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23.11.2012 | 19:16 | Finanzplanung 

EU-Sondergipfel droht zu scheitern

Brüssel - Ungeachtet letzter Annäherungsversuche bleibt die Europäische Union über die Frage der Finanzen für die Jahre 2014 bis 2020 tief zerstritten.

EU-Fahnen
(c) finecki - fotolia.com
Der Sondergipfel zum mehrjährigen Finanzrahmen stand kurz vor dem Scheitern, weil die Staats- und Regierungschefs keine gemeinsame Linie finden konnten.

«Es ist wahrscheinlich, dass es heute zu keiner endgültigen Beschlussfassung kommt, ich glaube, dass heute die Positionen sehr weit voneinander entfernt sind», sagte Luxemburgs Ministerpräsident und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker am Freitag in Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte: «Wenn wir noch eine zweite Etappe brauchen, dann werden wir uns dafür die Zeit nehmen.» Das sei «nicht dramatisch».

«Kommt eine Entscheidung nicht zustande, gibt es eben jährliche Haushalte in der EU», sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin. «Das wäre sicherlich nicht die beste Lösung.» Deutschland sei aber auch nicht bereit, einen «unakzeptablen Preis» zu bezahlen. Entscheidend sei für die Bundesregierung, dass die europäischen Mittel effizienter verwendet würden.

Frankreichs Staatspräsident François Hollande erklärte: «Meine Position war, den Gesamtumfang der Ausgaben, wie sie vom EU-Ratspräsidenten vorgeschlagen wurden, zu behalten. Währenddessen wollen viele Länder noch Kürzungen dieses Vorschlags.» Damit ist deutlich, dass Deutschland und Frankreich nicht auf einer Linie liegen - denn auch Berlin fordert weitere Kürzungen, wenn auch moderat.

Radikalere Einschnitte will dagegen Großbritanniens Premierminister David Cameron. Nach einem Gespräch der «Nettozahler» Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Schweden hieß es aus der britischen Delegation, die Bundeskanzlerin habe «Sympathie» für die britische Haltung gezeigt. Merkel will offenbar keine Situation entstehen lassen, die Großbritannien von den restlichen EU-Ländern isoliert.

Zunächst berieten die Staats- und Regierungschefs bilateral mit Gipfelchef Herman Van Rompuy, bevor es im Plenum weiterging. Kanzlerin Merkel hatte bereits nach der Unterbrechung in der Nacht eine Einigung an diesem Wochenende praktisch ausgeschlossen. «Es wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine Etappe zwei geben», sagte die Kanzlerin.

Cameron mahnte nochmals entschlossene Kürzungen im Haushalt an, will aber auch bei einem geschmolzenen Gesamtvolumen seinen «Britenrabatt» in voller Höhe von zuletzt 3,6 Milliarden Euro behalten: «Wir haben keine Fortschritte beim Streichen von zusätzlichen Ausgaben gemacht. Dies ist jetzt nicht die Zeit für Fummeleien, dies ist nicht die Zeit, um Geld von einem Teil des Haushalts zum anderen zu bewegen.»

Er spielte damit auf ein Kompromisspapier von Van Rompuy an, das keine weiteren Kürzungen des Gesamtvolumens von 1,01 Billionen Euro, sondern nur Verschiebungen innerhalb der Etats vorgesehen hatte. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission ging von einem Gesamtbudget von rund 1,1 Billionen Euro für die sieben Jahre aus. Zum Ärger der Briten geht aus dem Kompromisspapier auch hervor, dass für Rabatte einzelner Mitgliedstaaten alle 27 EU-Länder zahlen sollen.

Nach Van Rompuys Vorschlag sollen bei den Aufwendungen für Forschung sowie Energie- und Verkehrsprojekte rund 13 Milliarden Euro weniger ausgegeben werden. Dagegen sollen die Hilfen für ärmere Regionen um gut 10 Milliarden Euro steigen, die Zahlungen für die Landwirtschaft um rund 8 Milliarden Euro.

Cameron will dagegen die Bezüge der EU-Beamten kürzen - ein eher symbolischer, aber «wichtiger» Vorstoß, wie aus der britischen Delegation verlautet. «Wir brauchen unvermeidliche Kürzungen», forderte Cameron. «Das geschieht daheim und das muss auch hier geschehen.»

Deutschland will moderatere Kürzungen. Auch andere Geberländer wie die Niederländer traten für Einschnitte ein. «Wir sparen in den Niederlanden, wir sparen in ganz Europa. Und Europa muss deutlich machen, dass es bereit ist, den Gürtel enger zu schnallen», sagte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte. Länder wie Frankreich und Polen pochen dagegen auf ihre Zuweisungen aus dem europäischen Agrarfonds.

Der Liberalen-Fraktionschef im Europaparlament, Guy Verhofstadt, kritisiert geplante Kürzungen im EU-Finanzrahmen bis 2020 scharf. «Man hat die Ausgaben für Forschung, Verkehr oder Infrastruktur schon um 13 Milliarden Euro vermindert», sagte der frühere belgische Premier der Nachrichtenagentur dpa. «Es ist vollkommen lächerlich, von einem Zukunftsbudget zu sprechen und gleichzeitig bei den Zukunftsausgaben zu kürzen.» (dpa)
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