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16.10.2020 | 05:21 | Zweite Welle 

EU-Staaten wollen im Kampf gegen Corona-Welle enger kooperieren

Brüssel - Die Sorge über die dramatisch steigenden Corona-Infektionszahlen treibt die EU-Staaten zu einer engeren Zusammenarbeit bei der Pandemiebekämpfung.

Coronapandemie Zweite Welle
Im Kampf gegen die Corona-Pandemie fiel es den EU-Staaten bislang schwer, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen. Bringt nun die zweite Welle einen Kurswechsel? Beim EU-Gipfel in Brüssel wird zumindest guter Wille beteuert. (c) proplanta
Die Staats- und Regierungschefs verständigten sich beim EU-Gipfel in Brüssel darauf, sich um eine bessere grenzüberschreitende Ermittlung von Kontaktpersonen zu bemühen. Auch könnte es bald Absprachen zu Teststrategien und zur vorübergehenden Beschränkung nicht unbedingt notwendiger Reisen aus Drittstaaten in die EU geben.

«Wir waren uns einig, dass wir die Zahl der Erkrankten reduzieren müssen. Das bedeutet eben auch, dass wir Kontakte reduzieren müssen, damit wir diese Kontakte noch nachverfolgen können», erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Frage, wie man aus dieser Pandemie herauskomme, entscheide über die Gesundheit von ganz vielen Menschen und über die Frage, wie viele Menschen sterben müssen.

Auch EU-Ratspräsident Charles Michel betonte, man nehme die Lage «extrem ernst». Deswegen sei auch beschlossen worden, die Koordinierung auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs zu verstärken. Nach Angaben von Merkel soll es dazu regelmäßig Konsultationen auch per Videokonferenz geben - je nach Lage sogar im Wochentakt.

Wie ernst die Lage genommen wird, zeigte auch, dass mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der finnischen Regierungschefin Sanna Marin gleich zwei Spitzenpolitiker den Gipfel vorzeitig verließen, nachdem sie erfahren hatten, dass Kontaktpersonen von ihnen mit dem Coronavirus infiziert sind. Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki war erst gar nicht zum Gipfel angereist, weil er sich derzeit in Quarantäne befindet. Gleiches gilt für den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Angesichts der Corona-Infektionszahlen wurde am Freitag auch der für den 16. November geplante EU-Gipfel zur China-Politik in Berlin abgesagt.

Bislang hatten sich die EU-Staaten oft sehr schwer getan, sich bei der Pandemiebekämpfung auf einen gemeinsamen Kurs zu einigen. So gibt es bis heute kaum Absprachen bei Themen wie Reisewarnungen, Maskenpflicht oder Quarantänezeiten.

BEZIEHUNGEN ZU AFRIKA

Am zweiten Tag des Gipfels standen zudem die Beziehungen der EU zu Afrika auf der Tagesordnung. Um zur Bewältigung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beizutragen, wurde beschlossen, internationale Bemühungen für Schuldenerleichterungen zu unterstützen. Zudem will die EU die Unterstützung für die Gesundheitssysteme auszubauen. Angesichts der Betroffenheit Afrikas von der Pandemie und der wirtschaftlichen Folgen sei es jetzt wichtig, nicht nur an sich selbst zu denken, kommentierte Merkel.

Gleichzeitig machten die Staats- und Regierungschefs deutlich, dass sie von den afrikanischen Staaten ein entschlossenes Vorgehen gegen illegale Migration und Schleusernetzwerke erwarten. Eine für beide Seiten vorteilhafte Partnerschaft erfordere einen ausgewogenen Ansatz, der sich an den Grundsätzen der Solidarität, Partnerschaft und gemeinsamen Verantwortung orientiere, erklärten sie.

STREIT MIT DER TÜRKEI

Angesichts der erneut eskalierenden Spannungen im östlichen Mittelmeer riefen die Gipfelteilnehmer zudem die Türkei zur Zurückhaltung auf und bekräftigten Sanktionsdrohungen. «Wir waren uns einig, dass die jüngsten einseitigen Maßnahmen der Türkei, die natürlich auch provozieren, die Spannungen jetzt wieder erhöhen, statt sie abzubauen», sagte Merkel. «Ich finde das sehr bedauerlich, aber eben auch nicht notwendig.» Vielmehr solle man sich auf die «positiven Aspekte» der gemeinsamen Agenda konzentrieren.

Entscheidungen zum weiteren Vorgehen sollen beim Dezember-Gipfel nach einer erneuten Lagebewertung getroffen werden. Dann könnte es auch Sanktionsbeschlüsse geben. In dem Streit mit der Türkei geht es darum, dass Griechenland und Zypern dem Nachbarn vorwerfen, in Meeresgebieten nach Erdgas zu suchen, die nach dem internationalen Seerecht nur von ihnen ausgebeutet werden dürfen. Die Türkei kontert, dass sie das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen nicht unterschrieben habe und die erkundeten Zonen zum türkischen Festlandsockel gehörten.

Die Türkei hatte am Montag angekündigt, das Forschungsschiff «Oruc Reis» erneut zu seismischen Bodenuntersuchungen in das umstrittene Seegebiet südlich der griechischen Insel Kastelorizo zu schicken. Für zusätzlichen Ärger sorgten Entwicklungen auf Zypern, das seit 1974 nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention geteilt ist. Der Regierungschef der nur von der Türkei anerkannten Türkischen Republik Nordzypern entschied dort zuletzt, den mehr als 40 Jahre gesperrten Stadtteil Varosha in Famagusta teilweise wieder zu öffnen. Für die Republik Zypern, deren Regierung den Südteil lenkt, war dies eine weitere schwere Provokation, da aus dem griechisch-zyprischen Stadtteil 1974 rund 40.000 Bewohner vor der türkischen Armee geflüchtet waren.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hatte zum Auftakt des Gipfels ein entschlossenes Auftreten der EU gegenüber Ankara gefordert. «Die Türkei besteht leider auf ihre provokative und aggressive Politik», sagte er. Die EU müsse nun standhaft bleiben und bei der Fortsetzung des türkischen Verhaltens Konsequenzen ziehen.

Rückendeckung bekam Mitsotakis unter anderem von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. «Wir haben in den letzten Wochen wieder einmal erlebt, dass die Türkei provoziert, dass die Türkei UN-Resolutionen bricht und Völkerrecht verletzt - und zwar gegen Griechenland und Zypern», sagte er. Aus österreichischer Sicht brauche es dringend eine entschlossene europäische Reaktion darauf. «Wenn wir der Türkei nicht rote Linien aufzeichnen, dann werden die Grenzen immer weiter versetzt werden, dann werden die Provokationen und die Verletzungen von Völkerrecht und UN-Resolutionen stetig mehr werden», so Kurz.
dpa
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