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30.07.2012 | 06:18 | Eurozone 

Eurokrise überschattet den Sommerurlaub

Berlin / Sulden - Besonders zufrieden sieht Angela Merkel nicht gerade aus, als sie am Samstagnachmittag etwas entspannen will.

Eurokrise
(c) proplanta
Im hellbraunen Blazer zur weißen Hose steht die urlaubende Kanzlerin vor einem Café im Südtiroler Ferienort Sulden, als der Fotograf auf den Auslöser drückt. Ehemann Joachim Sauer ist nicht zu sehen.

Die Laune Merkels mag am eher trüben Wetter gelegen haben - für Sonntag und die nächsten Tage waren Schauer und Gewitter vorausgesagt. Doch die Stimmung könnte auch mit dem wichtigsten Sommerthema 2012 zusammenhängen: der sich zuspitzenden Eurokrise.

Ob die Kanzlerin in ihrer dunkelroten Handtasche lockere Urlaubslektüre oder neue Brandbriefe zum Euro dabei hatte, ist nicht überliefert. Sicher ist aber: Die Krise der Gemeinschaftswährung lässt ein tiefes Sommerloch für Merkel, ihre Regierungsmannschaft und das politische Berlin kaum zu.

Immerhin musste sich Merkel am Sonntagabend nicht erneut besonders über CSU-Chef Horst Seehofer ärgern. Der nach Attacken gegen die Berliner Regierung inklusive Koalitionsbruch-Drohungen als «Kanzlerinnen-Quäler» bekannte bayerische Ministerpräsident gab sich im ZDF-Sommerinterview ziemlich zahm.

Ein leicht vergiftetes Lob für Merkel konnte er sich allerdings zum Schluss doch nicht verkneifen: «Sie ist zwischen (FDP-Chef) Philipp Rösler und mir stark genug, um die Dinge richtig zu steuern.»

Und auch beim Thema Eurohilfe stellte sich Seehofer auf die Linie der Kanzlerin. Ihren von anderen misstrauisch aufgenommenen Satz, sie werde alles für die Rettung der Eurozone tun, könne er anstandslos unterschreiben.

Selbst die Einschätzung seines Finanzministers Markus Söder (CSU), an einem Austritt Griechenlands führe kein Weg mehr vorbei, machte sich der mächtige Bayer nicht zu eigen - und wiederholte die Merkel'sche Sprachregelung: Zunächst sei der für September erwartete Bericht der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank und IWF abzuwarten.

Doch Merkel hat auch ohne neue Querschüsse aus Bayern genug Sorgen. Am Freitag musste sie im Urlaub wegen der dramatischen Entwicklung um Spanien, Italien und Griechenland zum Telefon greifen.

Der französische Präsident François Hollande hatte kurzfristig um ein Gespräch gebeten. Anschließend rückten die Konservative und der Sozialist öffentlich zusammen - dabei hatte der Franzose die Deutsche noch beim EU-Gipfel Ende Juni ordentlich unter Druck gesetzt.

«Deutschland und Frankreich sind der Integrität der Eurozone zutiefst verpflichtet. Sie sind entschlossen, alles zu tun, um die Eurozone zu schützen», ließen Merkel und Hollande nun gemeinsam verbreiten.

In Berlin bemühten sie sich dann, Spekulationen über einen nun möglicherweise folgenden neuen Geldsegen aus Deutschland zu zerstreuen: Rasche finanzwirksame Entscheidungen seien nicht vorgesehen, hieß es schnell.

Hintergrund: Mindestens bis zum 12. September, an dem das Bundesverfassungsgericht über die Vereinbarkeit von Fiskalpakt und Euro-Rettungsschirm ESM mit dem Grundgesetz entscheiden will, soll es möglichst keine weitreichenden Weichenstellungen geben.

Und sagen die Richter dann tatsächlich Nein zum international vereinbarten ESM, muss nochmal ganz neu über die Rettung von Krisenländern nachgedacht werden. Der Druck auf die Kanzlerin würde weiter steigen.

Am Samstag dann noch ein Krisentelefonat. Diesmal sprach sie mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti über die Eurozone - auch er ein Politiker, der von Merkel gerne mehr deutsches Geld in der Krise sehen würde.

Spaniens EU-Minister Íñigo Méndez de Vigo hatte dieses Ziel zuvor ganz offen ausgesprochen. Via «Bild»-Zeitung forderte er die Deutschen zu mehr Solidarität in der Euro-Krise auf - mit einer besonderen Begründung: «Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Deutschland in einer weitaus schwierigeren Situation auch sehr geholfen, viele Länder haben auf Geld zugunsten Deutschlands verzichtet. Das sollte Deutschland nicht vergessen.»

Schon an diesem Montag muss der zweitwichtigste deutsche Akteur in der Eurokrise seinen Urlaub unterbrechen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bekommt auf seiner Urlaubsinsel Sylt Besuch von US-Finanzminister Timothy Geithner. Natürlich stehen die Finanz- und Wirtschaftslage in Europa und der Welt im Mittelpunkt. Auch die Debatte über neue Hilfsprogramme wird kaum ausgespart bleiben.

Immerhin: Ein veritables Sommertheater ist der Bundesregierung in diesem Jahr bisher erspart geblieben. Doch das muss nicht so bleiben. Denn die innerkoalitionären Streitthemen sind bei weitem nicht beigelegt.

etreuungsgeld, Vorratsdaten, Finanztransaktionssteuer, Energiewende - alles nicht ausgestanden. (dpa)
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