Im Vorfeld der entscheidenden Sitzung des Bundesrats am kommenden Freitag (20.9.) warben sowohl das
Bundeslandwirtschaftsministerium als auch der Deutsche
Bauernverband (
DBV) bei den Ländern um Zustimmung zu der Verordnung. Sie schafft die rechtliche Voraussetzung für eine breite Anwendung der
Kastration unter Isoflurannarkose ab. Dafür sollen der bislang geltende Tierarztvorbehalt aufgehoben und es den Landwirten ermöglicht werden, die Betäubung selbst durchzuführen.
In ihren Schreiben an die Landesregierung warnen Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens und der stellvertretende DBV-Generalsekretär
Udo Hemmerling vor einem Scheitern dieser Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration, sollte die
Verordnung im
Bundesrat keine Mehrheit bekommen. Dies würde insbesondere zu Lasten kleiner
Betriebe gehen und weitere Strukturbrüche in der Sauenhaltung nach sich ziehen, stellen Aeikens und Hemmerling in ihren Schreiben nahezu gleichlautend fest.
Nachnotifizierung notwendigDer
Agrarausschuss des Bundesrats hatte der Ferkelbetäubungssachkundeverordnung in seiner Sitzung Anfang September nur mit denkbar knapper Mehrheit zugestimmt. Sollte sich dieses Abstimmungsergebnis am kommenden Freitag wiederholen, wäre die Verordnung gescheitert, weil im Plenum die Stimmen der Länder nach deren Größen gewichtet würden und die erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande käme.
Ohnehin erfolgte die Zustimmung des Agrarausschusses nur nach Maßgabe von 22 Änderungen an der Vorlage des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Ein Teil dieser Änderungen würde dem Agrarressort zufolge eine Nachnotifizierung der Verordnung durch die Europäische Kommission erforderlich machen. Ein Inkrafttreten wäre damit nicht vor Januar nächsten Jahres möglich.
Immunokastrierte Tiere kaum vermarktbar„Wir sollten den Landwirten die Durchführung der Betäubung nicht verwehren“, mahnt Aeikens in seinem Schreiben an die Chefs der Staatskanzleien. Andernfalls, so der Staatssekretär, werde dieser Weg für die meisten Betriebe nicht wirtschaftlich umsetzbar sein. Damit drohten weitere Strukturbrüche sowie ein Abwandern der
Ferkelerzeugung in andere Länder, da die
Ebermast und die Immunokastration nur für einen Teil der Betriebe in Frage kämen.
Hemmerling räumt in seinem Brief an die Staatssekretäre der Länderagrarressorts ein, dass mit der Jungebermast und der Immunokastration zwei weitere Verfahren für die Zeit nach dem Ausstieg aus der betäubungslosen
Ferkelkastration ab 2021 zur Verfügung stünden.
In der Praxis träfen diese Optionen jedoch auf deutliche Vorbehalte bei
Schlachtunternehmen und dem Handel, so Hemmerling. Insbesondere immunokastrierte Tiere seien allenfalls mit deutlichen Preisabschlägen vermarktbar. Außerdem seien beide Verfahren in kleinen Betrieben nicht ohne weiteres umzusetzen.
Hemmerling weist ferner darauf hin, dass es an Tierärzten fehle, die für die Durchführung der Betäubung unter Isoflurannarkose als eine „flächendeckende, zeitintensive und zusätzliche Dienstleistung“ zur Verfügung stünden. Der stellvertretende DBV-Generalsekretär appellierte zudem an die Länder, bereits jetzt die Schulungen vorzubereiten, mit denen Landwirte die geforderte Sachkunde für die Durchführung der Betäubung erwerben könnten. Ziel müsse es sein, möglichst im Januar 2020 mit den Lehrgängen zu beginnen.