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15.11.2012 | 11:43 | EU-Haushaltsstreit 

EU-Ratspräsident schägt Kürzungen im EU-Haushalt vor

Brüssel - Reiche und arme EU-Länder dürften damit unzufrieden sein. Bei einem EU-Sondergipfel ist das die erste Voraussetzung für einen Kompromiss. Nun liegt ein neuer Vorschlag für die EU-Finanzplanung auf dem Tisch.

Europäische Union
(c) proplanta
EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy will bei der Finanzplanung der Europäischen Union bis 2020 rund 75 Milliarden Euro streichen. Zugleich empfiehlt er erste Schritte für eine Änderung des Systems der EU-Einnahmen. Seine Kürzungsvorschläge bleiben einerseits hinter den Wünschen der reichen «Nettozahler» wie Deutschland zurück, laufen aber auch den Wünschen der ärmeren Länder zuwider.

Der Belgier tritt auch dafür ein, den umstrittenen Beitragsrabatt für Großbritannien, der im vergangenen Jahr 3,8 Milliarden Euro betrug, beizubehalten. Das geht aus einem am Mittwoch in Brüssel bekanntgewordenen Vorschlagpapier Van Rompuys hervor.

Die EU-Kommission hatte für den Sieben-Jahres-Zeitraum von 2014 bis 2020 sogenannte Verpflichtungsermächtigungen vorgeschlagen, die sich einschließlich mehrerer Positionen außerhalb des Haushalts auf 1.047 Milliarden Euro belaufen. Van Rompuy schlug nun vor, diese Summe auf 972 Milliarden Euro zu begrenzen. Die Nettozahlergruppe fordert laut Diplomaten eine Summe von rund 960 Milliarden Euro.

Bei dem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs am 22./23. November wird ein erbitterter Streit ums Geld erwartet. Vor allem Großbritannien will Kürzungen von etwa 200 Milliarden Euro, die von vielen EU-Staaten als «nicht verhandlungsfähig» bezeichnet werden.

Die Bundesregierung begrüßte grundsätzlich den Vorstoß Van Rompuys. «Es ist gut, dass es Kompromissvorschläge gibt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Alle müssten ein Interesse haben, auf dem Sondergipfel zu einer Einigung zu kommen. Die neuen Zahlen wollte Seibert aber nicht kommentieren.

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte in Brüssel: «Die Kommission ist weiterhin der Auffassung, dass ihr eigener Vorschlag ausgewogen war und dass die vorgeschlagenen Ausgaben nötig sind.» Van Rompuys Papier sei aber ausgewogener als ein vorheriger Vorschlag der zyprischen EU-Ratspräsidentschaft, die Finanzplanung um 50 Milliarden Euro zu kürzen. Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstütze die Vorschläge der Kommission.

Als höchst brisant gelten auch Van Rompuys Vorschläge für die künftigen Eigeneinnahmen. Bisher wird die EU zu etwa drei Vierteln über Zahlungen der Mitgliedsstaaten finanziert, die am Bruttonationaleinkommen orientiert sind. Die EU-Kommission hatte die Einführung eigener Steuereinnahmen vorgeschlagen.

Van Rompuy schlug vor, erst 2021 eigene Einnahmen der EU auf der Grundlage der Mehrwertsteuer in Erwägung zu ziehen. Vorarbeiten sollten jetzt beginnen. Sobald eine Reihe von Mitgliedstaaten die Steuer auf Finanztransaktionen eingeführt habe, könne diese zu zwei Dritteln in den EU-Haushalt zu fließen beginnen. Im gleichen Umfang würden dann die direkten EU-Beiträge aus den Haushalten abgesenkt.

Deutschland, Schweden und die Niederlande sollten wie schon bisher Beitragsermäßigungen bekommen, die allerdings anders berechnet werden. Dadurch ergäbe sich beispielsweise für Deutschland ein Abschlag von 2,8 Milliarden Euro, während derzeit der Nachlass nur bei etwa 1,6 Milliarden Euro liegt. Österreich, das bisher mit knapp 100 Millionen Euro ebenfalls eine Beitragsermäßigung bekommt, würde diese verlieren. Nettozahler wie Deutschland zahlen mehr in die Brüsseler EU-Kasse, als aus ihr in die Länder zurückfließt.

Van Rompuy schlug vor, die Ausgaben für die sogenannte Kohäsion, von denen vor allem die ärmeren Länder profitieren, auf 309 Milliarden Euro zu begrenzen. Die Kommission hatte 376 Milliarden Euro vorgeschlagen. Die Ausgaben für Landwirtschaft sollten auf 364 (bisher: 386) Milliarden Euro verringert werden.

Die Chancen auf eine Einigung wurden nach Ansicht von Diplomaten durch das Scheitern der Verhandlungen über den Haushalt von 2013 am Dienstagabend erschwert. Das Europaparlament wollte nicht verhandeln, weil die Regierungen sich weigerten, zunächst einem 7,6 Milliarden schwerden Nachtragshaushalt für 2012 zuzustimmen. (dpa)
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