wege, den Anbau von Genmais zu verbieten. Vor allem in Ostdeutschland wird MON 810 angebaut. In der Bundesregierung ist das Thema allerdings umstritten. Bundesagrarministerin Ilse
Aigner (CSU) hat von Monsanto Beweise eingefordert, dass die strengen Auflagen für den Anbau erfüllt werden. Ansonsten will sie die bestehende Erlaubnis wieder kassieren.
Außerdem ist Aigner positiv gegenüber der Schaffung von «gentechnikfreien Zonen» auf EU-Ebene eingestellt. Das fordert besonders Bayern. Das Bundesforschungsministerium wiederum hat vor Verboten gewarnt. Auch der Deutsche
Bauernverband und der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter zeigten sich skeptisch. Gabriel sagte, er wolle Aigner für die «gerechtfertigte Debatte» über ein Verbot «genügend Spielraum» lassen und habe auch deshalb für die Verbote gestimmt.
Umweltschützer begrüßten die Entscheidung der Minister. «Das ist ein Sieg für die Umwelt, Bauern und Verbraucher», sagte Marco Contiero von Greenpeace. Die österreichischen und ungarischen Behörden hätten neue Beweise geliefert, die gegen den Anbau sprächen. «Der Schutz der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit sollte immer Vorrang vor den finanziellen Interessen einer Handvoll agro- chemischer Unternehmen haben.» Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (
BUND) forderte, zwei weitere Genmaissorten, Bt 11 von
Syngenta und 1507 von Pioneer, nicht zuzulassen. «Gentechnik lässt sich nicht gegen die Mehrheit der Europäer durchsetzen», sagte BUND- Chef Hubert Weiger. Die Umweltorganisation Friends of the Earth warnte, die Folgen eines Einsatzes von MON 810 seien «ungewiss und umstritten.»
Die Monsanto Deutschland GmbH hat jüngst darauf hingewiesen, dass «Genehmigungsbehörden in Europa, einschließlich dem der Ministerin Aigner unterstelltem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit», die Efsa «sowie zahllose wissenschaftliche Einrichtungen» immer wieder die Sicherheit von MON 810 bestätigt hätten. Zudem trage der Anbau «maßgeblich zu einer nachhaltigen Form der Landwirtschaft bei». Die Gensorte verringere «das Risiko massiver Ernteverluste durch Schädlingsbefall» und reduziere den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel.
Gabriel äußerte massive Zweifel am derzeitigen Zulassungsverfahren in der EU für Genpflanzen. Dieses sieht grundsätzlich vor, dass die
EU-Kommission auf Grundlage einer Empfehlung der europäischen Lebensmittelbehörde
EFSA den 27 EU-Ländern einen Beschluss empfiehlt, etwa über die Zulassung einer bestimmten Sorte. Die Minister müssen den Vorschlag dann mit qualifizierter Mehrheit ablehnen oder zurückweisen. Üblicherweise reichen die Stimmen weder für die eine noch für die andere Seite, sodass die Kommission entscheiden kann - die eher gentechnik-freundlich eingestellt ist. Die Mitgliedstaaten können einzelne Verbote aussprechen, müssen diese aber begründen. Die EU-Kommission kann die Argumente anfechten.
«Wir erwarten schon, dass der Vorschlag der Franzosen zur Neuentscheidung über das Verfahren endlich aufgegriffen wird», forderte Gabriel. Zugleich kritisierte er die EFSA. «Es geht darum, wie die EFSA zusammengesetzt ist und inwieweit auch strukturell dafür Sorge getragen wird, dass die kritischen Argumente zur
Gentechnik dort Eingang finden», sagte er. «Diesen Eindruck haben wir nicht.» (dpa)